Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung bzw. Erstattung von Kapitalertragsteuer bei ausländischen thesaurierenden Investmentfonds

 

Leitsatz (amtlich)

Kapitalertragsteuer, die auf geschätzte, tatsächlich aber nicht angefallene Erträge eines ausländischen thesaurierenden Investmentfonds abgeführt wurde, ist anzurechnen bzw. zu erstatten.

 

Normenkette

InvStG a.F. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 7; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 36 Abs. 4 S. 2, § 43 Abs. 1, § 44 Abs. 1; AO § 37 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.12.2022; Aktenzeichen VIII R 33/20)

 

Tatbestand

Streitig ist (noch), ob der Kläger einen Anspruch auf Rückerstattung von Steuerabzugsbeträgen hat, die die … Bank im Streitjahr 2007 für Kapitalerträge abgeführt hat, die tatsächlich nicht angefallen sind.

Der Kläger ist Aufsichtsratsvorsitzender und Inhaber verschiedener Kapitalanlagen. Anfang 2007 veräußerte er Anteile (u.a.) an folgenden Investmentfonds (Blatt 27 RS, 36 und 42 der ESt-Akte, WKN = Wertpapierkennnummer):

WKN …21 "X"

WKN …14 "Y"

Bei beiden Fonds handelte es sich um Investmentfonds, die keine Gewinne ausschütteten und deren Erträge dem Investmentsteuergesetz in der vor dem 29. Dezember 2007 geltenden Fassung (a.F.) unterlagen (vgl. § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 3 InvStG a.F.). Die von ihnen thesaurierten Erträge galten als mit Ablauf des Geschäftsjahres des jeweiligen Fonds zugeflossen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 InvStG a.F.); die darauf entfallende Kapitalertragsteuer wurde erst bei Veräußerung oder Rückgabe der Anteilsscheine einbehalten und abgeführt (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvStG a.F.).

Mit seiner Einkommensteuererklärung 2007 bzw. im Rahmen des Veranlagungsverfahrens legte der Kläger u.a. eine Erträgnisaufstellung der … Bank vom 08. Februar 2008 (Blatt 64 bis 78 der ESt-Akte), eine korrigierte Erträgnisaufstellung vom 1. November 2011 (Blatt 105 bis 120 der ESt-Akte), eine Jahressteuerbescheinigung der … Bank vom 8. Februar 2008 (Blatt 81 bis 84 der ESt-Akte) sowie weitere Unterlagen (u.a.) zu den zwei streitbefangenen Fonds vor (Blatt 121-124 der Einkommensteuerakte 2007), auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird. Danach hatten die beiden Fonds in den Jahren 2005 und 2006 folgende ausschüttungsgleiche Erträge je Anteil (Blatt 121 Rückseite der Einkommensteuerakte 2007):

WKN …21 ("X")

2005: 0,0025000 €

2006: 0,0000000 €

WKN …14 ("Y")

2005: 0,0397000 €

2006: 0,0033000 €

Die vom Kläger beantragte Anrechnung des nacherhobenen Zinsabschlags in Höhe von insgesamt 7.892,37 € - in diesem Betrag ist auch der nacherhobene Zinsabschlag für einen nicht mehr streitigen Fond enthalten (Blatt 111 der ESt-Akte 2007) - lehnte das Veranlagungsfinanzamt ab, weil der Kläger nicht nachgewiesen habe, dass er die Erträge seinerzeit (Einkommensteuer 2005 und 2006) versteuert habe (Bl. 162 - 165 der ESt-Akte)

Dagegen legten die Prozessbevollmächtigten des Klägers Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2013 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Die anschließend unter dem Aktenzeichen 3 K 1330/13 erhobene Klage wurde mit Beschluss vom 29. Juni 2015 gemäß § 74 FGO bis zum Abschluss des Verfahrens über den zu erlassenden Abrechnungsbescheid ausgesetzt, weil der Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AO) gegenüber der angefochtenen Anrechnungsverfügung vorrangig sei.

Mit Bescheid vom 25. November 2015 (Blatt 1 f. der Kassenakte) erließ die Beklagte einen Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 AO, in dem festgestellt wurde, dass die beantragte Anrechnung der nacherhobenen Zinsabschläge mangels eines Nachweises über die Versteuerung der zugrundeliegenden ausländischen Kapitalerträge in den Vorjahren nicht erfolgen könne.

Dagegen legte der Kläger Einspruch ein, der vom Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 15. August 2016 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Auf die dagegen unter dem Aktenzeichen 3 K 2081/16 erhobene und gegen das Finanzamt Wittlich gerichtete Klage wurde die vorgenannte Einspruchsentscheidung (isoliert) aufgehoben und der Rechtsstreit sodann in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Zuvor hatten die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2016 ergänzend ausgeführt (Blatt 40-45 der Gerichtsakte 3 K 2081/16), bereits aus dem Wortlaut des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG erschließe sich, dass eine "Erfassung" von Erträgen in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen nur dann Voraussetzung für die Anrechnung von Abzugsteuern sei, wenn tatsächlich positive Erträge angefallen seien.

Am 8. Mai 2017 hat der Kläger gegen den Abrechnungsbescheid vom 25. November 2015 in Gestalt der dazu inzwischen ergangenen und von der Beklagten erlassenen Einspruchsentscheidung vom 5. April 2017 Klage erhoben.

Mit Schreiben des Gerichts vom 9. März 2020 wurden der … Bank Kopien der dem Gericht vorliegenden Unterlagen (Erträgnisaufstellungen, Jahressteuerbescheinigungen, der im Veranlagungs- bzw. Einspruchsverfahren gewechselte Schriftverkehr und die vom Kläger mit den Steuererklärungen 2005 und 2006 vorgelegten Auszüge der Erträgnisaufstellungen 2005 und 2006) übers...

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