Entscheidungsstichwort (Thema)

Formunwirksamkeit einer per Telefax von einer Steuerberatungsgesellschaft eingereichten Klageschrift; notwendiger Inhalt einer Rechtsbehelfsbelehrung; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Steuerberater muss seit dem 1.1.2023 ein besonderes elektronisches Postfach (beSt) unterhalten.

2. Eine von einem Steuerberater bzw. einer Steuerberatungsgesellschaft eingereichte finanzgerichtliche Klage ist zwingend als elektronisches Dokument auf einem sicheren Übermittlungsweg zu versenden.

3. Eine insoweit per Telefax übermittelte Klage gilt als nicht erhoben und ist unzulässig.

4. Eine vorübergehende technische Unmöglichkeit i.S.d. § 52d Satz 3 FGO liegt nicht vor, wenn die Übermittlung als elektronisches Dokument daran scheitert, dass ein zugelassener elektronischer Übermittlungsweg noch nicht eingerichtet wurde.

5. Wenn in der Rechtsbehelfsbelehrung eines Einspruchsbescheides Ausführungen über die Form der Klageerhebung gänzlich fehlen, so ist die Belehrung nicht unrichtig.

6. Unrichtig ist eine Rechtsbehelfsbelehrung dann, wenn sie über den gesetzlich geforderten Mindestinhalt hinausgehende Informationen enthält, die falsch, unvollständig und/oder missverständlich und bei objektiver Betrachtung dazu geeignet sind, die Fristwahrung zu gefährden.

7. Letzteres ist etwa der Fall, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung den Hinweis enthält, dass die Klage schriftlich oder als elektronisches Dokument beim Finanzgericht eingereicht oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erklärt werden muss, nicht aber für den Fall der Klageerhebung durch einen Rechtsanwalt oder Steuerberater auf die ausschließliche Übermittlung als elektronisches Dokument hingewiesen wird.

8. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht zu gewähren, wenn zwar vorgetragen wird, dass der Chip aus dem Personalausweis des Steuerberaters nicht habe gelesen werden können, dies jedoch nicht glaubhaft gemacht wird. Die Glaubhaftmachung kann etwa durch einen Screenshot der Klageschrift, durch die Bestätigung des für IT-Angelegenheiten der Kanzlei zuständigen Bearbeiters oder eine anwaltliche oder eidesstattliche Versicherung des Bevollmächtigten selbst erfolgen.

 

Normenkette

FGO §§ 52a, 52d, 54-56, 62 Abs. 2 S. 1, § 64 Abs. 1, § 66 Abs. 1, § 155; ZPO § 85 Abs. 2; StBerG § 86d Abs. 1 S. 1, § 157e; FGO § 47 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Verfahrensrechtlich ist dabei problematisch, ob die Klage im Jahr 2023 wirksam durch den Steuerberater innerhalb der Klagefrist eingereicht worden ist.

Der Kläger ist Eigentümer einer Immobilie in der H-Str. 00 in D. Diese Immobilie wird seit ihrer Herstellung im Jahr 2000 von der U GmbH (nachfolgend GmbH) angemietet. Gesellschafter der GmbH sind die Kläger, je zu 50%.

Unter dem 19.1.2021 erließ der Beklagte einen Einkommensteuerbescheid 2019. Darin schätzte er die Besteuerungsgrundlagen zunächst (Steuerfestsetzung 36.500 €).

Dagegen wandten sich die Kläger mit Einspruch vom 22.2.2021. Zur Begründung übermittelten sie die fehlende Einkommensteuererklärung 2019. Nach Prüfung der Erklärung verblieben folgende Punkte streitig: Anrechnung Steuer aus X i.H.v. 254,99 € bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, Höhe der Heizkosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bei dem Grundstück Astr. 0-0 in L und die Berücksichtigung des Umfangs der Werbungskosten für das Grundstück H-Str. 00 in D.

Der Beklagte erließ unter dem 6.7.2023 eine Einspruchsentscheidung. Darin änderte er die Einkommensteuerfestsetzung vom 19.1.2021 auf €. Zur Begründung führte er – zusammengefasst – aus, dass die indische Steuer auf Kapitalerträge i.H.v. 83,20 € angerechnet werden könne. Bezüglich der Werbungskosten bei dem Grundstück Astr. 0-0 sei eine Einigung darüber erzielt worden, dass die Werbungskosten im Verhältnis der Flächen aufzuteilen seien, so dass 70,76 % der Heizkosten i.H.v. 7.183 €, also 5.083 €, zu berücksichtigen seien. Im Übrigen, also bezüglich der Berücksichtigung der Werbungskosten für das Objekt H-Str. 00 sei der Einspruch unbegründet. Die Werbungskosten seien nicht zu berücksichtigen, soweit ein Steuerpflichtiger aus privaten Gründen auf Einnahmen aus der Vermietung verzichte. Insoweit sei zu beachten, dass der Einspruchsführer die Mieteinnahmen der Hauptmieterin ohne schriftliche Vereinbarung und Angabe der genauen Höhe und Dauer gestundet habe. Hintergrund dafür sei die persönliche Nähe des Einspruchsführers als Vermieter und der mietenden GmbH, an der beide Einspruchsführer beteiligt seien. Das Verhältnis zwischen in 2019 vereinnahmter Miete zu der im Jahr 2016 vereinnahmten Miete ergebe einen Anteil von 12% der Werbungskosten, der berücksichtigt werden könne (2.552 € von 21.264 €).

In der Rechtsbehelfsbelehrung der Einspruchsentscheidung vom 6.7.2023 heißt es, dass die Klage „schriftlich oder als elektronisches Dokument einzureichen oder zu Protokoll des U...

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