Rz. 59

Maßgebend dafür, ob eine unter § 17 EStG fallende Beteiligung vorliegt, ist nach § 17 Abs. 1 S. 1 EStG die Beteiligung am Kapital der Gesellschaft. Darin kommt der gesetzliche Zweck der Vorschrift zum Ausdruck, wonach die Beteiligung an der Substanz der Kapitalgesellschaft der Steuerverstrickung unterworfen sein soll. Die Beteiligung nach § 17 EStG besteht in den, in Abs. 1 S. 3 genannten Anteilen einschließlich der ähnlichen Beteiligungen. Soweit keine "ähnlichen Beteiligungen" vorliegen (Rz. 39 ff., 73), ist maßgebend für die Beteiligung nur die Beteiligung am Nennkapital.[1]

 

Rz. 60

Die Höhe der Beteiligung am Kapital ist, entsprechend dem Zweck des § 17 EStG, danach zu beurteilen, welcher Anteil an der Vermögenssubstanz der Kapitalgesellschaft dem Stpfl. zusteht. In den Normalfällen, in denen keine Besonderheiten, wie "sonstige Beteiligungen" usw. vorliegen, richtet sich die Höhe der Beteiligung nach dem Verhältnis des Nennbetrags der Anteile zum Nennkapital der Kapitalgesellschaft. Eine Beteiligung i. S. d. § 17 EStG liegt somit vor, wenn der Nennbetrag der Anteile mehr 1 % oder mehr des Nennkapitals der Kapitalgesellschaft beträgt. Die Höhe der Beteiligung am Nennkapital richtet sich nach den zivilrechtlichen Regeln; die Höhe der Beteiligung am Nennkapital kann sich daher nur durch gesellschaftsrechtlich wirksame Änderungen der Anteile ändern.[2] Daher sind in die Berechnung, wie hoch die Beteiligung am Nennkapital ist, Gesellschafterdarlehen nicht einzubeziehen, und zwar auch dann nicht, wenn es sich gesellschaftsrechtlich um eigenkapitalersetzende Darlehen i. S. d. §§ 32a, 32b GmbHG a. F.[3], um Gesellschafterdarlehen nach § 8b Abs. 3 S. 4 KStG oder um Gesellschafterdarlehen i. S. d. § 8a KStG a. F. handelt. Entsprechendes gilt für verdeckte Einlagen. Sie erhöhen gesellschaftsrechtlich weder das Nennkapital noch die Beteiligung am Nennkapital; sie verändern nur die Höhe der Anschaffungskosten.

 

Rz. 61

Nicht von Bedeutung ist dagegen die Höhe der Stimmrechte (Mehrfachstimmrecht oder stimmrechtslose Anteile). Besteuert wird nicht die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Gesellschaft, sondern die erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die durch die Teilhabe an der Mehrung der Vermögenssubstanz entsteht. Fehlende Stimmrechte oder aus sonstigen Gründen geminderte Machtpositionen können nicht die Beteiligungsquote eines Beteiligten mindern, höhere Stimmrechte oder auf sonstigen Gründen beruhende besondere Machtpositionen können nicht die Beteiligung erhöhen.[4] Entscheidend ist die nominelle Beteiligung am Kapital der Gesellschaft. Mehrfachstimmrechte oder Stimmrechtsausschluss haben daher keine Auswirkungen[5].Die Parallele zur Mitunternehmerschaft (vgl. z. 4) steht dem nicht entgegen, da auch ein Kommanditist keinen beherrschenden oder wesentlichen Einfluss ausübt. Zu einer wesentlichen Beteiligung ohne beherrschenden Einfluss vgl. BFH v. 12.6.1980, IV R 128/77, BStBl II 1980, 646.

Ebenfalls nicht zu einer Erhöhung der Beteiligung führt eine Vereinbarung, nach der der Gesellschafter nicht überstimmt werden kann.[6]

 

Rz. 62

Ebenfalls nicht maßgebend sind sonstige Sonderrechte, die mit den Anteilen verbunden sind.[7] So sind nicht maßgebend ein höheres oder geringeres Gewinnbezugsrecht ("disproportionale Gewinnausschüttung") oder ein Anteil am Liquidationserlös, der höher oder niedriger ist als es der Beteiligung am Nennkapital entspricht.[8] Dies gilt allerdings nur für die Beurteilung, ob eine Beteiligung in der für § 17 EStG erforderlichen Höhe vorliegt. Ist das der Fall, ist ein wegen der Sonderrechte höherer oder niedrigerer Veräußerungsgewinn oder Liquidationsanteil im Rahmen des § 17 EStG zu erfassen. Steuerlich erfasst wird der aufgrund der Vereinbarungen dem Steuerpflichtigen tatsächlich zukommende Vermögenszuwachs.

 

Rz. 63

Für die Beratungspraxis ergibt sich aus dieser Regelung die Möglichkeit der Vereinbarung "disproportionaler" Beteiligungsverhältnisse, indem mit einer geringen Beteiligung ein wesentlich höherer Anteil an Gewinn und Liquidationserlös verbunden wird, als es der Beteiligung am Nennkapital entspricht. Im Fall der Veräußerung wird dann der Veräußerungsgewinn bei der nicht wesentlichen Beteiligung erzielt, während die höhere Beteiligung wegen ihres geringeren Anteils an Gewinn und Liquidationserlös keinen Veräußerungsgewinn erzielen wird. Allerdings müssen für eine solche Gestaltung wirtschaftliche Gründe vorliegen, da sonst Rechtsmissbrauch gem. § 42 AO vorliegen wird.

 

Rz. 64

Für die Frage, ob der Stpfl. "beteiligt" ist, kommt es grundsätzlich auf die zivilrechtlich wirksame, dingliche Rechtsstellung des Stpfl. an. Nach § 39 Abs. 2 AO genügt jedoch auch das wirtschaftliche Eigentum. Einzelheiten zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums vgl. Rz. 113.

Da das wirtschaftliche Eigentum maßgebend ist, sind treuhänderisch gehaltene Anteile dem Treugeber, nicht dem Treuhänder, zuzurechnen.[9]

Ist das Eigentum durch ein Scheingeschäft (§ 41 AO), auf einen anderen übertragen, bleibt der...

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