Rz. 231

[Autor/Stand] Steuerlich erheblich sind alle Tatsachen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind[2], also steuerlichen Zwecken dienen. Das ist der Fall, wenn sie die Ermittlung, Erhebung oder Beitreibung einer Steuer betreffen. Prozessual müssen diese Tatsachen festgestellt werden, insbesondere diejenigen Parameter, die maßgebliche Grundlage für die Steuerberechnung sind[3].

 

Rz. 232

[Autor/Stand] Zu der Frage, ob es sich um steuerlich erhebliche Tatsachen handelt, wenn ein Steuervorgang ganz oder teilweise frei erfunden wurde, s. Rz. 440, 543 f. und 920. Tatsache ist alles, was Merkmal oder Teilstück eines Steuertatbestands sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art[5]. Nicht dazu zählen steuerrechtlich irrelevante Tatsachen, selbst wenn sie von der FinB (pflichtwidrig) berücksichtigt werden[6]. Der BGH hat allerdings auch falsche Angaben im Rahmen einer gesetzlich nicht vorgesehenen "Generalbereinigung" eines Steuerfalls als tatbestandsmäßig angesehen[7]. In der wahrheitswidrigen Erklärung des Stpfl. nach § 150 Abs. 2 AO, er habe seine Angaben nach bestem Wissen und Gewissen vollständig gemacht, liegt aber keine steuerlich erhebliche Tatsache. Steuerlich erheblich sind hingegen Angaben, die sich auf steuerliche Anrechnungsbeträge i.S.v. § 36 Abs. 2 EStG beziehen[8]. In Bezug auf eine elektronisch abgegebene Steuererklärung (s. Rz. 213.1) ist zweifelhaft, ob aus § 150 Abs. 7 Satz 1 AO die Pflicht zur Ausfüllung des qualifizierten Freitextfeldes folgt, wenn der Stpfl. seinen Angaben eine andere rechtliche Auffassung als die der FinB zugrunde gelegt hat (s. dazu Rz. 238 ff.). Zur Vermeidung steuerstrafrechtlicher Risiken wird aus der Praxis angeregt, eine abweichende Rechtsauffassung im Freitextfeld einzutragen[9].

 

Rz. 233

[Autor/Stand] Falsche Angaben über die für die Besteuerung relevanten Beweismittel (zum Verschweigen der Tatsache, dass die relevanten Beweismittel nicht vorhanden sind, s. Rz. 217) sind ebenfalls tatbestandsmäßig[11]. Ob die entsprechenden Beweismittel tatsächlich vorliegen, ist selbst dem Beweis zugänglich und damit eine Tatsache; steuerlich erheblich sind Angaben über Beweismittel dann, wenn sie das steuerliche Ergebnis beeinflussen können. Das ist dann der Fall, wenn der Stpfl. die Beweislast für den in Frage stehenden Vorgang trägt. Die Vorlage gefälschter Rechnungen zum Beleg tatsächlich entstandener Betriebsausgaben ist damit bspw. eine unrichtige Angabe (a.A. Heuel unten Rz. 1220; s. auch Rz. 236)[12]. Steuerlich relevant ist das Vorliegen der Beweismittel jedenfalls, wenn die Anerkennung von Rechten materiell von der Erfüllung formaler Voraussetzungen abhängt[13], wie etwa bei der Kapitalertragsteuerbescheinigung nach § 45a Abs. 2 EStG für die Anrechnung der Kapitalertragsteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG[14] oder den Bescheinigungen über Körperschaftsteuer nach § 44 KStG a.F.[15]. Das gilt auch dann, wenn der Nachweis nachgeholt werden kann[16].

 

Beispiel 80

(s. auch Rz. 112.6): A hat für sein Unternehmen von einem anderen Unternehmer U eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Leistung erhalten. Da er die ordnungsgemäß ausgestellte Rechnung des U verloren hat, stellt er selbst eine Rechnung her, die angeblich von U stammt. Dieser weiß von nichts.

Durch die Vorlage der Rechnung wird zumindest konkludent behauptet (s. Rz. 216), dass eine vom Rechnungsaussteller stammende echte Rechnung vorliegt. Ob eine solche Rechnung tatsächlich vorliegt, ist eine steuerlich erhebliche Tatsache. Dass die Leistung erbracht wurde, ist zumindest nach herkömmlicher Auffassung nicht ausreichend, da die Gewährung des Vorsteuerabzugs an das Vorliegen einer nach §§ 14, 14a UStG ausgestellten Rechnung geknüpft ist[17], jedenfalls soweit es um den gesonderten Ausweis der Vorsteuer geht (§ 14 Abs. 4 Nr. 8 UStG)[18]. Europarechtlich ist nach Auffassung des EuGH ein Nachweis der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug aber auch ohne Vorlage von Rechnungen möglich[19].

Zweifelhaft ist die Lösung auch dann, wenn der liefernde Unternehmer mit dem Vorgehen (des eigentlich zum Vorsteuerabzug Berechtigten) einverstanden ist. Denn dann lässt sich die Rechnung als Erklärung des Lieferanten begreifen; A wird als dessen Schreibhilfe tätig. Nur wenn man eine solche Vertretung für unzulässig hält, liegen falsche Angaben vor[20].

 

Rz. 234

[Autor/Stand] Auch eine innere Tatsache muss steuererheblich sein, was z.B. bei der Rücklage für die künftige Anschaffung oder Herstellung bestimmter Wirtschaftsgüter nach § 7g Abs. 3 EStG a.F. aufgrund des ausdrücklichen Wortlauts der Fall war.[22]

 

Rz. 235

[Autor/Stand] In der Benennung eines fingierten Empfängers einer Zuwendung liegt ebenfalls eine strafrechtlich relevante unrichtige Tatsachenangabe, wenn ihr steuerliche Bedeutung zukommt. Das ist etwa dann der Fall, wenn durch die falsche Angabe verdeckt wird, dass eigentlicher Empfänger einer Zuwendung nicht eine gemeinnützige Vereinigung, sondern eine politische Partei ist[24]. ...

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