Vermögensübertragungen nach Auflösung US-amerikanischer Trusts

Das FG Münster hat entschieden, dass Vermögensübertragungen nach Auflösung US-amerikanischer Trusts Kapitaleinkünfte darstellen. Allerdings dürfen nur solche Wertsteigerungen erfasst werden, die nach der Verkündung des JStG 2010 entstanden sind.

Vermögen aus US-amerikanischen Trusts

Vor dem FG Münster wurde folgender Fall verhandelt: Die klagenden Eheleute leben seit vielen Jahren in Deutschland. Die Klägerin stammt aus den USA. Im Jahr 1984 begründeten ihr Vater und ihr Großvater als sog. "grantors" Trusts, in die sie Vermögenswerte - insbesondere Wertpapiere - einbrachten. Die Gründer hatten laut den Gründungsurkunden keine Zugriffsmöglichkeiten mehr auf das Vermögen und die Trusts waren unwiderruflich (sog. "irrevocable trusts"). Beide Trusts waren bei der Laufzeit bis zum Tod des Vaters begrenzt. In dieser Zeit wurde das Vermögen von sog. "trustees" verwaltet. Die laufenden Erträge standen dem Vater zu. Nach dem Tod des Vaters im Streitjahr 2016 wurde das Vermögen der Trusts gleichmäßig zwischen der Klägerin und ihren Geschwistern (sog. "beneficiaries") aufgeteilt.

Einkünfte aus Kapitalvermögen

Strittig war, wie die Vermögenszuflüsse der beiden Trusts steuerlich zu behandeln sind. Das Finanzamt stufte diese abzüglich des von den Gründern eingebrachten Anfangsvermögens als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EstG ein. Doch die Kläger waren der Ansicht, dass der Tatbestand dieser Vorschrift nicht erfüllt sei, weil die Trusts nicht mit inländischen Körperschaften und die Vermögensverteilung nach Auflösung nicht mit Gewinnausschüttungen vergleichbar seien. Zudem liege eine unzulässige Doppelbesteuerung mit Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer vor. Die Kläger verwiesen außerdem darauf, dass die Einbeziehung ausländischer Gebilde durch das JStG 2010 in Bezug auf vor dessen Verkündung eingetretene Wertsteigerungen eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung darstelle.

Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das FG Münster sah den gesetzlichen Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG als erfüllt an. Aufgrund der Ausgestaltung der beiden Trusts als "irrevocable trusts" wurde vom Gericht der Typenvergleich zu inländischen Körperschaften bejaht, da weder die Gründer noch die Begünstigten während der Laufzeit Zugriff auf das Trust-Vermögen hatten. Zwar seien die von der Klägerin erhaltenen Bezüge nicht mit Gewinnausschüttungen vergleichbar, jedoch mit der Verteilung des Liquidationsendvermögens nach Auflösung einer Körperschaft. Daher sei es unschädlich, dass die Begünstigten auf die Höhe und den Zeitpunkt der Vermögenszuflüsse keinen Einfluss nehmen konnten. Das FG Münster nahm jedoch keine unzulässige Doppelbesteuerung an.

Unzulässige Rückwirkung

Der 1. Senat des FG Münster sah jedoch eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung in Bezug auf solche Wertsteigerungen an, die bis zum 8. Dezember 2010 (Verkündung des JStG 2010) entstanden waren.

Das FG Münster sah von einer Vorlage an das BVerfG ab und nahm stattdessen eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend vor, dass lediglich die ab dem 8. Dezember 2010 zu verzeichnenden Wertsteigerungen als Kapitalerträge erfasst wurden. Der Klage wurde also etwa zur Hälfte stattgegeben. Die Revision wurde zugelassen, doch das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.

FG Münster, Urteil v. 23.3.2023, 1 K 2478/21 E, veröffentlicht am 15.6.2023