Leitsatz (amtlich)

1. Für die in §§ 409, 410 BGB vorausgesetzte Abtretungsanzeige genügt grundsätzlich die Aushändigung einer Kopie.

2. Etwas anders gilt, wenn der Schuldner etwa wegen des Zustandes der Kopie oder anderer Unsicherheiten verständliche Bedenken gegen die Zuverlässigkeit erhebt.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 24.07.2001; Aktenzeichen 11 O 609/01)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen das Anerkenntnisurteil des LG Berlin vom 24.7.2001 - Aktenzeichen 11 O 609/01 - wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Beklagten vom 29.8.2002, ihm für den Beschwerderechtszug Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

A. Die Klägerin verlangte vom Beklagten den Ausgleich eines ihr abgetretenen Darlehensanspruches. Weil der Beklagte seine Verteidigungsbereitschaft nicht rechtzeitig anzeigte, verurteilte ihn das LG am 11.3.2002 zur Zahlung. Gegen dieses Urteil legte der Beklagte Einspruch ein und beantragte unter Verweis auf ein angebliches Zurückbehaltungsrecht, die Klage abzuweisen. Die Klägerin habe ihm (noch) nicht angezeigt, neue Forderungsinhaberin zu sein. Die ihm ausgehändigte Kopie der Abtretungsurkunde genüge dafür nicht. Im auf den Einspruch anberaumten Termin legte die Klägerin deshalb die Abtretungsurkunde im Original vor. Hierauf erkannte der Beklagte die Klage unter Verwahrung gegen die Kostenlast an.

Das LG hielt am 24.7.2002 im Wege des Anerkenntnisurteils sein Versäumnisurteil vom 11.3.2002 aufrecht. Zur Begründung verwies es darauf, dass der Beklagte zu Unrecht eine unbedingte Abweisung beantragt hatte. Er habe nach seinem eigenen Vortrag nur eine Zug-um-Zug-Verurteilung erwarten dürfen. Das Anerkenntnis sei nicht sofort i.S.v. § 93 ZPO.

Der Beklagte legte gegen das ihm am 20.8.2002 zugestellte Anerkenntnisurteil mit Fax vom 29.8.2002 sofortige Beschwerde ein und beantragte, ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren. Er ist der Ansicht, sein Anerkenntnis im Termin vom 24.7.2002 sei sofort. Er habe das Darlehen erst zurückzahlen müssen, nachdem ihm die Klägerin über die Abtretung die Originalurkunde ausgehändigt hatte. Vor Aushändigung der Originalurkunde habe er Zahlungen gem. § 410 Abs. 1 S. 1 ZPO zurückbehalten dürfen. Die ihm mit der Klage übergebene Abtretungsurkunde sei unstreitig nur eine Kopie gewesen. Vor Übergabe des Originals im Termin am 24.7.2002 sei er nicht verpflichtet gewesen, die Klage anzuerkennen. Von einem Schuldner könne auch nicht erwartet werden, einen nicht gestellten Antrag des Klägers - hier: Verurteilung Zug-um-Zug gegen Aushändigung der Originals Abtretungsurkunde - anzuerkennen. Ein Anerkenntnis sei nämlich erst dann erforderlich, wenn der Kläger einen entsprechenden Antrag stelle.

B.I. Die Kostenbeschwerde ist gem. §§ 99 Abs. 2 S. 1, 569 ZPO zulässig, aber nicht begründet. Das Anerkenntnis des Beklagten vom 24.7.2002 war nicht i.S.v. § 93 ZPO "sofort".

1. Eine gesetzliche Definition, was noch als sofort zu verstehen ist, ist nicht vorhanden. Auch eine allgemein akzeptierte Umschreibung besteht nicht (OLG Nürnberg v. 22.5.2002 - 3 W 1144/02, OLGReport Nürnberg 2003, 20 = MDR 2002, 1218 = NJW 2002, 2254 [2255]; Meiski, NJW 1993, 1904). Nach Auffassung des Senats ist ein Anspruch jedenfalls dann sofort anerkannt, wenn das Anerkenntnis vorbehaltlos vor Vorlesung der Sachanträge im frühen ersten Termin oder im schriftlichen Vorverfahren spätestens mit der Verteidigungsanzeige erklärt wird (KG v. 4.6.2002 - 7 W 72/02, KGReport Berlin 2003, 14).

a) Ob ein so verstandenes Anerkenntnis noch sofort ist, wenn der Kläger ein Zurückbehaltungsrecht in seinem Sachantrag nicht berücksichtigt und der Beklagte deshalb zunächst Abweisung beantragt, ist unsicher. Nach Ansicht des VIII. Zivilsenats des BGH ist der Beklagte in diese Falle ggf. zunächst nicht gehalten, den Klageanspruch als begründet anzuerkennen; er könne Abweisung beantragen. Ein Anerkenntnis sei erst geboten, nachdem der Kläger seinen Antrag umgestellt hat oder das Gegenrecht berücksichtigt (BGH v. 8.3.2005 - VIII ZB 3/04, BGHReport 2005, 1073 = MDR 2005, 1068 = NJW-RR 2005, 1005 [1006]).

b) Diese Sichtweise ist zwar angreifbar und vom Sinn und Zweck des § 93 ZPO eher zweifelhaft. Eine Stellungnahme verbietet sich aber. Das Anerkenntnis war jedenfalls deshalb nicht sofort, weil der Beklagte seine von ihm geschuldeten Zahlungen nicht (mehr) zurückbehalten durfte. Das dem Beklagten nach § 410 Abs. 1 S. 1 BGB ggf. zur Seite stehende Zurückbehaltungsrecht war jedenfalls erloschen. Denn spätestens mit Zustellung der Klage war ihm die der Klage beigefügte Kopie der Abtretungsurkunde zugegangen. Der Anwendungsbereich des § 93 ZPO war durch den Antrag auf Klageabweisung verschlossen.

aa) Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung genügt für die in §§ 409, 410 vorausgesetzte Abtretungsanzeige grundsätzlich die Aushändigung einer Fotokopie (BSG MDR 1996, 293; BAG WM 1968, 1047 [1049]). Der Fall gibt keinen Anlass, hiervon abzurücken....

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