Rz. 106

Der zum Steuerabzug Verpflichtete (d. h. der Schuldner der Kapitalerträge, die den Verkaufsauftrag ausführende Stelle bzw. die die Kapitalerträge auszahlende Stelle) muss die KapESt nicht nur einbehalten, sondern die einbehaltene KapESt auch an das für ihn zuständige FA (Rz. 49ff.) abführen.

Eine Pflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Abführen einbehaltener KapESt wiegt schwerer als eine Verletzung lediglich der Einbehaltungspflicht; denn bei der einbehaltenen KapESt handelt es sich um die ESt bzw. KSt der Gläubiger der Kapitalerträge, die der zum Steuerabzug Verpflichtete nur treuhänderisch für den Gläubiger der Kapitalerträge und den Steuerfiskus einzieht. Das sind für den zum Steuerabzug Verpflichteten fremde Gelder. Er darf sie daher nicht sach- und zweckwidrig selbst verwenden.[1]

 

Rz. 107

Bei Verletzung der Abführungspflicht wird im Regelfall nur der zum Steuerabzug Verpflichtete (ggf. auch sein gesetzlicher Vertreter – vgl. Rz. 117ff.) als Haftungsschuldner in Anspruch genommen. Eine Inanspruchnahme des Gläubigers der Kapitalerträge erfolgt in diesen Fällen nur dann, wenn der Gläubiger weiß, dass der zum Steuerabzug Verpflichtete die einbehaltene KapESt nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem FA nicht unverzüglich (d. h. ohne schuldhaftes Verzögern; Legaldefinition in § 121 Abs. 1 S. 1 BGB) mitteilt (Rz. 121). Der Gläubiger muss positive Kenntnis vom Nichtabführen der einbehaltenen KapESt haben. Wissen bedeutet Gewissheit. Dahingehende Vermutungen und selbst eine grob fahrlässige Unkenntnis reichen nicht aus.[2]

Der Gläubiger der Kapitalerträge kann einen Anspruch auf Anrechnung der zwar einbehaltenen, aber nicht abgeführten KapESt haben, da die KapESt mit dem ordnungsgemäßen Einbehalt als erhoben gilt. Dieser Anspruch besteht bei Vorliegen der sonstigen für die Anrechnung erforderlichen Voraussetzungen unabhängig davon, ob ggf. in einem späteren Vz der Gläubiger der Kapitalerträge für die nicht abgeführte KapESt in Anspruch genommen wird.[3]

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