Rz. 39

[Autor/Stand] Führt die StA das Ermittlungsverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit durch (z.B. nach Übernahme gem. § 42 OWiG), so hat die sonst in der Bußgeldsache zuständige FinB dieselben Rechte und Pflichten wie die Behörden des Polizeidienstes nach der StPO sowie die Befugnisse nach § 399 Abs. 2 Satz 2 AO (vgl. § 410 Abs. 1 Nr. 8 AO i.V.m. § 402 AO ). Die Sonderregel des § 402 AO für das Verfahren bei der Verfolgung von Steuervergehen und Steuerordnungswidrigkeiten entspricht somit § 63 OWiG, der im Interesse einer Rechtsvereinheitlichung die Befugnisse der allgemeinen Verwaltungsbehörde im Verfahren der StA festlegt.

Gemäß § 399 Abs. 2 Satz 2 AO darf die zuständige FinB Zwangsmaßnahmen wie Beschlagnahmen (§§ 9498 StPO), Notveräußerungen (§ 111 Buchst. l StPO), Durchsuchungen (§§ 102110 StPO) und körperliche Untersuchungen (§§ 81a, 81d StPO) nach den für Ermittlungsbeamte der StA geltenden Vorschriften anordnen, also nur, wenn Gefahr im Verzug ist (s. die Ausführungen § 385 Rz. 76 ff.). Zur Einschränkung dieser Eingriffsrechte gem. § 46 Abs. 35 OWiG s. Rz. 37. Darüber hinaus müssen die Ermittlungsbeamten der FinB auf Ersuchen der StA oder selbständig (Recht des ersten Zugriffs) Maßnahmen zur Erforschung des Sachverhalts treffen (s. § 385 Rz. 73, 88)[2]. Die Ermittlungsergebnisse sind unverzüglich der StA mitzuteilen. Diese Rechte gem. § 399 Abs. 2 AO verbleiben auch dem einzelnen sonst zuständigen FA bei Zuständigkeitskonzentration auf eine BuStra (§ 410 Abs. 1 Nr. 7 AO).

Zweck der Beteiligung der FinB im Ermittlungsverfahren der StA ist es, deren besondere Sachkunde sowie die personellen und sachlichen Mittel nutzbar zu machen[3]. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil die StA nur in Ausnahmefällen Verfolgungsbehörde im Bußgeldverfahren ist. Der Sonderstellung der FinB entspricht es auch, wenn § 403 Abs. 3 AO i.V.m. § 410 Abs. 1 Nr. 8 AO der StA vorschreibt, der sonst zuständigen FinB die Anklageschrift oder den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls mitzuteilen. So ist die FinB über den Ausgang des Ermittlungsverfahrens unterrichtet und kann evtl. noch auf bedeutsame Gesichtspunkte hinweisen[4].

Vor einer Einstellung des Verfahrens durch die StA hat die FinB auch ein Anhörungsrecht. Allerdings kann die FinB die Einstellung nicht verhindern[5].

 

Rz. 40

[Autor/Stand] Wegen der grundsätzlichen Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und ihrer besonderen Sachkenntnis gewährt § 49 OWiG i.V.m. § 410 Abs. 1 AO (wie § 395 AO für das Steuerstrafverfahren) der FinB als der zuständigen Verwaltungsbehörde ein unbeschränktes Recht auf Akteneinsicht, wenn die StA Verfolgungsbehörde ist (die für den Verteidiger geltenden Einschränkungen nach § 410 Abs. 1 AO, § 46 Abs. 1 OWiG, § 147 Abs. 2 StPO gelten nicht). Diese Befugnis hat die FinB selbst dann noch, wenn die Akten dem Gericht vorliegen.

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.02.2022
[2] Rebmann/Roth/Herrmann, § 63 OWiG Rz. 3; Seitz/Bauer in Göhler18, § 63 OWiG Rz. 5 f.
[3] Vgl. Begr. zum Entwurf des OWiG, BT-Drucks. V/1269, 31 f.
[4] Begr. zum Entwurf des OWiG, BT-Drucks. V/1269, 89; vgl. auch Tormöhlen in HHSp., § 410 AO Rz. 97.
[5] Tormöhlen in HHSp., § 410 Rz. 100; Krumm in Tipke/Kruse, § 410 AO Rz. 19.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.02.2022

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