Leitsatz (amtlich)

Ist einem Kostenfestsetzungsbeschluss vor dem 1.10.2001 der seinerzeit maßgebliche niedrigere Zinssatz zugrunde gelegt worden, muss auf Antrag des Gläubigers im Wege der Nachliquidation der ab 1.10.2001 maßgebliche höhere Zinssatz ergänzend festgesetzt werden.

 

Normenkette

ZPO § 104 Abs. 1 S. 2; BGB § 247; DÜG § 1; EGBGB § 229

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 9 O 406/00)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der ablehnende Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Koblenz vom 10.6.2002 dahin abgeändert, dass der im Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Koblenz vom 6.6.2001 festgesetzte Erstattungsbetrag von 1.914 DM für die Zeit ab 1.10.2001 nicht nur mit 4 %, sondern mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG (bis zum 31.12.2001) bzw. mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB (ab 1.1.2002) zu verzinsen ist.

Das weitergehende Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens (Wert: 13,20 Euro) fallen der Beklagten zur Last. Von den außergerichtlichen Kosten (Wert: 122,28 Euro) trägt der Kläger 9/11 und die Beklagte 2/11.

 

Gründe

Das fristgemäß eingelegte Rechtsmittel hat einen erheblichen Teilerfolg. Im Übrigen erweist es sich als unbegründet.

Die Beklagte kann verlangen, dass der am 6.6.2001 zu ihren Gunsten festgesetzte Erstattungsbetrag nicht, wie seinerzeit angeordnet, durchgängig mit 4 %, sondern vielmehr für die Zeit ab 1.10.2001 mit 5 Prozentpunkten oberhalb des Basiszinssatzes (bis 31.12.2001 gem. § 1 DÜG und danach gem. § 247 BGB) verzinst wird. Das entspricht der Neuregelung des § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO, die am 1.10.2001 in Kraft getreten ist und seither Wirkungen entfaltet.

Entgegen der Ansicht des Rechtspflegers steht dem die Rechtskraft des Beschlusses vom 6.6.2001 nicht entgegen, weil seinerzeit lediglich ein Kostenfestsetzungsantrag beschieden wurde, der sich auf eine Verzinsung von 4 % richtete, und über weitergehende Ansprüche der Beklagten nicht zu befinden war (OLG Hamm JurBüro 1970, 524 [525]). Die Beklagte ist mit dem vorliegenden Nachfestsetzungsgesuch auch nicht verfahrensrechtlich präkludiert. Es ist anerkannt, dass ein Antrag auf Verzinsung bereits festgesetzter Kosten noch nach rechtskräftigem Abschluss des grundlegenden Kostenfestsetzungsverfahrens gestellt werden darf (KG MDR 1978, 1027; OLG Hamm Rpfleger 1979, 71; Bork in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., § 104 Rz. 25; Wolst in Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 104 Rz. 12; offen gelassen von KG Rpfleger 1977, 217). Das kann im Einzelfall zur ergänzenden Festsetzung von Zinsen ab der Anbringung des ursprünglichen Kostenfestsetzungsgesuchs führen (OLG Hamm Rpfleger 1979, 71; Herget in Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 104 Rz. 6; Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 104 Rz. 16).

Mithin ist der am 6.6.2001 festgesetzte Zinssatz von 4 %, der an § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO a.F. ausgerichtet wurde, nicht endgültig. Eine Übergangsbestimmung, die ihn ungeachtet der Neufassung von § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO dauerhaft festschriebe, fehlt. Die Vorschrift des Artikels 229 Abs. 1 S. 2 EGBGB, die lediglich Verzugszinsen gem. § 288 Abs. 1 S. 1 BGB zum Gegenstand hat, ist mangels einer entsprechenden gesetzgeberischen Entscheidung nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar (OLG München JurBüro 2002, 317; Hansens Rpfleger 2001, 573 [574]). Daher können Kostenerstattungsansprüche, die bereits vor dem 1.10.2001 geltend gemacht und beschieden worden sind, mit Wirkung ab diesem Zeitpunkt nachträglich mit einer erhöhten Verzinsung ausgestattet werden (LG Chemnitz BRAGOReport 2002, 58).

Freilich ist es nicht angängig, die in § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO n.F. vorgesehene Verzinsung schon auf die Zeit vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung zu erstrecken. Eine solche Rückwirkung ist nicht vorgesehen. Sie würde auch dem Rechtsstaatsgebot entgegenlaufen. Deshalb hat der Festsetzungsantrag der Beklagten insoweit keine tragfähige Grundlage, als er auf eine zusätzliche Verzinsung vor dem 1.10.2001 abzielt (vgl. auch LG Chemnitz BRAGOReport 2002, 58; Hansens Rpfleger 2001, 573 [574]).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Sie berücksichtigt, dass die Beklagte im Rahmen des Beschwerdegegenstands (§ 9 ZPO) überwiegend obsiegt.

Kaltenbach Dr. Menzel Weller

 

Fundstellen

Haufe-Index 1107799

JurBüro 2002, 585

MDR 2002, 1218

Rpfleger 2002, 653

BRAGOreport 2002, 158

NJOZ 2002, 2242

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