Rz. 57

[Autor/Stand] Wird eine sachlich i.S.d. § 387 AO unzuständige FinB tätig, sind die getroffenen Ermittlungsmaßnahmen nicht grds. unwirksam und die Ermittlungsergebnisse sind nicht grds. unverwertbar[2].

Das Verfahren ist von der unzuständigen Behörde an die zuständige FinB oder an die StA abzugeben, wenn ein solcher Ermittlungsfehler erkannt wird. Die Überleitung an die zuständige Behörde führt zu einer Heilung des Verfahrensmangels[3].

Etwas anderes gilt für Fälle offensichtlicher sachlicher Unzuständigkeit (z.B. HZA ermittelt wegen Erbschaftsteuerhinterziehung). Insoweit gelten die verfahrensrechtlichen Grundsätze bei evidenter örtlicher Unzuständigkeit von FinB/Gericht (s. auch § 388 Rz. 76; § 391 Rz. 99) erst recht.

 

Rz. 58

[Autor/Stand] Falls sich die unzuständige Behörde weigert, das Verfahren an die zuständige Behörde abzugeben, kann der Beschuldigten dagegen nur mit formlosen Rechtsbehelfen wie Gegenvorstellung, Dienstaufsichtsbeschwerde oder Aufsichtsbeschwerde vorgehen[5] (s. dazu § 385 Rz. 862 ff.).

 

Rz. 59

[Autor/Stand] Untersuchungshandlungen der (i.S.d. §§ 386, 387 AO funktionell und sachlich unzuständigen) FinB bzgl. konkurrierender Allgemeindelikte wirken nach hier vertretener Ansicht nicht gem. § 78c StGB verjährungsunterbrechend (s. zur Begr. § 385 Rz. 96.; § 386 Rz. 89 ff., 92 ff.; § 376 Rz. 142 m.w.N. auch zur Gegenansicht der Rspr.)[7].

 

Rz. 60

[Autor/Stand] Umstritten ist auch der Umfang der Ermittlungskompetenz der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) nach dem SchwarzArbG (s. auch § 370 Rz. 1287 ff.; § 385 Rz. 100 f., 109). Zutreffender Ansicht nach[9] sind den Zollbehörden danach keine steuerrelevanten Prüfungen erlaubt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2–5 SchwarzArbG). Zwar ergibt sich aus § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 4 SchwarzArbG eine Hinweispflicht der Zollbehörden an die Finanzverwaltung, steuerliche Untersuchungspflichten treffen aber allein die Landes-FinB (zur sachlichen Zuständigkeit der FKS s. Rz. 9, 11). Den Zollbehörden kommen insoweit allenfalls unterstützende bzw. zuarbeitende Aufgaben zu. Eine eigenständige Ermittlungskompetenz bzw. Einleitungskompetenz i.S.d. § 397 Abs. 1 AO hinsichtlich möglicher Steuerdelikte steht der FKS aber nicht zu[10]. Sie haben aber die (nach §§ 258, 13 StGB strafbewehrte) Pflicht nach § 116 AO und § 6 SchwarzArbG zur Mitteilung von Verdachtsmomenten[11]. Gerade in Fällen, in denen die Zollbehörden steuerrechtlich relevante Sachverhalte durchermitteln, kommt es aber besonders häufig zu formellen Verfahrensfehlern, da den Zollermittlern die erforderliche Sachkompetenz fehlt. So wurden die FKS-Dienststellen teils auch mit Beamten aus der Forstwirtschaft, der Arbeitsagentur oder der Telekom besetzt[12].

Bei der Zusammenarbeit zwischen den FKS und anderen Strafverfolgungsbehörden kann daher infolge einer Verfahrenseinstellung einer Behörde (insbesondere § 153a StPO) wegen Nichtsteuerdelikten ggf. eine Sperrwirkung für die Ermittlungen und die Verfolgung anderer Strafverfolgungsorgane wegen Steuerstraftaten oder umgekehrt entstehen[13].

 

Rz. 61

[Autor/Stand] Die Ermittlungen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit betreffen häufig Fälle des Sozialleistungsbetrugs (§ 263 StGB) und der Sozialabgabenhinterziehung (§ 266a StGB ). Im ersten Fall hat sie Polizeibefugnisse nach der StPO (§ 14 SchwarzArbG; s. § 370 Rz. 1291; § 385 Rz. 101 f.). Dagegen ist die FKS seit 2019 befugt[15], selbständig Strafverfahren wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gem. § 266a StGB zu führen und abzuschließen, wenn die StA ihre Ermittlungsbefugnisse an sie delegiert hat (§ 14a Abs. 1 SchwarzArbG, vgl. § 370 Rz. 1263.5, 1292)[16]. § 14b SchwarzArbG regelt die Rechte und Pflichten des Zolls bei der selbstständigen Durchführung von Ermittlungsverfahren.

 

Rz. 62

[Autor/Stand] Sofern die FKS bei der Ermittlung der in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Straftatbestände solche entdeckt, die nicht in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, kann sie erste unaufschiebbare strafprozessuale Maßnahmen nur dann einleiten und ihre Ermittlungsergebnisse an die für die Verfolgung zuständige Behörde weiterleiten, wenn hierfür eine besondere Ermächtigungsgrundlage besteht. Mittlerweile haben die Zollvollzugsbediensteten (ZVB), denen der Gebrauch von Schusswaffen bei Anwendung des unmittelbaren Zwanges gestattet ist, in allen Bundesländern eine derartige polizeiliche Eilzuständigkeit außerhalb der zöllnerischen Zuständigkeit.

 

Rz. 63

[Autor/Stand] Die FKS ist unabhängig von ihrer sachlichen und örtlichen Zuständigkeit gem. § 6 Abs. 2 AO eine geeignete Stelle zur Entgegennahme einer strafbefreienden Selbstanzeige i.S.d. § 371 AO (s. auch § 371 Rz. 275 f.)[19]. Eine Pflicht zur Weiterleitung an die zuständige FinB folgt auch aus § 6 SchwarzArbG. Zur Frage der Sperrwirkung der Kontrollmaßnahmen der FKS für eine strafbefreiende Selbstanzeige s. § 370 Rz. 1294 ff.

 

Rz. 64

[Autor/Stand] Ähnlich überlappende Verfolgungszuständigkeiten ergeben sich bei den sog. Bargeldkontrollen der Zollfahndung, bei denen a...

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