Verpächterwahlrecht bei Realteilung einer Mitunternehmerschaft

Das Verpächterwahlrecht setzt auch bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft voraus, dass die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Wirtschaftsgüter mitverpachtet werden. Daran fehlt es, wenn eine Mitunternehmerschaft nach Aufgabe ihres land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs ihre wesentlichen Betriebsgrundlagen (Grundstücke) den Mitunternehmern jeweils zu Alleineigentum überträgt.

Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil v. 17.5.2018, VI R 66/15 (BFH/NV 2018, S. 1315). Die Entscheidung wurde nachträglich zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt; sie war seit dem 8.10.2018 als NV-Entscheidung abrufbar.

Hintergrund: Aufteilung eines landwirtschaftlichen Betriebs

Streitig war, ob die Übertragung von Grundbesitz in 2005/2006 zu einem steuerpflichtigen landwirtschaftlichen Veräußerungsgewinn geführt hat oder ob der Betrieb bereits in 1996 aufgegeben wurde.

Die Eheleute B unterhielten einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, den sie bis 1977 selbst bewirtschafteten und anschließend als Verpachtungsbetrieb weiterführten.

1982 übertrugen sie sämtlichen Grundbesitz ihren beiden Söhnen S1 und S2. Mit dem Tod des S2 ging sodann dessen (Mit-)Eigentum auf seine Ehefrau L über.

1996 vereinbarten S1 und L die Aufteilung des Grundbesitzes auf sie beide in zwei wertgleichen Teilen. Lediglich ein (unbedeutendes) Wiesengrundstück von 2.200 qm verblieb im gemeinschaftlichen Eigentum. 

Nachfolgend ging mit dem Tod des S1 dessen Eigentum auf K über und L übergab ihren Grundbesitz ihren beiden Töchtern (T1, T2) zu gleichen Teilen.

2005 verkaufte T2 ihren hälftigen Miteigentumsanteil an den von L erworbenen Grundstücken an T1, die damit Alleineigentümerin dieser Grundstücke wurde. Anschließend (2006) übertrug T1 einige Grundstücke (ohne Gegenleistung) an ihren Ehemann R.

Das FA ging von einem Gewinn aus der Veräußerung der hälftigen Miteigentumsanteile von T2 an T1 (in 2005) aus und sah in der Grundstücksübertragung in 2006 an R eine Entnahme von Teilen des (Sonder-)Betriebsvermögens der T1.

Das FG gab der Klage gegen die entsprechenden Feststellungsbescheide statt. Der (unterstellt) durch S1 und S2 nach der Übergabe (1992) gemeinschaftlich fortgeführte Betrieb sei spätestens mit der Auseinandersetzung des Grundbesitzes in 1996 aufgegeben worden.  

Entscheidung: Die Auseinandersetzung der Miteigentümergemeinschaft führt zur Betriebsaufgabe

Der BFH bestätigte die Auffassung des FG. Im Streitzeitraum 2005/2006 bestand wegen vorausgegangener Betriebsaufgabe in 1996 keine Mitunternehmerschaft.

Betriebsaufgabe durch Auseinandersetzung der Miteigentümergemeinschaft

Der landwirtschaftliche Betrieb wurde aufgrund der Auseinandersetzung (spätestens) in 1996 aufgegeben. S1 und L teilten die bisher in ihrem Miteigentum stehenden Grundstücke (mit Ausnahme des Wiesengrundstücks) untereinander auf. Der BFH konnte offen lassen, ob der Betrieb bereits mit der Übertragung des Grundbesitzes in 1982 auf S1 und S2 aufgegeben wurde. Denn spätestens mit der Auseinandersetzung unter S1 und L in 1996 wurde der landwirtschaftliche Verpachtungsbetrieb der Miteigentümergemeinschaft (sofern er bis dahin noch bestand) als selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens aufgelöst (BFH v. 16.12.2019, IV R 7/07, BStBl II 2010, S. 431. Mit der Übertragung von der Miteigentümergemeinschaft auf die Miteigentümer hat der Betrieb seine Existenzgrundlage vollständig verloren.

Betriebsaufgabe trotz Zurückbehaltung eines Grundstücks

Die Zurückbehaltung des Wiesengrundstücks steht der Betriebsaufgabe nicht entgegen. Denn es erscheint ausgeschlossen, dass die Miteigentümergemeinschaft einen (verkleinerten) Betrieb fortgeführt hat. Das Flurstück überstieg mit der Fläche von 2.200 qm nicht die Größe einer privaten Gartenbewirtschaftung. Damit ging es zwingend in das Privatvermögen der Miteigentümer über.

Keine Übertragung von Teilbetrieben

Mit der Auseinandersetzung wurden auch keine Betriebe oder Teilbetriebe übertragen, die zu Buchwerten hätten weitergeführt werden können. Denn die Grundstücke stellten keine selbständigen Untereinheiten eines Betriebs dar (BFH v. 16.11.2017, VI R 63/15, BFH/NV 2018, S. 369).

Kein Verpächterwahlrecht

S1 und L stand nach Auflösung der Miteigentümergemeinschaft kein Verpächterwahlrecht zu. Sie  übernahmen im Rahmen der Teilung der Miteigentümergemeinschaft jeweils etwa die Hälfte des Betriebsvermögens. Damit hatten weder S1 noch L die wesentlichen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens übernommen. Folglich kann nicht angenommen werden, dass der (vormalige) Betrieb in seinem Wesen unverändert fortbestand und als solcher von S1 oder L als Verpächter überlassen wurde (BFH v. 28.8.2003, IV R 20/02, BStBl II 2004, S. 10).

Keine Anwendung der Realteilungsgrundsätze

Die Realteilung setzt voraus, dass bei der Aufgabe einer Mitunternehmerschaft durch Aufteilung des Gesellschaftsvermögens zumindest einer der Mitunternehmer die ihm bei der Aufteilung zugewiesene Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen überführt (BFH v. 17.9.2015, III R 49/13, BStBl II 2017, S. 37). Daran fehlt es hier. Die Flurstücke wurden nicht in ein Betriebsvermögen von S1 oder L übertragen. Sie legten sie weder in einen neu eröffneten noch in einen bestehenden Betrieb ein.

Kein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb bei bloßer Verpachtung

Schließlich führt die nach der Betriebsaufgabe lediglich noch vorliegende bloße Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen nicht zu land- und forstwirtschaftlichem Betriebsvermögen des Verpächters. Dieser erzielt vielmehr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, nicht aus Land- und Forstwirtschaft (BFH v. 29.3.2017, VI R 82/14, BFH/NV 2017, S. 1313).

Hinweis: Parallelentscheidung zu VI R 66/15

Die Entscheidung deckt sich im Wesentlichen mit dem unter dem gleichen Datum ergangenen Urteil v. 17.5.2018, VI R 66/15 (BFH/NV 2018, S. 1315).

Die Betriebsaufgabe lag möglicherweise bereits 1982 vor, wenn davon ausgegangen wird, dass die Eheleute B nicht den Betrieb im Ganzen, sondern die Grundstücke als einzelne Wirtschaftsgüter auf ihre Söhne übertragen haben. Die Frage konnte offen bleiben, da der Betrieb jedenfalls durch die Teilauseinandersetzung in 1996 aufgegeben wurde. Ein landwirtschaftlicher Betrieb wird aufgegeben, wenn die landwirtschaftlichen Flächen auf die Erben aufgeteilt werden (BFH v. 26.9.2013, IV R 16/10, BFH/NV 2014, S. 324; BFH v. 14.06.2016, IV R 19/13, BFH/NV 2016, S. 1702).

Übereinstimmung mit BMF-Schreiben

Der BFH weist darauf hin, dass die Entscheidung nicht den BMF-Schreiben zur Realteilung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs widerspricht (BMF v. 28.12.2006, BStBl I 2006, S. 228, und vom 20.12.2016, BStBl I 2017, S. 36, jeweils IV.2. Satz 2).

BFH Urteil vom 17.05.2018 - VI R 73/15 (veröffentlicht am 05.05.2022)

Alle am 05.05.2022 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen.