a) Gleichartige Tätigkeiten, die räumlich und organisatorisch getrennt ausgeübt werden

 

Rn. 638

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Bei gleichartigen Tätigkeiten, die räumlich und organisatorisch getrennt ausgeübt werden, ergeben sich idR eigene Kundenkreise (BFH BStBl II 1978, 620). Das gilt etwa bei einer Teilpraxis bzw Teilkanzlei, wenn die Gesamttätigkeit in mehreren örtlich abgegrenzten Bereichen aus getrennten Räumen ausgeübt wird (so BFH BStBl III 1964, 135; FG Münster EFG 2015, 915, rkr). Entsprechendes gilt für Fahrschul-Niederlassungen in mehreren Orten (BFH BStBl II 2003, 838). Keinen selbstständigen Vermögensteil hat die Rspr angenommen bei einem Steuerbevollmächtigten mit Tätigkeit in nur einem Büro, der einen Teil seiner Mandate zurückbehält, auch wenn es diesbezüglich schon vor dem Verkauf eine organisatorische Trennung gegeben hat. Ebenso wenig liegt ein selbstständiger Vermögensteil vor bei einem Teil einer Praxis, in dem lediglich Buchführungsarbeiten ausgeführt werden (BFH BStBl II 1970, 566), bei einem Steuerbevollmächtigten mit zwei Büros in derselben Gemeinde, von denen aus ein jeweils eigener Mandantenkreis betreut wird (BFH BStBl II 1975, 661), sowie bei einer Allgemein- und Prüfärztin mit nicht eindeutig getrennten Räumlichkeiten, nicht eindeutig getrennt zuzuordnendem Personal und einer einheitlich genutzten Patientenkartei (FG Mchn EFG 2019, 615, Rev VIII R 36/18).

b) Verschiedenartige Tätigkeiten mit unterschiedlichen Mandantenkreisen

 

Rn. 639

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Anzuerkennen ist ein selbstständiger Vermögensteil

  • bei einem Arzt für Allgemein- und Arbeitsmedizin (BFH BStBl II 2005, 208);
  • bei einem RA und Notar, bei dem die Tätigkeiten organisatorisch und hinsichtlich der Mandantschaft getrennt ausgeübt werden (FG D'dorf EFG 2002, 1174 rkr);
  • bei einem Radiologen und Akupunkteur (FG SchlH EFG 2007, 37 rkr);
  • Entsprechendes dürfte für die Tätigkeit als RA und StB oder als RA und Repetitor gelten.

Nicht anerkannt hat die Rspr einen selbstständigen Vermögensteil

  • landwirtschaftliche Buchstelle und StB-Praxis am selben Ort, jedoch in unterschiedlichen Büros (BFH BStBl II 1978, 562); mE zweifelhaft;
  • StB- und WP-Praxis (FG RP EFG 2009, 1113, aufgehoben durch BFH BStBl II 2012, 777; s Rn 637 aE;
  • bei einem Tiermediziner mit einer Großtierpraxis und einer Kleintierpraxis (BFH BStBl II 1993, 182); mE zweifelhaft;
  • bei einem Humanmediziner, der als Kassenarzt und als Privatarzt tätig wird (BFH BFH/NV 1997, 746; FG Mchn EFG 2003, 1012 rkr);
  • bei einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Prüfärztin (FG Mchn EFG 2019, 615, Rev VIII R 36/18);
  • bei einem Zahnarzt mit Dentallabor (BFH BStBl II 1994, 352; BFH/NV 2005, 879); mE zweifelhaft;
  • bei der Tätigkeit als Schulmediziner und Psychotherapeut – Anwendung der Chinesischen Medizin (FG Münster EFG 2002, 327 rkr), was im Hinblick auf die Unterschiedlichkeit von Schulmedizin und Psychotherapie zweifelhaft sein dürfte; mE zweifelhaft;
  • Schulmediziner und Naturheilkundler (FG Sa EFG 2006, 887 rkr);
  • ausschließlich operativ tätiger Orthopäde, der nach der Veräußerung vorwiegend nicht operativ tätig wird (FG Ha v 05.04.2011, 6 K 191/10);
  • bei der Tätigkeit als Tanzlehrer und Tanzsportlehrer (BFH BFH/NV 2005, 31);
  • bei der Übertragung nur eines Teils des Mandantenstammes (FG SchlH EFG 1998, 741 rkr; hierzu Fuhrmann, FR 2005, 422) sowie
  • bei der Übertragung von technischem Spezialwissen durch einen Ingenieur auf einen seiner Kunden (BFH BStBl II 1996, 4);
  • Zahnarzt sowie Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (BFH BStBl II 1997, 498);
  • gutachterliche Tätigkeit eines Architekten (FG Münster v 04.07.2014, 4 K 2898/12 F).

Die oben angegebene Rspr ist im Hinblick auf das Erfordernis eines räumlich getrennten Wirkungskreises zu eng; es sollte mE auf Fälle gleichartiger Tätigkeiten mit einem einheitlichen Mandantenstamm beschränkt bleiben (ebenso Hutter in Blümich, § 18 EStG Rz 299). Danach hätte von den nicht anerkannten Fällen die Mehrzahl anerkannt werden sollen.

c) Das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer KapGes (§ 18 Abs 3 S 2 EStG iVm § 16 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG)

 

Rn. 640

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Die Beteiligung muss zum BV gehören und im Laufe eines Wj veräußert werden (R 16 Abs 3 S 6 EStR 2012; enger Stuhrmann in K/S/M, § 18 EStG Rz D 52: Abwicklung innerhalb eines Kj). Problematisch ist, ob die KapGes selbst die Tätigkeitsvoraussetzungen des § 18 EStG erfüllen muss (so Brandt in H/H/R, § 18 EStG Rz 366 (Februar 2020); Stuhrmann in K/S/M, § 18 EStG Rz D 52; Wacker in Schmidt, § 18 EStG Rz 251); mE ist das sowohl nach dem Wortlaut wie dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht der Fall, vielmehr muss es genügen, wenn die Beteiligung nach den oben angegebenen (s Rn 470ff) strengen Voraussetzungen zum BV des Freiberuflers gehört, was nur dann der Fall ist, wenn sie – dem Wortlaut der Vorschrift entsprechend – seiner selbstständigen Tätigkeit dient.

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