5.5.7.1 Allgemeines

 

Rz. 460

Nach § 162 Abs. 3 S. 1 und Abs. 4 S. 1 BewG tritt an die Stelle des nach den §§ 163, 164 BewG ermittelten Fortführungswerts rückwirkend der Liquidationswert i. S. d. § 166 BewG, wenn innerhalb von 15 Jahren entweder der Betrieb oder ein Anteil am Betrieb veräußert wird oder wesentliche Wirtschaftsgüter veräußert werden oder dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nicht mehr auf Dauer zu dienen bestimmt sind. Diese Regelungen tragen dem Umstand Rechnung, dass der mit dem Ansatz eines besonderen Fortführungswerts verbundene Verzicht auf die volle Erfassung des bei einer Veräußerung zu erzielenden Substanzwerts nur dann gerechtfertigt ist, wenn der Betrieb von dem Erwerber tatsächlich über einen der Vorstellung vom Generationenbetrieb entsprechenden Zeitraum fortgeführt wird. Der Regierungsentwurf des ErbStRG hatte noch einen Nachbewertungszeitraum von 20 Jahren vorgesehen. Die aufgrund der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vorgenommene Verkürzung auf 15 Jahre passt den Nachbewertungszeitraum an die – für die Abfindung von Miterben zum Veräußerungswert geltende – Frist des § 17 des Grundstückverkehrsgesetzes an.[1]

Die Regelungen des § 162 Abs. 3 und 4 BewG wurden erst auf die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses[2] in 2 selbstständige Absätze aufgelöst. Die vom Finanzausschuss vorgenommene Änderung hat nicht nur redaktionelle, sondern auch sachliche Bedeutung, weil der Umfang der Nachbewertung für die Fälle des § 162 Abs. 3 und 4 BewG unterschiedlich geregelt wurde.

Der rückwirkende Ansatz des Liquidationswerts unterbleibt, wenn der Veräußerungserlös innerhalb von 6 Monaten zum Erwerb eines Ersatzobjekts bzw. im betrieblichen Interesse verwendet wird.[3] Auch diese Vorschriften wurden erst aufgrund der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses in den Gesetzestext aufgenommen. In dessen Bericht zu § 162 Abs. 3 BewG heißt es, die in Satz 2 verankerte Reinvestitionsklausel umfasse die Fälle, in denen die Struktur des übernommenen Betriebs in der Weise verändert werde, dass der nämliche Betrieb aufgrund tatsächlicher Hindernisse oder wirtschaftlicher Umstrukturierungen nicht mehr fortbestehen könne.[4] Im Gesetzestext hat diese Zweckbestimmung allerdings keinen Niederschlag gefunden.

[1] Bericht des Finanzausschusses, BT-Drs. 16/11107, 17.
[2] BT-Drs. 16/11075.
[4] BT-Drs. 16/11107, 17.

5.5.7.2 Ansatz des Liquidationswerts bei Veräußerung des Betriebs oder eines Anteils am Betrieb innerhalb von 15 Jahren (§ 162 Abs. 3 BewG)

 

Rz. 461

§ 162 Abs. 3 BewG regelt den Fall, dass der Betrieb oder ein Anteil i. S. d. § 158 Abs. 2 S. 2 BewG innerhalb eines Zeitraums von 15 Jahren nach dem Bewertungsstichtag veräußert wird. Die Betriebsaufgabe steht der Betriebsveräußerung nicht gleich, sondern fällt unter § 162 Abs. 4 BewG. Der Nachbewertungsvorbehalt des § 162 Abs. 3 BewG bezieht sich auf die wirtschaftliche Einheit, also den gesamten Betrieb bzw. den Anteil am Betrieb.

 

Rz. 462

Die Voraussetzungen, unter denen ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft veräußert wird, entsprechen denen der Veräußerung des ganzen Betriebs nach § 14 S. 1 EStG. Unter einer Veräußerung ist danach die entgeltliche Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Akt auf einen Erwerber zu verstehen.[1] In welcher zivilrechtlichen Form dies geschieht, ist unerheblich. Neben einem Kauf kommt daher auch ein Tausch in Betracht. Eine Veräußerung liegt auch bei Einbringung des Betriebs in eine Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten vor.[2] Die unentgeltliche Übertragung des Betriebs auf einen Dritten stellt demgegenüber keine Veräußerung dar. Die Veräußerung muss sich auf den ganzen Betrieb beziehen. Die Veräußerung eines Teilbetriebs oder von Teilen des Betriebs fällt – abweichend von der im Regierungsentwurf vorgesehenen Regelung – nicht unter § 162 Abs. 3 BewG.[3] Die Zurückbehaltung unwesentlicher Betriebsgrundlagen steht der Annahme einer Betriebsveräußerung jedoch nicht entgegen. Maßgeblicher Veräußerungszeitpunkt ist der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an dem Betrieb oder dem Anteil i. S. d. § 158 Abs. 2 S. 2 BewG.

 

Rz. 463

Mit einem Anteil i. S.d. § 158 Abs. 2 S. 2 BewG ist offenbar der Anteil an einer einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft führenden Personengesellschaft oder Gemeinschaft gemeint. Die Begriffsbildung des § 163 Abs. 3 S. 1 BewG ist insofern unglücklich, als der Begriff des Anteils in der in Bezug genommenen Vorschrift überhaupt nicht auftaucht. Die Veräußerung eines Anteils liegt vor, wenn dieser gegen Entgelt auf einen Dritten übertragen wird. Dritter i. d. S. kann nicht nur eine außenstehende Person, sondern auch ein bisheriger Mitgesellschafter oder -gemeinschafter sein. Eine Anteilsveräußerung liegt auch vor, wenn der Anteil an einer zweigliedrigen Gesellschaft oder Gemeinschaft auf den anderen Gesellschafter oder Gemeinschafter übertragen wird und dieser den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft allein weiterführt.[4]

 

Rz. 464

Fraglich ist, ob nur die Veräußerung des gesamten Anteils den Tatbestand erfüllt oder auch die Veräußerung eines Teilanteils aus...

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