5.3.1 Mindesthöhe und -dauer der Beteiligung

 

Rz. 36

Entsprechend Art. 3 der Mutter-Tochter-Richtlinie ist weitere Voraussetzung für die Anerkennung als Muttergesellschaft i. S. d. § 43b EStG

  • eine unmittelbare Mindestbeteiligung von 20 % (vor 2005: 25 %) am Kapital der Tochtergesellschaft (ggf. genügt eine Mindestbeteiligung von 10 %, vgl. Rz. 49) und
  • eine ununterbrochene Mindestbeteiligungsdauer von 12 Monaten.

Weil der Anwendungsbereich des § 43b EStG nicht mehr nur Kapitalgesellschaften, sondern auch andere Rechtsformen umfasst, die kein Nennkapital haben, wurde der Begriff "Nennkapital" durch "Kapital" ersetzt.

 

Rz. 37

Die Mindestbeteiligungsquote, ab der eine Gesellschaft als Mutter- und die andere als ihre Tochtergesellschaft anzusehen ist, beträgt v. 1.1.2007 an 15 % (§ 43b Abs. 2 S. 1 EStG). Der Regelungsgehalt des bisherigen § 52 Abs. 55b EStG wurde durch das G. v. 20.12.2007[1] in § 43b Abs. 2 S. 1 EStG übernommen. Für Ausschüttungen, die nach dem 31.12.2008 zufließen, beträgt die Mindestbeteiligungsquote nur noch 10 % (§ 52 Abs. 55c EStG).

 

Rz. 38

Nach der Rspr. des EuGH[2] zu § 44d Abs. 2 EStG a. F. kann die Quellensteuerentlastung entsprechend der Mutter-Tochter-Richtlinie (hier § 43b EStG, vor 2002 auch § 44d EStG) zwar nur dann gewährt werden, wenn die vorgeschriebene Mindestbeteiligungsdauer eingehalten wird, dies darf aber nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Zeitraum der ununterbrochenen Mindestbeteiligungsdauer von 12 Monaten bereits zum Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge abgelaufen sein muss. Erforderlich ist nur, dass die vorgeschriebene Mindestbeteiligungszeit überhaupt eingehalten wird. Auch ist es dem Quellenstaat überlassen, wie er durch innerstaatliches Recht sicherstellen will, dass diese Mindestbeteiligungszeit auch eingehalten wird.[3]

 

Rz. 39

Als Folge der EuGH-Rspr. bestimmt § 43b Abs. 2 S. 5 EStG, dass die EU-Muttergesellschaft zwar zum Zeitpunkt des Entstehens der KapESt (Rz. 46) nachweislich in dem erforderlichen Umfang von mindestens 10 % unmittelbar am Kapital der deutschen Tochtergesellschaft beteiligt sein muss, dass aber die weitere Voraussetzung, dass die Beteiligung nachweislich ununterbrochen 12 Monate besteht, auch dann erfüllt ist, wenn der Mindestbeteiligungszeitraum erst nach dem Zeitpunkt des Entstehens der KapESt, d. h. nach dem Zufluss des Kapitalertrags bei der Muttergesellschaft, vollendet wird (zur Quellensteuerentlastung in Fällen, in denen der Mindestbeteiligungszeitraum zum Zeitpunkt der Entstehung der KapESt bzw. der Antragstellung noch nicht vollendet ist, vgl. Rz. 24).

 

Rz. 40

Allerdings muss die unmittelbare Beteiligung am Kapital der Tochtergesellschaft zum Zeitpunkt der Entstehung der KapESt gem. § 44 Abs. 1 S. 2 EStG bestehen, und dies in der für die Anerkennung als EU-Muttergesellschaft geforderten Mindesthöhe von 10 %. Die Quellensteuerentlastung nach § 43b EStG kann demzufolge nicht gewährt werden (vgl. aber Rz. 41), wenn die dafür erforderliche unmittelbare Mindestbeteiligung an der Tochtergesellschaft zum Zeitpunkt des Zuflusses der Kapitalerträge nicht oder nicht mehr besteht.[4].

 

Rz. 41

Weil § 20 Abs. 5 EStG für die Zurechnung von Kapitalerträgen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG auf die Beteiligung des Anteilseigners im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses abstellt (vgl. § 20 EStG Rz. 200), sieht § 43b Abs. 2 S. 2 EStG die erforderliche Mindestbeteiligung auch dann als erfüllt an, wenn zwar (z. B. wegen Anteilsveräußerungen in der Zeitspanne zwischen Gewinnverteilungsbeschluss und Zufluss der Kapitalerträge) zum Zeitpunkt des Entstehens der KapESt die Mindestbeteiligung nicht mehr gegeben ist, wohl aber zum Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses in der erforderlichen Mindesthöhe und -dauer bestanden hatte.

 

Rz. 42

In die Berechnung der Beteiligungshöhe sind eigene Anteile nicht einzubeziehen. Bemessungsgrundlage für die Berechnung ist in diesem Fall das um den Betrag der eigenen Anteile geminderte Kapital (§ 17 EStG Rz. 69).

 

Rz. 43

Anteile, die über eine nicht im Inland gelegene EU-Betriebsstätte gehalten werden, sind für die Prüfung der notwendigen Mindestbeteiligung mit den Anteilen der Muttergesellschaft zusammenzurechnen.[5]

 

Rz. 44

Dem Antrag auf Freistellung im Steuerabzugsverfahren (Rz. 16ff.) sind Nachweise

  • über die Höhe der unmittelbaren Beteiligung an der deutschen Tochtergesellschaft und
  • über die im Zeitpunkt der Entstehung der KapESt bestehende Beteiligungsdauer

beizufügen (z. B. durch Verträge über den Anteilserwerb etc.).

 

Rz. 45

Das Erfordernis einer unmittelbaren Mindestbeteiligung, die ununterbrochen über einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten bestanden haben muss, soll das Erschleichen der auf die Mutter-Tochter-Richtlinie zurückzuführenden Quellensteuerentlastung nach § 43b EStG, das sog. directive shopping, verhindern. Es soll verhindert werden, dass Umschichtungen von Beteiligungen nicht auf längere Dauer, sondern nur für kurze Zeit zu dem alleinigen Zweck erfolgen, die Quellensteuerentlastung nach § 43b EStG zu erreichen (vgl. auch § 50d EStG Rz. 50ff.).

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