Rz. 2515

[Autor/Stand] Funktions- und Risikoanalyse. Eine e-Commerce-Vertriebsgesellschaft übt im Rahmen des "Distributor-Model" typischerweise die folgenden Funktionen aus (bezogen auf den in Anm. 2514 dargestellten Beispielfall)[2]:

  Betreiben eines eigenen Servers, von dem die Musikstücke heruntergeladen werden können,
  Unterhaltung einer Webseite, auf der die Musikstücke von den Kunden angesehen, probegehört und bestellt werden können,
  Herstellung einer Internetverbindung zwischen dem Server und den potentiellen Kunden,
  Vertragsabschluss,
  Auftragsannahme und -bearbeitung,
  Rechnungsstellung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung,
  Zahlungsabwicklung mit Banken und Kreditkartenanbietern,
  Marketing (zB Vorstellung neuer Künstler, Aktionsangebote etc.),
  Mahnwesen,
  Bereitstellung der Musikstücke zum Download (zB im "mp3-Format"),
  Bearbeitung von Support-Anfragen von Kunden (zB bei einem fehlgeschlagenen Download der Musikstücke).

Im Rahmen der Ausübung der vorstehend genannten Funktionen tragen e-Commerce-Vertriebsgesellschaften, die als Eigenhändler agieren, üblicherweise die folgenden Risiken[3]:

  Forderungsausfallrisiko,
  Absatzrisiko,
  Gewährleistungsrisiken,
  Wechselkursrisiko,
  IT-Risiken (zB Serverausfall, Hackerangriffe).
 

Rz. 2516

[Autor/Stand] Eingesetzte Wirtschaftsgüter. Bei den von der e-Commerce-Vertriebsgesellschaft eingesetzten materiellen Wirtschaftsgütern handelt es sich idR um die Server-Hardware sowie die Büro- und Geschäftsausstattung. Ein Lager ist nicht erforderlich, da die Produkte im Wege des Downloads bezogen werden können. Die immateriellen Wirtschaftsgüter beziehen sich häufig auf den Kundenstamm sowie die Software, die auf dem Server betrieben wird.

 

Rz. 2517

[Autor/Stand] Verrechnungspreisbestimmung im "Distributor-Model". Der elektronische Vertrieb der Musikstücke (zum Ausgangssachverhalt Anm. 2515) ist annahmegemäß in der Weise organisiert, dass die ausländische Muttergesellschaft Lizenzverträge mit den großen Musiklabels abgeschlossen hat, die sich auf den digitalen Vertrieb dieser Musikstücke in einem bestimmten Vertriebsgebiet (zB Europa) beziehen. Die Muttergesellschaft räumt der e-Commerce-Vertriebsgesellschaft das Recht ein, diese Musikstücke in ihrem Vertriebsgebiet (zB Deutschland) an Endkunden zu vertreiben.[6] Zur Ermittlung von Verrechnungspreisen für diese Rechteüberlassung ist vorrangig die Anwendbarkeit der klassischen Methoden der Verrechnungspreisermittlung zu prüfen (Preisvergleichs-, Wiederverkaufspreis-, Kostenaufschlagsmethode).

 

Rz. 2518

[Autor/Stand] Preisvergleichsmethode. Die Preisvergleichsmethode kann im Rahmen eines inneren oder eines äußeren Preisvergleichs umgesetzt werden. Voraussetzung für einen inneren Preisvergleich ist, dass das verbundene Unternehmen (hier: die ausländische Muttergesellschaft) vergleichbare oder ähnliche Leistungen unter vergleichbaren oder ähnlichen Verhältnissen sowohl an verbundene als auch an nicht verbundene Unternehmen erbringt. Der äußere Preisvergleich stellt demgegenüber auf den Liefer- und Leistungsverkehr zwischen fremden Unternehmen, zB der gleichen Branche, ab.

 

Rz. 2519

[Autor/Stand] Innerer Preisvergleich. Im Bereich des Handels mit digitalen Produkten scheitert die Anwendung des inneren Preisvergleichs regelmäßig an der Tatsache, dass das ausländische verbundene Unternehmen, das Lizenzen von Rechteinhabern (hier: Musiklabel) erworben hat, den Vertrieb in den einzelnen Ländern ausschließlich über eigene verbundene Unternehmen vornimmt.

 

Rz. 2520

[Autor/Stand] Äußerer Preisvergleich. Ein äußerer Preisvergleich kann geführt werden, wenn Informationen über Preise für die digitalen Produkte vorliegen, die bei Transaktionen zwischen fremden Dritten derselben Marktstufe angesetzt werden. Dies kann im Bereich der digitalen Produkte insofern Probleme bereiten, als im Gegensatz zu der Lieferung physischer Produkte nicht ohne Weiteres ermittelt werden kann, auf welcher Stufe der Verwertungskette die jeweiligen Preise angesetzt werden. Zudem dürfte es nicht ohne Weiteres möglich sein, an Informationen über Preise für vergleichbare Produkte zu gelangen. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Preisvergleichsmethode im Bereich des Online-Handels sowohl in der Ausprägung des inneren als auch des äußeren Preisvergleichs eine untergeordnete Rolle spielt.

 

Rz. 2521

[Autor/Stand] Wiederverkaufspreismethode. Die Wiederverkaufspreismethode ist anwendbar, wenn ein verbundenes Unternehmen einem anderen verbundenen Unternehmen Produkte liefert und diese Produkte an fremde Dritte weiterveräußert werden. Im Bereich des Online-Handels findet keine physische Lieferung eines Produkts an die Vertriebsgesellschaft zur Weiterveräußerung an fremde Dritte statt. Vielmehr wird der e-Commerce-Vertriebsgesellschaft lediglich das Recht zum Vertrieb der digitalen Produkte (hier: elektronische Musikstücke) an Endkunden eingeräumt. Gleichwohl kann die Wiederverkaufspreismethode zur Ermittlung von Verrechnungspreisen im Bereich...

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