Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Steuerpflicht von Vermögenübertragungen aus der Auflösung US-amerikanischer Trusts als Kapitaleinkünfte

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG i.d.F. 2016 findet bei US-amerikanischen Trusts Anwendung, sofern sei mit inländischen Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen vergleichbar sind.

2. Die Vorschrift verstößt weder gegen den US-Freundschaftsvertrag noch gegen ein Verbot der Doppelbesteuerung mit Erb- oder Schenkungsteuer.

3. Soweit die Einführung des § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 EStG auch Wertsteigerungen und Erträge in der Vergangenheit erfasst und damit Rückwirkung entfaltet, ist die Vorschrift verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.

4. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG i.d.F. 2016 ist dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass als steuerpflichtige Bezüge aus der Auflösung nur solche Wertsteigerungen zu erfassen sind, die ab dem 8.10.2010 entstanden sind.

 

Normenkette

Deutsch-amerikanischer Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 29. Oktober 1954 vom 29. Oktober 1954 Art. 25 Abs. 4; ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 9; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 9

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Steuerpflicht von Vermögensübertragungen aus der Auflösung von zwei US-amerikanischen Trusts.

Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2016 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielte im Streitjahr als …. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Daneben erzielte der Kläger im Streitjahr Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von xxx € und die Klägerin in Höhe von xxx €.

Zudem erzielte die Klägerin im Streitjahr Einnahmen aus der Auflösung von zwei Trusts, die am 18.4.1984 vom Großvater der Klägerin, N, (im Folgenden: Trust Großvater) bzw. am 9.6.1984 vom Vater der Klägerin, D, (im Folgenden: Trust Vater) als jeweiliger „Grantor” gegründet worden waren. Beide Trusts waren unwiderruflich (sog. „irrevocable trusts”) und hatten eine Laufzeit bis zum Tod des Vaters der Klägerin. Nach der Gründung hatten die beiden Gründer kein Recht, die Trusts oder eine Bestimmung darin zu ändern, zu ergänzen, zu widerrufen oder zu beenden. In beiden Trusts waren die Klägerin und ihre Schwester W. als sog. „Trustees” eingesetzt, die das jeweilige Trustvermögen zu verwalten hatten. Während der Laufzeit der Trusts stand dem Vater der Klägerin das gesamte Nettoeinkommen aus dem Trust Vater zu und aus dem Trust Großvater diejenigen Beträge, die zum Unterhalt und zur Unterstützung des Vaters der Klägerin erforderlich waren. Die Auszahlung erfolgte während dieser Zeit nach dem Ermessen der Trustees. Nach dem Tod des Vaters der Klägerin sollte das Vermögen unter allen seinen sechs Kindern, also der Klägerin und ihren Geschwistern (W., M., D. jun., T. und S.) gleichmäßig verteilt werden. Für den Fall, dass ein Kind vor dem Vater versterben sollte, sollte das Vermögen nach Stämmen auf die Nachkommen des verstorbenen Kindes verteilt werden. Ferner enthielten die Vereinbarungen Sonderregelungen für den Fall, dass eines der Kinder beim Tod des Vaters das 22. (Trust Großvater) bzw. das 25. Lebensjahr (Trust Vater) noch nicht erreicht haben sollte.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in die deutsche Sprache übersetzten Gründungsurkunden (Bl. 89-105 und Bl. 124-133 GA) Bezug genommen. Welche Vermögensgegenstände im Einzelnen in die Trusts eingebracht wurden, ergibt sich aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen nicht. Ferner lässt sich nicht mehr feststellen, ob und – falls ja – in welchem Umfang tatsächlich laufende Erträge der Trusts an den Vater ausgezahlt wurden.

Im Übrigen liefen die Trusts bis zum Tod des Vaters am xx.xx.2015. Zu diesem Zeitpunkt hatten alle sechs Kinder das 25. Lebensjahr vollendet, sodass es im Streitjahr 2016 zur Verteilung des Vermögens (Wertpapiere, Bargeld sowie ein Anteil an einem Grundstück) an die Klägerin und ihre Geschwister kam. Der Klägerin wurden folgende Vermögenswerte aus der Auflösung der beiden Trusts übertragen:

Trust Großvater

Anzahl

Name

Wert in US-$

Wert in € (Kurs 1:1,1103)

2000

xxx

x

y

166

xxx

x

y

166

xxx

x

y

1696

xxx

x

y

513

xxx.

x

y

112

xxx.

x

y

6080

xxx

x

y

461

xxx.

x

y

1384

xxx

x

y

833

xxx

x

y

7837

xxx

x

y

2000

xxx

x

y

169

xxx

x

y

183

xxx

x

y

Bargeld

x

y

Summe

„Summe 1”

Trust Vater

Anzahl

Name

Wert in US-$

Wert in € (Kurs 1:1,1103)

3333

xxx.

x

y

833

xxx

x

y

333

xxx.

x

y

500

xxx

x

y

833

xxx

x

y

333

xxx

x

y

416

xxx

x

y

Bargeld

y

y

Farmland

y

ggg

Summe

„Summe 2”

Noch im Streitjahr 2016 veräußerte die Klägerin die aus den Trusts erhaltenen Wertpapiere, woraus ein Verlust in Höhe von vvv € resultierte, der in ihren o.g. Kapitaleinkünften enthalten war.

Die Klägerin reichte beim Finanzamt N-Stadt eine Erbschaftsteuererklärung für die von ihrem Vater erworbene Erbschaft ein, in der sie neben anderen Vermögensgegenständen auch den Erwerb aus dem Trust Vater als Schenkung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) in Höhe von „Summe 2” € angab. Das Finanzamt N-Stadt erließ am ...

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