Rz. 150

Mit dem Tod des Erblassers geht der gesamte Nachlass unentgeltlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Alleinerben oder die Erbengemeinschaft über. Dabei bilden Erbfall und Erbauseinandersetzung[1] (§ 6 EStG Rz. 184ff.) keine rechtliche Einheit. Beide Vorgänge sind damit im Hinblick auf ihre steuerliche Bedeutung gesondert zu prüfen. Die Erbengemeinschaft kann zeitlich unbegrenzt bestehen bleiben.

 

Rz. 151

Gehört ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb zum Nachlass, geht er mit dem Erbfall auf den Erben bzw. die Erbengemeinschaft über. Insoweit liegt ein unentgeltlicher Übertragungsvorgang i. S. d. § 6 Abs. 3 EStG vor. Im Falle einer Erbengemeinschaft werden grundsätzlich sämtliche Miterben im Hinblick auf den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb Mitunternehmer, da sie aufgrund ihrer Stellung als Miterben Mitunternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative entfalten können. Dies gilt unabhängig davon, wie lange die Erbengemeinschaft den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb weiterführt. Die Erben beziehen ihre Einkünfte kraft eigener Verwirklichung des Einkünftetatbestands. Die laufenden land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte sind den einzelnen Miterben als Mitunternehmer nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen. Dieser bestimmt sich bei den Miterben grundsätzlich nach den jeweiligen Erbteilen.[2] Die Einkunftserzielung durch die Erbengemeinschaft und damit die Zurechnung der laufenden land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte an die Miterben endet mit der Erbauseinandersetzung. Die Erbengemeinschaft hat als selbstständiges Steuersubjekt jederzeit die Möglichkeit, eine Betriebsaufgabeerklärung i. S. d. § 16 Abs. 3b EStG (Verpächterwahlrecht) abzugeben.[3] Diese färbt nicht auf Mitunternehmer ab, die daneben noch als Einzelunternehmer oder Mitunternehmer tätig sind.

 

Rz. 152

Eine Rückbeziehung der Erbauseinandersetzung auf den Zeitpunkt des Erbfalls kommt in Betracht, wenn zwischen dem Erbfall und der Erbauseinandersetzung ein Zeitraum von höchstens 6 Monaten liegt. Die Frist beginnt mit dem Erbfall. In diesem Fall können die laufenden land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte unmittelbar ab dem Erbfall dem Miterben zugerechnet werden, der den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb lt. der im Rahmen der Erbauseinandersetzung getroffenen Vereinbarung übernimmt. Liegt eine Teilungsanordnung des Erblassers vor und verhalten sich die Miterben bereits vor der Erbauseinandersetzung entsprechend dieser Teilungsanordnung, kann eine rückwirkende Zurechnung der laufenden land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte auch über einen längeren Zeitraum als 6 Monate erfolgen. Soweit laufende land- und forstwirtschaftliche Einkünfte rückwirkend zugerechnet werden, ist die Erbauseinandersetzung steuerlich so zu behandeln, als ob sich die Erbengemeinschaft unmittelbar nach dem Erbfall auseinandergesetzt hätte.

 

Rz. 153

Gehört zum Nachlass nur land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen und wird der Nachlass ohne Zahlung von Abfindungen im Rahmen der Erbauseinandersetzung zwischen den Miterben real geteilt, ist die Aufteilung kein entgeltlicher Vorgang. Durch die Aufteilung können weder Anschaffungskosten noch Veräußerungserlöse entstehen. Dabei ist die Aufteilung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögens der Erbengemeinschaft ohne Betriebsfortführung zugleich eine Betriebsaufgabe, durch die regelmäßig ein begünstigter Betriebsaufgabegewinn entsteht. Keine Geltung hat dies, soweit die Voraussetzungen der Realteilung i. S. d. § 16 Abs. 3 S. 2 bis 4 EStG vorliegen oder die der Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 EStG.[4] Erhält dagegen bei der Erbauseinandersetzung ein Miterbe wertmäßig mehr, als ihm nach seiner Erbquote zusteht, und zahlt er dafür an seine Miterben eine Abfindung, liegt insoweit ein Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft vor. Werden die bei der Aufteilung erworbenen Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen der Miterben übertragen, ist der sich aus dem Veräußerungsgeschäft ergebende Veräußerungsgewinn nicht begünstigt, sondern als laufender land- und forstwirtschaftlicher Gewinn zu besteuern. Werden die bei der Aufteilung erworbenen Wirtschaftsgüter insgesamt ins Privatvermögen übertragen, führt dieser Vorgang zu einer steuerbegünstigten Betriebsaufgabe. Aufgabegewinn ist der Gewinn, der sich aus dem Entnahmegewinn und dem Gewinn aus der Abfindungszahlung ergibt.[5]

 

Rz. 154

Nach den obigen Regeln vollzieht sich die Erbauseinandersetzung über einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in den Bundesländern, die weder ein Höferecht[6] noch ein Anerbenrecht[7] kennen. Hierzu gehören z. B. Bayern, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland, Sachsen oder Thüringen. Demgegenüber gilt das Höferecht z. B. in Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen oder Schleswig-Holstein und das Anerbenrecht z. B. in Hessen. Soweit keine Sonderregelungen bestehen, können das Landgutrecht nach § 2049 BGB sowie das Zuweisungsverfahren nach §§ 13 bis 17 GrdstV...

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