Entscheidungsstichwort (Thema)

Bekanntgabewille bei einem Steuerbescheid

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 124 AO wird ein Verwaltungsakt wirksam, wenn er dem Adressaten mit Bekanntgabewille der Behörde zur Kenntnis gebracht wird.

2. Der Nachweis, dass ein dem Steuerpflichtigen in der äußeren Form und mit Inhalt eines Steuerbescheids zugegangenes Schriftstück von Anfang an nicht in der Absicht geschaffen wurde, einen Verwaltungsakt zu erstellen und bekanntzugeben, kann ohne erhöhte Beweisanforderungen geführt werden.

 

Normenkette

AO § 124

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Hauptsacheverfahren, ob ein als Bescheid bezeichnetes Schriftstück über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1991 vom 17. Februar 2003 wirksam ist.

Ursprünglich war – nach Durchführung einer Außenprüfung – für den Veranlagungszeitraum 1991 die Höhe einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) einer Tochtergesellschaft an die Antragstellerin streitig. Bei einer vGA von 6.863.000 DM ermittelte der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 6.860.004 DM. Unter Berücksichtigung eines Kürzungsbetrages von 15.141.254 DM betrug der Gewerbeverlust 2.996 DM, der in dieser Höhe vortragsfähig war (Bescheide vom 3. Mai 1996).

Im Rechtsbehelfsverfahren einigten sich die Beteiligten auf eine vGA in Höhe von 1.000.000 DM. Bei einem Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 559.504 DM und einer Kürzung von 9.843.750 DM ergab sich ein Gewerbeverlust von 1.002.996 DM. Ein geänderter Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag für 1991 erging nicht, weil der Gewerbesteuermessbetrag unverändert 0 DM betrug. Der geänderte Bescheid über den vortragsfähigen Gewerbeverlust (1.002.996 DM) erging am 13. März 2002.

Unter dem 17. Februar 2003 wurden als Bescheide bezeichnete Schriftstücke über den Gewerbesteuermessbetrag für 1991 und über den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12.1991 erstellt. Bei einem Kürzungsbetrag von 15.144.250 DM betrug der vortragsfähige Gewerbeverlust 6.303.496 DM.

Mit Bescheiden vom 22. Mai 2003 wurden die Schriftstücke vom 17. Februar 2003, unter Hinweis auf § 129 Abgabenordnung (AO), geändert, der vortragsfähige Gewerbeverlust wurde nun, wie im Bescheid vom 13. März 2002, auf 1.002.996 DM festgestellt.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung vom 5. November 2003, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Vollziehung des Bescheides vom 22. Mai 2003 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1991 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. November 2003 in Höhe von 2.710.103 EUR (= 5.300.500 DM) auszusetzen.

Der Antragsgegner (Finanzamt) beantragt,

den Antrag abzulehnen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1) Der Antrag ist unbegründet. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes im Sinne des § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung(FGO) bestehen nach Aktenlage nicht.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei überschlägiger Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist bereits dann begründet, wenn ein nicht nur geringer Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der gegen den Verwaltungsakt eingelegte Rechtsbehelf Erfolg haben wird (Bundesfinanzhof-BFH-Urteil vom 7. Juni 1994 IX R 141/89, BStBl II 1994, 756; BFH-Beschlüsse vom 15. Januar 1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994; vom 25. August 1998 II B 25/98, BStBl II 1998, 674; vom 23. Juli 1999 VI B 116/99, BStBl II 1999, 684).

2) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

Mit der Einspruchsentscheidung vom 5. November 2003 hat das FA den formell als Änderungsbescheid bezeichneten Verwaltungsakt vom 22. Mai 2003 insofern richtig gestellt, als es sich um einen Verwaltungsakt zur Feststellung der Wirksamkeit des Bescheides vom 13. März 2002 handelt.

Für den Senat bestehen nach summarischer Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der in der Einspruchsentscheidung dargelegten Rechtsauffassung des FA, dass mit den Bescheiden vom 22. Mai 2003 im Ergebnis die Unwirksamkeit der Schriftstücke vom 17. Februar 2003 festgestellt wurde und dies auch zu Recht erfolgte.

a) Nach § 124 AO wird ein Verwaltungsakt wirksam, wenn er dem Adressaten mit Bekanntgabewille der Behörde zur Kenntnis gebracht wird (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Urteil vom 23. August 2000 X R 27/98 m.w.N., BFH/NV 2001, 355; BFHE 193, 19). Ein ohne Bekanntgabewille zur Kenntnis gebrachter Verwaltungsakt erlangt daher keine Wirksamkeit (Urteil des BFH vom 4. Oktober 1989 V R 39/84, BFH/NV 1990, 409). Der Nachweis, dass ein dem...

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