Schrifttum:

Bringewat, Zeugnisverweigerungsrecht und Beschlagnahmeprivileg des Verteidigers, NJW 1974, 1740; Dahs, Die Beschlagnahme von Verteidigungsmaterial und die Ausforschung der Verteidigung, in GS Meyer, 1990, S. 61; Hassemer, Das Zeugnisverweigerungsrecht des Syndikus-Anwalts, wistra 1986, 1; Kilian, Anmerkung zum Beschluss des BVerfG vom 14.1.2005, Az.: 2 BvR 1975/03 (Zulässigkeit der strafprozessualen Durchsuchung bei Verdacht der Geldwäsche durch Rechtsanwalt), AGS 2005, 490; Krekeler, Beeinträchtigung der Rechte des Mandanten durch Strafverfolgungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt, NJW 1977, 1417; Krekeler, Zufallsfunde bei Berufsgeheimnisträgern und ihre Verwertbarkeit, NStZ 1987, 199; Krekeler, Durchsuchung und Beschlagnahme in Anwaltsbüros, in FS Koch, 1989, S. 165; Prasser, Albtraum Durchsuchung – Was Anwälte wissen sollten, Anwalt – Das Magazin 2003, 6; Thum, Beschlagnahmefreiheit von Verteidigungsunterlagen, HRRS 2012, 535; Waldowski, Durchsuchung und Beschlagnahme in der Anwaltskanzlei, AnwBl. 1975, 106.

 

Rz. 995

[Autor/Stand] Richtet sich die Durchsuchung und Beschlagnahme oder Abhörmaßnahmen gegen den Verteidiger oder Rechtsanwalt, so sind insb. durch die Berufsausübungsfreiheit verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt (s. ausführlich Rz. 955 ff. m.w.N.). Aus dem Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss muss klar hervorgehen, ob der Verteidiger oder Rechtsanwalt als Beschuldigter i.S.d. § 102 StPO oder als Dritter i.S.d. § 103 StPO gilt. Bei Verletzung der Umgrenzungsfunktion (auch im Hinblick auf den Tatvorwurf) sind die Berufsträger in ihren Grundrechten verletzt (s. auch § 392 Rz. 306 ff.)[2].

 

Rz. 996

[Autor/Stand] Hat ein Rechtsanwalt oder ein steuerlicher Berater (vgl. § 392 AO) die Verteidigung übernommen, unterliegen die Korrespondenz, vom Beschuldigten – und auch von Dritten[4] – zum Zwecke der Verteidigung übergebene Dokumente, Geschäfts-[5] und Bankunterlagen[6] und gefertigte Aufzeichnungen dem Beschlagnahmeverbot gem. § 97 Abs. 1 Nr. 3, § 53 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StPO (s. Rz. 336 f.).

 

Rz. 996.1

[Autor/Stand] Der Schutz greift zutr. Ansicht nach schon vor formaler Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und erfasst auch schon die Anbahnungsphase der Übernahme eines Verteidigungsmandats (str., s. Rz. 342, 1 f., § 392 Rz. 307 m.w.N.).[8]

 

Rz. 996.2

[Autor/Stand] Zum umstr. Verhältnis von § 97 StPO und § 160a StPO s. Rz. 958 f., 1037 ff.

 

Rz. 997

[Autor/Stand] Ein noch weitergehender Schutz für die schriftliche und mündliche Kommunikation besteht gem. § 148 StPO, der den ungehinderten Verkehr zwischen Beschuldigtem und Verteidiger gewährleistet (s. Rz. 342 f., 983 sowie § 392 Rz. 356 ff.)

 

Rz. 998

[Autor/Stand] Durchsuchungsbeschlüsse für die Kanzlei des Verteidigers, die die Sicherstellung solcher Unterlagen anordnen, sind rechtswidrig. Auch die eine Selbstanzeige vorbereitenden Unterlagen dienen letztlich der Verteidigung und zählen dazu.

Die Handakten des Verteidigers sind grds. beschlagnahmefrei (s. Rz. 342)[12]. Hiergegen muss sich der Verteidiger auf jeden Fall zur Wehr setzen.

 

Rz. 999

[Autor/Stand] Bei Teilnahmeverdacht oder Deliktsgegenständen entfällt jedoch das Beschlagnahmeprivileg (str., s. Rz. 340); ebenso, wenn der Beschuldigte beim Verteidiger Überführungsstücke hinterlegt, um sie dem Zugriff der Ermittlungsbehörden zu entziehen ("safe house"). Nur in Extremfällen wird man jedoch von einem derartigen Missbrauch der Verteidigerstellung ausgehen können[14]; ein einfacher Verdacht genügt nicht, ebenso wenig die Verweigerung der Herausgabe "ohne sachlichen Grund"[15].

 

Rz. 999.1

[Autor/Stand] Vgl. hierzu den BGH vom 8.8.2018[17]: Vereitelt ein Strafverteidiger die Beschlagnahme von Geschäftsunterlagen, für die kein Beschlagnahmeverbot besteht, indem er absichtlich oder wissentlich falsche Angaben zu seinem Besitz an diesen macht, überschreitet er die Grenzen zulässiger Verteidigung. Der Verteidiger darf "Überführungsstücke", auf die ein staatlicher Beschlagnahmezugriff zielt, nicht in seinen Räumen verstecken. Sein Mandat soll nicht dazu genutzt werden können, gesuchten Beweisgegenständen "Asyl" zu gewähren. Ein solches Verhalten erfüllt den Tatbestand der Strafvereitelung, wenn dadurch das Strafverfahren gegen den Mandanten zumindest für geraume Zeit verzögert wird.

 

Rz. 1000

[Autor/Stand] Eine TKÜ gegen den Verteidiger ist grds. unzulässig, es sei denn, er wäre selbst einer Katalogtat verdächtig (s. Rz. 943 m.w.N.).

 

Rz. 1001

[Autor/Stand] Auch der EGMR sieht in heimlichen Abhörmaßnahmen einen Verstoß gegen das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens und der Korrespondenz aus Art. 8 EMRK[20]. Für den Schutz der vertraulichen Kommunikation zwischen Anwalt und Mandant sei es nicht entscheidend, wann der Anwalt formal als Verteidiger bestellt wurde.

 

Rz. 1001.1

[Autor/Stand] Von einem unverhältnismäßigen Vorgehen und einer Verletzung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK ist auch dann auszugehen, wenn ein Staatsanwalt Zugriff auf das Geschäftskonto eines Strafverteidigers im Rah...

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