Leitsatz

§ 4 Nr. 12 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist nicht auf die Verpachtung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen anzuwenden, wenn es sich hierbei um eine Nebenleistung zur Verpachtung eines Gebäudes als Hauptleistung handelt, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen Vertrags nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfrei ist, so dass eine einheitliche Leistung vorliegt (Folgeentscheidung zum EuGH-Urteil Finanzamt X vom 04.05.2023 ‐ C‐516/21, EU:C:2023:372 und Aufgabe des Senatsurteils vom 28.05.1998 ‐ V R 19/96, BFHE 185, 555, BStBl II 2010, 307).

 

Normenkette

§ 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a, Satz 2 UStG, Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)

 

Sachverhalt

Der Kläger verpachtete in den Jahren 2010 bis 2014 Stallgebäude zur Putenaufzucht mit auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen. Es handelte sich bei diesen um speziell abgestimmte Ausstattungselemente für die vertragsgemäße Nutzung als Putenaufzuchtstall. Der Kläger ging davon aus, dass seine Leistung bei der Verpachtung der Stallgebäude zur Putenaufzucht mit den auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen insgesamt steuerfrei sei. Es lag hierfür ein einheitliches Entgelt vor, das nach den vertraglichen Regelungen nicht auf die Überlassung des Stalls einerseits und Vorrichtungen und Maschinen andererseits aufgeteilt war. Demgegenüber vertrat das FA die Auffassung, dass das einheitlich vereinbarte Pachtentgelt nach Maßgabe der beim Kläger entstandenen Kosten zu 20 % auf die Vorrichtungen und Maschinen entfalle und insoweit steuerpflichtig sei. Das FA erließ daher entsprechende Änderungsbescheide für die Streitjahre. Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Demgegenüber gab das FG der hiergegen eingelegten Klage statt (Niedersächsisches FG, Urteil vom 11.6.2020, 11 K 24/19, Haufe-Index 14058289, EFG 2020, 1725).

 

Entscheidung

Nach Einholung einer Vorabentscheidung durch den EuGH änderte der BFH seine Rechtsprechung und bestätigte damit im Ergebnis die Klagestattgabe durch das FG. Damit erwies sich die Beurteilung durch das FG als zutreffend, obwohl sein Urteil bei seinem Erlass in einem vom FG nicht beachteten Widerspruch zur BFH-Rechtsprechung stand.

 

Hinweis

1. § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG befreit in Übereinstimmung mit Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL die VuV von Grundstücken. Ausgeschlossen ist hiervon gemäß § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG insbesondere die VuV von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind. Unionsrechtlich ergibt sich dies aus Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c MwStSystRL, der die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen von der Steuerfreiheit ausschließt. Zudem ordnet Art. 135 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL an, dass die Mitgliedstaaten Ausnahmen von der Befreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL vorsehen können.

2. Der BFH ist in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass sich in Bezug auf Betriebsvorrichtungen aus § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG ein Aufteilungsgebot ergibt. Danach ist die VuV von Betriebsvorrichtungen nicht von der USt befreit, selbst wenn diese wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind. Das Aufteilungsgebot lasse auch keine Einbeziehung der Überlassung von Betriebsvorrichtungen in die Steuerbefreiung der Grundstücksvermietung unter dem Gesichtspunkt der unselbstständigen Nebenleistung zu (BFH-Urteil vom 28.5.1998, V R 19/96, BFH/NV 1998, 1445, BStBl II 2010, 307; ebenso Abschn. 4.12.10 Satz 1 UStAE).

Diese Rechtsprechung wirkte insoweit eigenartig, als der BFH in Bezug auf die gleichfalls in § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG genannte Überlassung von Pkw-Stellflächen davon ausging, dass diese Nebenleistung zu einer steuerfreien Vermietung sein könne und damit die Annahme eines Aufteilungsgebots verneinte. Daher richtete der BFH zur Frage des Aufteilungsgebots ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Klärung, ob nach der Richtlinie zwischen diesen Fällen zu unterscheiden sei.

3. Hierauf entschied der EuGH in seinem UrteilFinanzamt X (EU:C:2023:372), Urteil vom 4.5.2023, C-516/21, BFH/NV 2023, 943, dass Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c MwStSystRL nicht auf die Verpachtung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen anzuwenden ist, wenn diese eine Nebenleistung zu einer Hauptleistung der Verpachtung eines Gebäudes ist, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen und nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l dieser Richtlinie steuerbefreiten Pachtvertrags erbracht wird, und diese Leistungen eine wirtschaftlich einheitliche Leistung bilden.

4. Dem schließt sich der BFH mit seiner Besprechungsentscheidung in richtlinienkonformer Auslegung des nationalen Rechts an.

a) Somit ist unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung§ 4 Nr. 12 Satz 2 UStG in Bezug auf die Vermietung oder Verpachtung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen kein Aufteilungsgebot zu ent...

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