Rz. 1218

[Autor/Stand] Allein in der gewinnmindernden Buchung ohne Empfängerbenennung liegt noch kein täuschendes Verhalten i.S.d. § 370 AO.[2] Eine Steuerverkürzung sollte dagegen nach Ansicht der Rspr. vorliegen, wenn der Stpfl. Schulden oder Betriebsausgaben gewinnmindernd ohne Empfängernachweis verbucht und den geminderten Gewinn der Finanzbehörde erklärte, obwohl er wusste, dass die Finanzbehörde im Hinblick auf § 160 AO den Abzug nicht zulassen wird[3]. Gleiches sollte gelten, wenn die Ausgaben bewusst – z.B. unter irreführender Bezeichnung oder auf fingierte Namen – falsch verbucht worden sind.

 

Beispiel 3

A hat, um Schwarzkäufe von Schrott ohne ordnungsgemäße Belege als Betriebsausgaben geltend machen zu können, über fingierte Geschäftsvorfälle Rechnungen erstellt. Als Rechnungsaussteller wurden nicht existente Firmen ausgewiesen, teilweise wurden die fingierten Rechnungen auf bestehende Firmen ausgestellt. Die aufgrund der Rechnungen überwiesenen Beträge gelangten über gesondert eingerichtete Konten an A zurück. Gegenüber dem Finanzamt hat A die durch Falschbuchungen geminderten Gewinne erklärt.

Das LG hat nach der alten Rechtslage zugunsten des A angenommen, dass in Höhe der zu Unrecht geltend gemachten Betriebsausgaben tatsächlich Aufwendungen entstanden sind. Dass das LG gleichwohl eine Steuerverkürzung angenommen hat, ist vom BGH nicht beanstandet worden.

Der BGH hat in seiner früheren Rspr. hierzu dargelegt, der Tatbestand der Steuerhinterziehung sei bereits erfüllt, wenn die aufgrund eines täuschenden Verhaltens geschaffenen Besteuerungsgrundlagen zu einem geringeren Steuerbetrag führten. Wer falsche Angaben mache, könne nicht mit Erfolg einwenden, er hätte auf anderem Wege den gewinnmindernden Vorteil erlangen können, § 370 Abs. 4 Satz 3 AO. (Meines Erachtens ist § 370 Abs. 4 Satz 3 AO hier bereits seinem Wortlaut nach nicht anwendbar und wird seitens des BGH in diesem Urteil überdehnt. Vielmehr gilt vorrangig der materielle Tatbegriff. In der Verteidigungssituation kann daher m.E. eine Kompensation vertreten werden.) Bei den tatsächlichen wie fingierten Schrotteinkäufen handele es sich nicht um ein und denselben Sachverhalt. Die fingierten Vorgänge und die tatsächlichen Geschäfte hätten sich nicht entsprochen. Im Übrigen hätten die fingierten Ausgaben, wenn sie echt gewesen wären, als Betriebsausgaben abgesetzt werden müssen. Bei tatsächlich vorliegenden Schwarzkäufen unter Verschweigen der Geschäftspartner wäre die Abzugsfähigkeit von einer Ermessensentscheidung des Finanzamts abhängig gewesen, § 160 AO. Dem A sei es aber gerade darauf angekommen, dem Finanzamt die Möglichkeit der Ermessensentscheidung zu nehmen. Das LG habe nicht erörtern müssen, ob § 160 AO in der Vorstellung des A eine Rolle gespielt habe. Nach dem Wissen des A sei es nicht um das Verschweigen des Geschäftspartners, sondern insgesamt um fingierte Geschäfte gegangen. Diesen Standpunkt hatten bereits der 5. Strafsenat des BGH[4] und das OLG Karlsruhe[5] vertreten.

 

Rz. 1219

[Autor/Stand] Dieser Rechtsauffassung, die den strafrechtlichen Anwendungsbereich des § 160 AO in unzulässiger Weise überdehnt, ist der 2. Strafsenat des BGH mit Urteil vom 22.11.1985[7] entgegengetreten.

 

Beispiel 7

Eine OHG tätigte mit Schrottlieferanten Schwarzgeschäfte, die sie in ihrer Buchführung erfasste. Um die Wareneingänge bei der Buchung mit den Warenabgängen in Einklang zu bringen, wurden als Lieferanten fingierte Firmen angegeben und die einzelnen Lieferungen auf entsprechende Konten verbucht. Bei der Einkommen- und Gewerbesteuer sind die Netto-Einkaufspreise als Betriebsausgaben abgezogen worden.

Der BGH hat in der Vorlage von Scheinrechnungen zur Verhinderung des Zwischenverfahrens nach § 160 AO weder eine vollendete noch eine versuchte Steuerhinterziehung gesehen, da durch die Angabe fingierter Firmen die Schwelle vom Vorbereitungs- zum Versuchsstadium noch nicht überschritten worden sei. Bei § 160 AO müsse das Finanzamt nach pflichtgemäßem Ermessen den Stpfl. zur Empfängerbenennung auffordern. Komme der Stpfl. dem Verlangen nicht nach, so stehe es wiederum im Ermessen des Finanzamts, ob die Vorschrift anzuwenden sei. Eine Haftung des Stpfl. setze mithin zwei Ermessensentscheidungen des Finanzamts voraus. Dies übersehe die Gegenauffassung (vgl. vorst. Nachw.), wenn sie unabhängig von den Tatbestandsvoraussetzungen des § 160 AO eine Strafbarkeit des Stpfl. bereits dann annehme, wenn die Finanzbehörde über die Person des Dritten getäuscht und sie dadurch von der Einleitung eines Zwischenverfahrens nach § 160 AO abgehalten habe. Ferner widerspreche der Gesetzeszweck des § 160 AO der Annahme einer versuchten Steuerhinterziehung für den Fall, dass der Finanzbehörde aus anderer Quelle der Name des Dritten bekannt geworden und deshalb die Durchführung des Zwischenverfahrens nicht mehr statthaft sei. Für eine extensive Ausdehnung des Strafbarkeitsbereichs der steuerlichen Ausnahmeregelung fehle im Übrigen ein kriminalpolitisches Bedürfnis, da regelmäßig ...

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