rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Bildung von Rückstellungen der Muttergesellschaft für gegenüber der Tochtergesellschaft gegen eine Beteiligung an den Krediterträgen der Tochtergesellschaft übernommenen Personalsicherheiten (Bürgschaften/Garantien und sonstige Haftungsverhältnisse für sog. Eurokredite der Tochtergesellschaft)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Berücksichtigung eines Verpflichtungsüberschusses als drohender Verlust ist gemäß § 5 Abs. 4a EStG für Steuerbilanzen für nach dem 31.12.1996 endende Wirtschaftsjahre nicht mehr möglich (vgl. BFH, Urteil v. 5.4.2006, I R 43/05).

2. Ansprüche und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Geschäft dürfen in der Bilanz grundsätzlich nicht ausgewiesen werden. Schwebende Geschäfte sind Vertragsverhältnisse, die am jeweiligen Bilanzstichtag (prospektiv) noch auf einen gegenseitigen Leistungsaustausch gerichtet sind.

3. Hat die 100%ige Tochtergesellschaft – von der Muttergesellschaft vermittelte – sog. Eurokredite gewährt und hat die Muttergesellschaft gegenüber der Tochtergesellschaft unter Vereinbarung einer Beteiligung an den von der Tochtergesellschaft mit den Eurokreditgeschäften erzielten Margen Kreditrisiken (Personalsicherheiten wie Bürgschaften, Garantien, vergleichbare Haftungszusagen) aus den Eurokrediten übernommen, so stehen der Bildung von Rückstellungen der Muttergesellschaft im Hinblick auf die drohende Inanspruchnahme aus den Personalsicherheiten weder die Grundsätze zur Bilanzierung schwebender Geschäfte noch das das gesetzliche Verbot von Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (§ 5 Abs. 4a EStG) entgegen (im Streitfall: Bilanzstichtag 31.12.1997), da die am Bilanzstichtag hinreichend konkretisierten Einstandspflichten nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zur vereinbarten Margenbeteiligung stehen (Abgrenzung zu BFH, Urteil v. 15.9.2004, I R 5/04, BStBl 2009 II S. 100 sowie zu FG München, Urteil v. 2.3.2009, 7 K 1770/06, EFG 2009 S. 917).

3. Die Wirksamkeit eines Bürgschaftsvertrags wird nicht durch das Fehlen eines Rechtsverhältnisses zwischen Bürgen und Schuldner berührt, sodass auch ohne vertragliche Vereinbarung des Bürgen mit dem Hauptschuldner eine Bürgschaft vorliegen kann.

 

Normenkette

EStG 1997 § 5 Abs. 4a, § 52 Abs. 6a S. 2; BGB § 765 ff., § 320

 

Tenor

1. Der Körperschaftsteuerbescheid 1997 vom 10. Mai 2002 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 26. Januar 2010, der Gewerbesteuermessbescheid 1997 vom 3. Juni 2002 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 29. Januar 2010 und der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1997 vom 3. Juni 2002 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 2. Juni 2008 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 2016 werden mit der Maßgabe geändert, dass die Rückstellungen wegen Bürgschaftsverpflichtungen … mit … DM (bisher … DM) und die Rückstellungen wegen sonstiger Haftungsverhältnisse … mit … DM (bisher … DM) angesetzt werden.

Die Berechnung der Steuer, des Steuermessbetrags sowie des vortragsfähigen Verlustes wird dem Beklagten übertragen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Rückstellungen für die drohende Inanspruchnahme aus Bürgschaften/Garantieverträgen und sonstigen Haftungsverhältnissen für sog. Eurokredite im Streitjahr 1997 gebildet werden durften. Insbesondere steht im Streit, ob § 5 Abs. 4a Einkommensteuergesetz (EStG) Anwendung findet.

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der … (X AG). Diese bildete im Streitjahr 1997 Rückstellungen für drohende Inanspruchnahme aus Bürgschaftsverpflichtungen in Höhe von … DM sowie aus sonstigen Haftungsverhältnissen in Höhe von … DM. Diese Rückstellungen basierten auf der Übernahme von Kreditrisiken gegenüber der 100%-Tochtergesellschaft … (Y) aus von der X AG vermittelten Eurokrediten. Die X AG erhielt im Rahmen des Eurokreditgeschäfts eine Beteiligung an der von der Y erzielten Marge (Margenanteil 2/3). Der Margenanteil wurde über die Laufzeit der Kredite zu den Zinsterminen vereinnahmt. Abrechnungen erfolgten monatlich nachschüssig.

Im Rahmen einer Außenprüfung für das Streitjahr vertrat die Betriebsprüfung die Auffassung, dass es sich bei den im Zusammenhang mit den Eurokrediten gebildeten Rückstellungen um Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften handele, die zum 31.12.1997 nicht mehr neu gebildet werden dürften bzw. in den Folgejahren aufzulösen seien. …

Der Beklagte erließ im Anschluss an eine Außenprüfung u.a. Änderungsbescheide in Sachen Körperschaftsteuer 1997 (vom 10. Mai 2002) sowie Gewerbesteuermessbetrag 1997 und gesonderte Feststellung des vortragsfähige...

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