Steuerberater für E-Commerce: Welche Shopsysteme muss man kennen?
Obwohl die E-Commerce-Umsätze aktuell stagnieren, bleibt der Online-Handel ein spannendes und abwechslungsreiches Feld für E-Commerce Steuerberater. Viele Unternehmen betreiben heutzutage eigene Online-Shops oder nutzen große Marktplätze wie Amazon oder eBay, um ihre Produkte online zu verkaufen. Hinzu kommen Marken, die direkt an Endkunden verkaufen. Nicht zuletzt ist der Online-Handel ein gern genutztes Instrument, um Waren global abzusetzen, was wiederum für die Händler steuerliche Besonderheiten nach sich zieht. Ein E-Commerce Steuerberater, der neben seinem Fachwissen auch Kenntnisse über Shopsysteme hat, kann Unternehmen dabei unterstützen, bereits durch die Wahl des richtigen Shopsystems den Grundstein dafür zu legen, dass solche Verkaufsprozesse steuerrechtlich sauber abgewickelt werden.
Das sollten Steuerberater über Shopsysteme wissen
Die Handhabung der Retouren, unterschiedliche Zahlungsmöglichkeiten oder schlicht eine grenzüberschreitende Lieferung müssen vom Shopsystem so abgebildet werden, dass die betreffenden Online-Shops nicht nur die Bedürfnisse ihrer Käufer erfüllen, sondern auch den steuerrechtlichen Anforderungen gerecht werden. Wenn bestimmte Paymentlösungen angebunden, Kennzahlen abgebildet oder die Einhaltung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoBD) sichergestellt werden sollen, ist es hilfreich, wenn dies mit dem ausgewählten Shopsystem auch aus steuerrechtlicher Sicht problemlos möglich ist.
Es gibt Dutzende Shopsysteme am Markt. Zudem entwickelt sich die E-Commerce-Landschaft ständig weiter. Lösungen verschwinden, neue Plattformen erobern den Markt. Nicht jede Einzelne muss ein Steuerberater bis ins letzte technische Detail kennen. Aber als E-Commerce Steuerberater ist es wichtig, ein Bewusstsein für diese Branche und ihre grundlegenden Herausforderungen zu entwickeln und sich über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten. Dazu gehört insbesondere ein grundlegendes Verständnis für die wichtigsten verschiedenen Shopsysteme.
Shopsysteme für Steuerberater erklärt
Der Begriff Shopsystem wird oft synonym mit E-Commerce-Plattform oder Online-Shop-Software verwendet. Über diese Online-Lösungen werden Waren oder Dienstleistungen präsentiert und verkauft. Dabei lassen sich grundsätzlich verschiedene Art von Systemen unterscheiden: Weit verbreitet sind cloudbasierte Software-as-a-Service (SaaS) Shopsysteme. Sie werden nicht lokal installiert, sondern in der Cloud betrieben. Für ihren Einsatz zahlt der Händler monatlich oder jährlich eine Gebühr. Da diese Lösungen meist sehr benutzerfreundlich sind und kein technisches Know-how erfordern, eigenen sie sich sehr gut für kleinere Unternehmen.
Daneben gibt es Softwarelösungen, bei denen eine Lizenz erworben wird. Solche Shop-Lösungen können auf einem eigenen Server gehostet werden. Man spricht hier auch von so genannten On-Premise-Lösungen. Aufgrund der vergleichsweise hohen Kosten werden solche Shopsysteme eher von großen Unternehmen bevorzugt.
Eine Besonderheit sind Open-Source-Systeme: Während viele Shopsysteme auch von Laien per Plug-and-Play erstellt werden können, erfordern Open-Source-Lösungen dafür in der Regel Programmierkenntnisse. Im Gegenzug bieten sie sehr viel Flexibilität bei der Ausgestaltung.
Allen verschiedenen Shopsystemen gemein ist, dass sie für den Verkaufsprozess die gleichen Basis-Features bieten: Von der Benutzer- und Bestellverwaltung über Versandoptionen und Zahlungsintegrationen bis hin zu Warenkorb und Checkout. Aus E-Commerce-Steuerberater-Sicht ist interessant, dass Shopsysteme oft auch Funktionen bieten, um steuerliche Aspekte zu berücksichtigen. Das kann die Berechnung der Mehrwertsteuer oder die Unterstützung bei der Erstellung von Rechnungen betreffen oder es ermöglichen, steuerlich relevante Transaktionsdaten für Buchhaltung und Steuererklärung unproblematisch zu erfassen.
Die beliebtesten Shopsysteme in Deutschland und weltweit
In Deutschland sind vor allem die Shopsysteme Magento, Shopware, Salesforce Commerce Cloud, Oxid, SAP Commerce Cloud und osCommerce weit verbreitet. International erfreuen sich darüber hinaus Shopify, WooCommerce, Spryker und die Adobe Commerce Cloud großer Beliebtheit.
Shopware
Shopware ist ein modulares Online-Shopsystem aus Deutschland. Das Shopsystem ermöglicht es Händlern unter anderem, verschiedene Steuersätze und -regeln einzurichten. Die Lösung ist beispielsweise in der Lage, die richtigen Mehrwertsteuersätze für verschiedene Produkte und Dienstleistungen anzuwenden. Wenn Anbieter via Shopware grenzüberschreitend handeln, kann dies steuerliche Auswirkungen haben, insbesondere wenn es um die Umsatzsteuer geht. Auch hier lassen sich die entsprechenden Einstellungen vornehmen. Nicht zuletzt generiert Shopware Verkaufsdaten und Transaktionsinformationen. Diese sollten ordnungsgemäß in die Buchhaltung integriert werden. Dafür bietet Shopware zahlreiche Schnittstellen. So können beispielsweise Rechnungen und Stornos aus dem Shopware-Shop automatisch an die Buchhaltungslösung lexoffice übertragen sowie rechtssicher und GoBD-konform an einem Ort verwahrt werden.
Magento
Magento ist seit dem Jahr 2008 verfügbar und entsprechend weit verbreitet. Ursprünglich gehörte die Lösung zu eBay, seit 2018 zu Adobe. Auch bei dieser Open-Source-Version kommt es insbesondere beim grenzüberschreitenden Handel darauf an, dass alle Mehrwertsteuersätze und Währungen korrekt ausgewiesen werden. Dazu können in Magento Steuerregeln definiert werden. Unter anderem können Steuerklassen bestimmten Kunden, Produkten und Versandkosten zugeordnet werden. Auch Steuerzonen und -sätze lassen sich für die Steuerberechnung kombinieren. Für die Berechnung der Steuern hält das System auch die akzeptierten Währungen und Umrechnungskurse bereit. Ist alles korrekt konfiguriert, können Transaktionsdaten erfasst werden. Wer über entsprechendes Shopwissen verfügt, kann Magento an bestehende Buchhaltungslösungen anbinden, damit diese Prozesse automatisiert stattfinden.
Shopify
Eines der bekanntesten Shopsysteme, das E-Commerce Steuerberater kennen sollten, ist Shopify. Millionen von Händlern weltweit verwenden es, in den USA werden dem Anbieter zufolge bereits zehn Prozent aller E-Commerce-Umsätze darüber abgewickelt. Auch hierzulande ist die leistungsfähige All-In-One-Lösung sehr beliebt. Steuersätze können beispielsweise nach Ländern und Regionen festgelegt und bestimmte Produkte im System von der Steuer befreit werden. Viele Sonderfälle sind möglich, Steuern für digitale Produkte lassen sich zum Beispiel individuell konfigurieren. Ebenso ist die Lösung in der Lage, Zollgebühren und Importsteuern beim Checkout zu erheben.
Shopify stellt zahlreiche Berechnungen und Berichte zur Verfügung, die Händler ihren E-Commerce Steuerberatern zur Verfügung stellen können und die dabei helfen, die Steuern einzureichen. Um Steuervorschriften in Deutschland wie die GoBD einzuhalten, können Händler unterschiedliche Apps aus dem Shopify App Store einsetzen. Wie andere Lösungen auch, lässt sich Shopify über Schnittstellen an bestehende Buchhaltungslösungen anbinden.
WooCommerce
WooCommerce ist ein Shopsystem für das freie Content-Management-System WordPress. Die Open-Source-E-Commerce-Lösung ist kostenlos und gilt als flexibel. Sie kann durch zahlreiche Erweiterungen individuell angepasst werden. Um das Shopsystem in Deutschland rechtssicher zu gestalten, helfen zusätzliche Plugins. Über Erweiterungen wie „Germanized“ oder „German Market“ kann das WooCommerce-Shopsystem an gängige Buchhaltungslösungen angeschlossen werden und den Buchhaltungsprozess im Online-Shop auf diese Weise automatisieren. Gleichzeitig werden dank einer solchen Erweiterung spezielle Gegebenheiten des deutschen Marktes berücksichtigt, neben Funktionen für Widerrufs- und Datenschutzbelehrung zum Beispiel auch durch Hinweise für Versandkosten und Steuern. Außerdem hilft ein solches Plugin dabei, beim grenzüberschreitenden Handel mit WooCommerce die One-Stop-Shop-Regelung (OSS) der EU umzusetzen. Doch auch hier sollte ein E-Commerce Steuerberater darauf achten, dass die Umsatzsteuer ordnungsgemäß abgerechnet und angemeldet wird.
E-Commerce Steuerberatung: Multichannel und andere Vertriebswege
In der Regel nutzen Händler nicht nur einen Vertriebsweg, um ihre Produkte im Internet zu verkaufen. Neben dem eigenen Online-Shop können beispielsweise auch Marktplätze wie Amazon oder eBay oder Social Media Plattformen genutzt werden. Je nach Land und Rechtsform können die steuerlichen Anforderungen bei einem Multichannel-Handel entsprechend variieren. Hinzu kommen kanalspezifische Besonderheiten: Auf Amazon stehen mit FBA (Fulfillment by Amazon) und FBM (Fulfillment by Merchant) zwei unterschiedliche Vertriebswege zur Verfügung, die auch spezielle steuerrechtliche Fragestellungen nach sich ziehen.
Lesen Sie hier nach, was E-Commerce Steuerberater über Amazon FBA und FBM wissen sollten.
Generell sollten E-Commerce Steuerberater daher darauf achten, dass die Einstellungen der jeweiligen Verkaufssysteme so vorgenommen werden, dass umsatzsteuerliche Aspekte berücksichtigt werden und eine korrekte Buchführung sichergestellt wird. Dazu gehört auch, dass sich die E-Commerce-Systeme an bestehende Buchhaltungslösungen anschließen lassen. Sobald Mandanten personenbezogene Daten ihrer Kunden erfassen, sollten E-Commerce Steuerberater auch darauf achten, dass die Mandanten dabei die für sie geltenden Datenschutzbestimmungen einhalten. Werden Shopsysteme durch zusätzliche Tools oder Plugins erweitert, müssen E-Commerce-Steuerberater sicherstellen, dass diese zusätzlichen Tools auch aus steuerlicher Sicht korrekt funktionieren und eine ordnungsgemäße Buchführung unterstützen.
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