Rz. 164

Unter dem Begriff "Bilanzierungshilfe" versteht das Handelsrecht den Ansatz von Aktiv- (oder Passiv-)Posten, ohne dass ein Wirtschaftsgut (Vermögensgegenstand) vorhanden ist oder die Voraussetzungen eines Rechnungsabgrenzungspostens vorliegen.[1]

[1] Vgl. zur Begriffsbestimmung und Abgrenzung gegenüber Bewertungshilfen, immateriellen Wirtschaftsgütern und Rechnungsabgrenzungsposten Dziadkowski, BB 1980, 1515.

5.1.3.1 Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs (§ 269 HGB a. F.)

 

Rz. 165

Aufwendungen für die Ingangsetzung oder die Erweiterung des Geschäftsbetriebs konnten nach § 269 HGB a. F. als "Bilanzierungshilfe" in der Handelsbilanz aktiviert werden (Abschreibung nach § 282 HGB a. F. in den folgenden Wirtschaftsjahren mit mindestens jeweils einem Viertel). Die Vorschrift galt nur für Kapitalgesellschaften, andere Bilanzierende durften eine solche Aktivierung nicht vornehmen.

Der Sinn des Aktivierungswahlrechts nach § 269 HGB lag darin, die Gefahr einer Überschuldung in Anlauf- oder Erweiterungsphasen zu vermeiden.[1]

Durch das BilMoG v. 25.5.2009[2] wurde § 269 HGB ersatzlos gestrichen. Zusätzlich bestimmt § 248 Abs. 1 HGB, dass Aufwendungen für die Gründung eines Unternehmens und Aufwendungen für die Beschaffung des Eigenkapitals nicht aktiviert werden dürfen.

In der Steuerbilanz sind Kosten der Ingangsetzung oder Erweiterung des Geschäftsbetriebs (sog. "Anlaufkosten") nicht zu aktivieren; dies galt auch schon vor der Aufhebung des § 269 HGB a. F. Es besteht vielmehr ein Aktivierungsverbot, da es sich bei diesen Aufwendungen nicht um einen Vermögensgegenstand bzw. ein Wirtschaftsgut handelt.[3]

[1] Vgl. BT-Drs. 10/4278, 106.
[2] BStBl I 2009, 650.
[3] Vgl. Dziadkowski, BB 1982, 1336; Döllerer, BB Beilage 12/1987, 13.

5.1.3.2 Aktivische Steuerabgrenzung (§ 274 Abs. 1 S. 2 HGB)

 

Rz. 166

Weist die Steuerbilanz für ein Wirtschaftsjahr einen höheren Gewinn aus als die Handelsbilanz, so können Kapitalgesellschaften in der Handelsbilanz als Bilanzierungshilfe einen Aktivposten in Höhe des durch den höheren Steuerbilanzgewinn verursachten Steuermehraufwands ausweisen, wenn und soweit sich der höhere Steueraufwand in späteren Geschäftsjahren voraussichtlich ausgleicht (Bilanzierung latenter Steuern). Eine solche Situation kann auftreten, wenn die Steuerbilanz Erträge früher oder Aufwand später erfasst als die Handelsbilanz. Durch die Bilanzierungshilfe wird der Steueraufwand insoweit in das Wirtschaftsjahr verlagert, in dem der den Steueraufwand verursachende Gewinn in der Handelsbilanz ausgewiesen wird. Die Divergenz zwischen Handelsbilanz- und Steuerbilanzgewinn durch andere Faktoren, insbesondere durch steuerliche Nichtabziehbarkeit von Betriebsausgaben, kann nicht zu einer Steuerabgrenzung führen, weil die darauf beruhende steuerliche Mehrbelastung endgültig ist und sich in späteren Geschäftsjahren nicht ausgleicht.

Eine Übernahme dieses Postens in die Steuerbilanz kommt – auch für abziehbare Steuern – bereits deshalb nicht infrage, weil die in der Steuerbilanz ausgewiesene höhere Steuerbelastung durch den (höheren) Steuerbilanzgewinn verursacht, und damit zutreffend im Jahr des höheren Steuerbilanzgewinns zu erfassen ist.

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