• 2023

Bekanntgabe- bzw. Dreitagesfiktion / § 122 AO

 

Das FG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil v. 24.8.2022, 7 K 7045/20 (VI R 18/22) entschieden, dass die Dreitagesfiktion dann nicht gilt, wenn ein privater Postdienstleister an einem Werktag innerhalb der Frist von 3 Tagen planmäßig keine Zustellungen vornimmt. Keine Geltung hat dies bei Sonderkonstellationen, wie z.B. bei Feiertagen oder bei unvorhergesehenem Personalmangel. Das Urteil dürfte auf der Linie der Rechtsprechung des BFH liegen. Ausgegangen ist der Gesetzgeber bei Schaffung der gesetzlichen Regelung in § 122 AO von einer Sechs-Tage-Zustell-Woche. Dies hat zur Folge, dass die Bekanntgabe- bzw. Dreitagesfiktion keine Anwendung findet, wenn planmäßig und regelmäßig nur noch an 5 Werktagen eine Zustellung stattfindet und ein solcher zustellungsfreier Werktag innerhalb der Dreitagesfrist liegt. Geltung dürfte dies nicht nur für private Postdienstleister haben, sondern auch für die Deutsche Post AG. Des Weiteren dürften sich Fälle unregelmäßiger Postzustellung regelmäßig auch dadurch lösen lassen, dass der Zugang innerhalb der Dreitagesfrist substantiell bestritten wird. Die Beweislast insoweit trägt dann die FinVerw.

(so Süß/Müller, Die Dreitagesfiktion in Zeiten unregelmäßiger Postzustellung – Zugleich Anmerkung zum Urteil des FG Berlin-Brandenburg v. 24.8.2022 – 7 K 7045/20, DStR 2023, 428)

Dreitagesfiktion auch bei planmäßig zustellfreien Tagen / § 122 AO

 

Im Gegensatz zum FG Berlin-Brandenburg (Urteil v. 24.8.2022, 7 K 7045/20 - VI R 18/22) vertritt das FG Münster (Urteil v. 11.5.2023, 8 K 520/22 E) die Auffassung, dass die Dreitagesfiktion auch dann anwendbar ist, wenn nach dem Absendetag innerhalb der Dreitagesfrist planmäßig zwei zustellfreie Tage liegen bzw. regelmäßig an einem Werktag keine Postzustellung stattfindet. Auch in diesem Fall muss der Stpfl. Tatsachen vortragen, die den Schluss zulassen, dass ein anderer Geschehensablauf als der Zugang innerhalb von drei Tagen nach Aufgabe zur Post ernstlich in Betracht zu ziehen ist. Ein abweichender Eingangsvermerk allein reicht hierzu nicht aus. Gleiches gilt auch für eine mögliche anwaltliche Versicherung, wenn objektive Beweismittel zur Verfügung gestanden hätten. Hierzu rechnen insbesondere der Originalbriefumschlag mit dem sich darauf befindlichen Poststempel - dieser sollte zur Beweisvorsorge aufbewahrt werden - oder die konkrete Beschreibung der Posteingangsbearbeitung im Büro. Entsprechende Verfahren sollten unter Haftungsgesichtspunkten offengehalten werden. Hilfsweise sollte Wiedereinsetzung beantragt werden. Bei privaten Postdienstleistern oder bei der Einschaltung von Subunternehmern dürfte vor dem Hintergrund der Entscheidung des BFH v. 14.6.2018, III R 27/17 bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ein längerer Postlauf in Betracht kommen.

(so Hahn, Die Anwendung der Drei-Tages-Fiktion nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO auch bei planmäßig zustellfreien Tagen? – Urteil des FG Münster v. 11.5.2023 – 8 K 520/22 E, NWB 2023, 2152)

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