Rz. 192

[Autor/Stand] Vermeidung der unbeschränkten Steuerpflicht im Ausland. Eine Wegzugsbesteuerung kann im Einzelfall vermieden werden, wenn der Anteilsinhaber in dem ausländischen Zielstaat aus Gründen des lokalen Steuerrechts schon nicht einkommensteuerpflichtig wird und zugleich in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG bleibt: 1. Nomade: Denkbar sind einerseits jene (seltenen) Fälle, in denen der weiterhin in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtige seine Aufenthalte in mehreren ausländischen Staaten "nomadenhaft" so steuert, dass er nirgendwo im Ausland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig wird. So ist es z.B. möglich, sich trotz Bestehens eines Wohnsitzes i.S.v. § 8 AO in Deutschland jeweils mehrere Monate im Jahr in Spanien, Italien oder den USA aufzuhalten, ohne dort unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu werden. Ob der Anteilsinhaber dann in einem der ausländischen Staaten im Verhältnis zu Deutschland seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen i.S.v. des Art. 4 Abs. 2 des einschlägigen DBA hat, spielt keine Rolle, da er in dem anderen Staat schon nicht ansässig i.S.v. Art. 4 Abs. 1 des einschlägigen DBA geworden ist. In diesen Fällen wird eine Anwendung des § 6 dadurch vermieden, dass der Steuerpflichtige weiter in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist (kein Fall des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und ein Ausschluss oder eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 von vornherein nicht in Betracht kommt. Ein solches Szenario ist rein praktisch i.d.R. nur möglich, wenn keine schulpflichtigen Kinder "mit auf Reisen" gehen müssten. Zudem ist darauf zu achten, dass die in Deutschland verbliebenen Räumlichkeiten weiterhin als Wohnsitz i.S.v. § 8 AO qualifizieren. Wird die tatsächliche Nutzung – bezogen auf einen Veranlagungszeitraum – auf wenige Wochen zu Erholungszwecken zurückgeschraubt, droht die Gefahr, ungewollt aus der unbeschränkten Steuerpflicht herauszufallen.[2] 2. Studierende: Die Einkommensteuerpflicht im Ausland kann, ggf. auch für mehrere Jahre, für Studierende vermieden werden, wenn das lokale Recht des Zuzugsstaates besondere Regeln vorsieht, nach denen Schüler und/oder Studenten unter bestimmten Voraussetzungen nicht der Einkommensteuerpflicht unterliegen. Insbesondere in den USA lässt sich eine steuerliche Ansässigkeit mit einem "F"-Visum ggf. für mehrere Jahre Studienaufenthalt vermeiden. Auch in der Schweiz werden Studierende nur unter bestimmten Umständen als in der Schweiz einkommensteuerpflichtig angesehen. Bei Studierenden kann die unbeschränkte Steuerpflicht i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG in Deutschland selbst bei mehrjährigem Studienaufenthalt im Ausland auch über einen Wohnsitz im Elternhaus ("Kinderzimmer") erhalten bleiben, wenn das Kind das Kinderzimmer in den ausbildungsfreien Zeiten zumindest überwiegend (>50 % der ausbildungsfreien Zeit) zum Wohnen nutzt.[3] Aus Vorsichtsgründen sollte in diesen Fällen der inländische Wohnsitz i.S.v. § 8 AO durch eine verbindliche Auskunft (§ 89 Abs. 2 AO) abgesichert werden.

 

Rz. 193

[Autor/Stand] Ansässigkeitsmanagement bei Wegzug in Nicht-DBA-Staat. Bei einem Wegzug in einen Nicht-DBA-Staat und Begründung der Einkommensteuerpflicht im Zuzugsstaat stellt sich die Frage, ob durch die kontinuierliche Beibehaltung eines deutschen Wohnsitzes i.S.v. § 8 AO nicht nur die Anwendung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, sondern auch eine Beschränkung bzw. ein Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts an den Veräußerungsgewinnen i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 vermieden werden kann. Während ein "Ausschluss" des deutschen Besteuerungsrechts in diesem Fall vermieden wird, ist dennoch Vorsicht geboten, da die Finanzverwaltung nicht nur abkommensrechtlich bedingte Anrechnungsverpflichtungen als "beschränkend" ansieht, sondern in Rz. 88 Satz 2, Rz. 89 a.E. AEAStG-E (s. § 6 AStG Anh. 2 Rz. 14) eine rein innerstaatlich angelegte (abstrakte) Steueranrechnungs- (§ 34c Abs. 1 EStG) bzw. Steuerabzugsverpflichtung (§ 34c Abs. 2, Abs. 3 EStG) als "Beschränkung" begreift.[5] Erfolgt der "Wegzug" mit Anteilen an inländischen Kapitalgesellschaften besteht keine Anrechnungsverpflichtung ausländischer Steuern im Veräußerungsfall,[6] die eine "Beschränkung" des deutschen Besteuerungsrecht i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bedeuten könnten (zur "Beschränkung" s. Rz. 431 ff.). Die Finanzverwaltung könnte aber eine abstrakte Steuerabzugsverpflichtung i.S.v. § 34c Abs. 3 EStG ins Feld führen, da diese insbesondere keine ausländischen Einkünfte i.S.v. § 34d EStG voraussetzt. Erfolgt der Wegzug hingegen mit Anteilen an ausländischen Kapitalgesellschaften, bleibt zwar ein deutsches Besteuerungsrecht aufgrund der unbeschränkten Steuerpflicht im Inland bestehen. Dieses wird aber nach Verwaltungsauffassung durch die abstrakte Verpflichtung zur Anrechnung ausländischer Steuern (§ 34c Abs. 1 i.V.m. § 34d Nr. 4 Buchst. b EStG) auf einen tatsächlichen Veräußerungsgewinn i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 "beschränkt" (s. Rz. ...

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