Rn. 95

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Der Veranlassungszusammenhang ist von der Rspr begrifflich weiter konkretisiert worden. Dazu sind zwei Voraussetzungen entwickelt worden, die kumulativ erfüllt sein müssen, damit die betriebliche oder berufliche Veranlassung bejaht werden kann:

  • das auslösende Moment für die Aufwendungen muss sich bei wertender Betrachtung im betrieblichen oder beruflichen Bereich des StPfl befinden

und

  • der Aufwand muss der einkommensteuerlich relevanten Erwerbssphäre zuzuordnen sein

(zB BFH VI R 15/17, BStBl II 2019, 446; BFH VI R 27/15, BStBl II 2018, 441; BFH VIII R 60/13, BStBl II 2015, 255; BFH VIII R 51/10, BStBl II 2013, 808; BFH VI R 23/10, BStBl II 2012, 829; BFH GrS 1/06, BStBl II 2010, 672).

 

Rn. 96

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Der Veranlassungszusammenhang ergibt sich dementsprechend aus den Gründen, aus denen der StPfl die Aufwendungen getätigt hat. Die Gründe sind das "auslösende Moment" für den Entschluss des StPfl, die Kosten tragen zu wollen (BFH VIII R 28/17, BStBl II 2021, 14; BFH IV R 22/14, BFH/NV 2017, 454; BFH GrS 1/06, BStBl II 2010, 672). Sie sind anhand der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ermitteln.

 

Beispiel 1:

Der Arzt A will einen medizinischen Fachvortrag in X halten. Er fliegt mit seinem Privatflugzeug nach X. Aus Gefälligkeit nimmt er ein befreundetes Ehepaar mit, das ebenfalls nach X reisen möchte. Infolge eines Flugfehlers des A stürzt das Flugzeug mit tödlichen Folgen für alle Insassen ab. Die Erbin des A hat erhebliche Schadensersatzleistungen an die Angehörigen des Ehepaars zu zahlen. Handelt es sich bei diesen Aufwendungen um BA der Arztpraxis, weil das den Schadensersatz auslösende Moment eine betriebliche Flugreise war (nach BFH IV R 26/04, BStBl II 2006, 182)?

Grundsätzlich teilen Unfallschäden steuerrechtlich das Schicksal der Fahrt oder Reise, auf der sie entstanden sind. Auch handelte es sich vorliegend um eine betrieblich veranlasste Flugreise. Andererseits hat A dem Ehepaar eine private Gefälligkeit erwiesen. Zu fragen ist, aus welchem Grund die Aufwendungen entstanden sind. Die Schadensersatzleistungen sind wegen der privaten Gefälligkeit entstanden. Ein Abzug der Aufwendungen als BA ist nicht möglich.

 

Beispiel 2:

Ein Student zahlt Semestergebühren. IRd Prüfung des Kindergeldanspruchs stellte sich nach damaliger Rechtslage die Frage, ob die Semestergebühren insgesamt ausbildungsbedingte Mehraufwendungen sind oder ob eine Aufteilung zu erfolgen hat, weil der Student mit dem Semesterticket den öffentlichen Nahverkehr auch privat nutzen kann (nach BFH III R 38/08, BStBl II 2012, 338).

Werden die Semestergebühren entrichtet, erhält der Studierende das Semsterticket automatisch, unabhängig davon, ob er das Semsterticket benötigt oder nicht. Der maßgebliche Grund (= auslösendes Moment) für die Entrichtung der Semestergebühren ist die Erlangung des Studentenstatus, um die universitäre Ausbildung überhaupt aufnehmen zu können. Dies steht bei der Leistung der Aufwendungen im Vordergrund. Deshalb können die Aufwendungen vollständig abgezogen werden.

 

Rn. 97

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Die Feststellung der maßgeblichen Gründe ist eine Tatsachenfeststellung des FG, die einer revisionsrechtlichen Überprüfung nur eingeschränkt zugänglich ist. Das FA und das FG dürfen sich bei der Frage nach dem "auslösenden Moment" nicht allein auf die Darstellung des StPfl stützen, wenn es an Nachweisen für den Sachvortrag fehlt. An der Grenzlinie zwischen Erwerbs- und Privatsphäre besteht ein Anreiz für die StPfl, Privataufwendungen in die betriebliche oder berufliche Sphäre zu verschieben. Deshalb hat der StPfl die betriebliche oder berufliche Veranlassung umfassend darzulegen und nachzuweisen. Lassen sich keine Gründe feststellen, die einen betrieblichen oder beruflichen Veranlassungszusammenhang belegen, gehen die Zweifel zu Lasten des StPfl (BFH VI R 2/15, BStBl II 2017, 1014; BFH GrS 1/06, BStBl II 2010, 672; Tz 2 BMF BStBl I 2010, 614).

 

Rn. 98

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Sind die Gründe für die erbrachte Aufwendung ermittelt worden, ist im Wege einer wertenden Beurteilung zu gewichten, ob die Gründe in einem hinreichend engen Zusammenhang zu einer betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit stehen (BFH I R 48/13, BStBl II 2015, 713: Prinzip der wertenden Selektion der Aufwandsursachen). Führt die wertende Beurteilung zu dem Ergebnis, dass die Aufwendungen nicht oder nur in unbedeutendem Umfang auf Gründen beruhen, die in der Erwerbssphäre liegen, handelt es sich um nicht abzugsfähige Aufwendungen. Umgekehrt greift das Abzugsverbot des § 12 Nr 1 EStG nicht ein, wenn die Aufwendungen nicht oder nur in unbedeutendem Umfang auf Umständen beruhen, die der allg Lebensführung des StPfl zuzuordnen sind. Beruhen die Aufwendungen sowohl auf Gründen, die in der privaten Lebensführung als auch in der betrieblichen oder beruflichen Sphäre zu finden sind, können die Aufwendungen aufgeteilt werden, wenn eine Trennung nach objektiven Kriterien möglich ist (s Rn 148ff).

 

Rn. 99

Stand: EL 153 – ET: ...

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