Ausgangspunkt für die Ermittlung des Gebäudesachwerts sind die Normalherstellungskosten (NHK) des Gebäudes[1] Hier kommen allerdings nicht die tatsächlichen Herstellungskosten eines Gebäudes zum Ansatz, sondern standardisierte Werte, die von den NHK 2010 nach der Sachwertrichtlinie hergeleitet wurden. Die NHK lassen sich der Tabelle in Anlage 42 zu § 259 BewG entnehmen. Sie variieren je nach Gebäudeart und Baujahrgruppe. Anlage 42 gibt die NHK für einige Gebäudearten vor; sollte das zu bewertende Grundstück allerdings zu keiner der aufgelisteten Gebäudearten zuzuordnen sein, so sind die NHK einer vergleichbaren Gebäudeart anzusetzen.[2] Liegt ein zu bewertendes Teileigentum vor, ist die Gebäudeart aus der Anlage 42 anhand der baulichen Gestaltung des Teileigentums auszuwählen. Da die NHK noch auf den Wertverhältnissen des Jahres 2010 beruhen und die Hauptfeststellung zum Stichtag 1.1.2022 durchgeführt wird, werden die NHK durch Anwendung eines sog. Baupreisindizes nach § 259 Abs. 3 BewG auf den aktuellen Kostenstand hochgerechnet. Der für den Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.2022 maßgebende Baupreisindex beträgt 148,6 .[3]

Der Baupreisindex wird für jeden Hauptfeststellungszeitpunkt durch das BMF im Bundessteuerblatt veröffentlicht.

Die NHK sind in EUR/qm Bruttogrundfläche (BGF) anzusetzen. Deshalb ist als weiterer Schritt die BGF des Gebäudes zu ermitteln. Die BGF ist die Summe der – bezogen auf die jeweilige Gebäudeart – marktüblich nutzbaren Grundflächen aller Grundrissebenen eines Bauwerks. In Anlehnung an die DIN 277-1:2005-02 sind bei den Grundflächen folgende Bereiche zu unterscheiden:

Bereich a: überdeckt und allseitig in voller Höhe umschlossen,

Bereich b: überdeckt, jedoch nicht allseitig in voller Höhe umschlossen,

Bereich c: nicht überdeckt.

Für die Anwendung der NHK sind bei der Ermittlung der BGF nur die Grundflächen der Bereiche a und b zugrunde zu legen. Balkone, auch wenn sie überdeckt sind, sind dem Bereich c zuzuordnen. Für die Ermittlung der BGF sind die äußeren Maße der Bauteile einschließlich Bekleidung, z. B. Putz und Außenschalen mehrschaliger Wandkonstruktionen, in Höhe der Bodenbelagsoberkanten anzusetzen.

Nicht zur BGF gehören z. B. Flächen von Spitzböden und Kriechkellern, Flächen, die ausschließlich der Wartung, Inspektion und Instandsetzung von Baukonstruktionen und technischen Anlagen dienen, sowie Flächen unter konstruktiven Hohlräumen, z. B. über abgehängten Decken.

Die NHK multipliziert mit der BGF ergibt den Gebäudenormalherstellungswert. Von diesem ist noch eine etwaige Alterswertminderung abzuziehen (§ 259 Abs. 4 Satz 2 bis 5 BewG). Die Alterswertminderung wird durch einen Prozentsatz berechnet, der sich aus dem Verhältnis des Gebäudealters am Bewertungsstichtag zur wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer ergibt. Bei einer bestehenden Abbruchverpflichtung tritt an die Stelle der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer die tatsächliche Gesamtnutzungsdauer (Jahr der Abbruchverpflichtung abzüglich Baujahr des Gebäudes).

Die Alterswertminderung trägt dem Umstand Rechnung, dass Gebäude einer Substanzverringerung unterliegen, die mit zunehmendem Alter ansteigt. Um die Alterswertminderung zu berechnen, wird das Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag ins Verhältnis zur wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes nach Anlage 38 zum BewG gesetzt und mit dem Gebäudenormalherstellungswert multipliziert.

Die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer ist dabei von der Grundstücks- und Gebäudeart abhängig. Sollte das zu bewertende Gebäude unter keine der in Anlage 38 aufgeführten Kategorien fallen, so ist die Gesamtnutzungsdauer einer vergleichbaren Gebäudeart zugrunde zu legen.

Im Sachwertverfahren wird von einem (fiktiv) späteren Baujahr ausgegangen, wenn das Gebäude einer Kernsanierung (Voraussetzungen s. o.) unterzogen wurde. In diesem Fall ermittelt sich das fiktive Baujahr aus Vereinfachungsgründen aus dem Jahr des Abschlusses der Kernsanierung abzüglich 10 % der einschlägigen wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes (z. B. Baujahr 1969 und Abschluss der Kernsanierung in 2010; reguläre wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer 60 Jahre; fiktives Baujahr = 2010 – (10 % x 60 Jahre) = 2004). Die Alterswertminderung darf aber maximal 70 % betragen, denn der Gesetzgeber unterstellt, dass auch ältere Gebäude, deren wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer bereits überschritten ist, die jedoch instand gehalten wurden, noch einen gewissen Wert besitzen. Diese Regelung gilt nicht, wenn für das Gebäude eine Abbruchverpflichtung besteht.

Im Ergebnis erhält man somit den Gebäudesachwert.

[2] A 259.2 Abs. 2 AEBewGrSt enthält bereits eine Erweiterung der Gebäudearten mit Zuordnung zu der jeweils vergleichbaren Gebäudeart aus Anlage 42.
[3] BMF, Schreiben v. 11.2.20222, IV C 7-S 3266/22/10001:001.

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