Entscheidungsstichwort (Thema)

Kirchensteuer: Erhebung des besonderen Kirchgelds (in Hamburg) bei einem nicht unerheblichen Eigenverdienst des kirchenangehörigen Ehegatten

 

Leitsatz (amtlich)

Die Erhebung des besonderen Kirchgelds ist auch dann verfassungsgemäß, wenn der kirchenangehörige Ehegatte über einen nicht unerheblichen Eigenverdienst verfügt, auf den Kirchensteuer entfällt.

Solange die auf den Eigenverdienst entfallende Kirchensteuer die Höhe des besonderen Kirchgelds nicht erreicht, ist davon auszugehen, dass der Lebensführungsaufwand des kirchenangehörigen Ehegatten nicht bereits durch sein eigenes Einkommen gedeckt wird.

 

Normenkette

Hamburgisches KiStG §§ 1-5

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung des besonderen Kirchgeldes.

Die Klägerin war im Streitjahr Mitglied der evangelisch-lutherischen Kirche; ihr Ehemann gehörte keiner Kirche an. Die Eheleute wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin erzielte im Streitjahr Einkünfte in Höhe von ... €. Auf der Grundlage eines zu versteuernden Einkommens beider Ehegatten von ... € setzte der Beklagte mit Bescheid für 2019 vom 4. September 2020 gegen die Klägerin evangelische Kirchensteuer in Form des besonderen Kirchgeldes in Höhe von ... € fest. Auf das Einkommen der Klägerin entfiel eine Einkommensteuer von ... € und eine Kirchensteuer von ... € (9 % von ... €).

Gegen die Festsetzung der Kirchensteuer in der Form des besonderen Kirchgeldes legten die Klägerin und ihr Ehemann am 21. September 2020 Einspruch ein. Zur Begründung trugen sie vor, dass nach der aktuellen Rechtsprechung des BFH (Beschlüsse I B 27/18 und I B 28/18 vom 13. Februar 2019), die die Rechtsprechung des BVerfG (1 BvR 606/60) und des BVerwG (VII C 48.73) bestätige, die Festsetzung des besonderen Kirchgeldes nur bei fehlendem oder bei geringfügigem Einkommen des kirchenangehörigen Ehegatten zulässig sei, da dieser ansonsten kirchensteuerfrei bliebe. Von einem geringen Einkommen des kirchensteuerpflichtigen Ehegatten sei regelmäßig dann auszugehen, wenn das Einkommen den Grundfreibetrag gem. § 32a Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht übersteige. Im Jahr 2019 habe der Grundfreibetrag 9.168 € betragen. Die von ihr, der Klägerin, in 2019 erzielten Einkünfte stellten damit kein geringes Einkommen dar; ihre Einkünfte seien auch nicht gering im Verhältnis zu den Einkünften ihres Ehemannes. Auch ohne die Hinzurechnung der Einkünfte ihres Ehemannes seien ihre, der Klägerin, eigenen Einkünfte so hoch, dass darauf Kirchensteuer entfiele und sie daher ohne die Erhebung des Kirchgelds nicht "kirchensteuerfrei" gestellt sei, wie es das BVerfG für die Festsetzung des besonderen Kirchgeldes voraussetze. Dass der Beklagte zur Bemessung des besonderen Kirchgelds das von ihr, der Klägerin, und ihrem Ehemann gemeinsam zu versteuernde Einkommen heranziehe, sei danach unzulässig. Sie werde dadurch aufgrund der Heirat benachteiligt. Dies stelle einen Eingriff in ihr Grundrecht aus Artikel 6 des Grundgesetzes (GG)dar, da sie bei einer Einzelveranlagung in Bezug auf die Kirchensteuer wesentlich bessergestellt wäre.

Mit Schreiben vom 28. September 2020 und vom 29. Januar 2021 wies der Beklagte die Klägerin und ihren Ehemann darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BFH ein Eigenverdienst des kirchenangehörigen Ehegatten der Festsetzung des besonderen Kirchgeldes nicht entgegenstehe. Die Berechtigung zur Erhebung des besonderen Kirchgeldes bei der Zusammenveranlagung bestehe darin, dass der kirchenangehörige Ehegatte infolge des gemeinsamen Eheeinkommens über eine höhere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfüge und damit finanziell in der Lage sei, sich an der Finanzierung der kirchlichen Aufgaben in einem höheren Maß zu beteiligen.

Mit Änderungsbescheid vom 16. Februar 2021 verringerte der Beklagte die festgesetzte Einkommensteuer für 2019 um ... €. Die festgesetzte Kirchensteuer blieb unverändert.

Mit Einspruchsentscheidung vom 16. Februar 2021 wies der Beklagte den Einspruch unter Bezugnahme auf die Schreiben vom 28. September 2020 und vom 29. Januar 2021 als unbegründet zurück

Die Klägerin hat am 12. März 2021 Klage erhoben.

Zur Begründung trägt sie vor, die Festsetzung des besonderen Kirchgeldes sei aufgrund der zusätzlichen Erfassung der Einkünfte ihres Ehemannes rechtswidrig. Sie, die Klägerin, habe ein eigenes Einkommen und bliebe im Rahmen der Jahresfestsetzung auch nicht kirchensteuerfrei. Zudem steige durch die Einkünfte ihres Ehemannes nicht der Lebensführungsaufwand, da ihre Einkünfte rund 1/3 des gemeinsamen Gesamtbetrags der Einkünfte ausmachten. Der Wortlaut der §§ 3 Abs. 1 lit c), 5 des Hamburgischen Kirchensteuergesetzes (HmbKiStG vom 15. Oktober 1973, HmbGVBl. 1973, 431, in der im Streitjahr gültigen Fassung) sei teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass nur die Fälle der Kirchensteuerpflichtigen erfasst sein sollten, die selbst über kein oder nur ein geringes Einkommen verfügen, so dass sie bei isolierter Betrachtung keine Kirchensteuer zahlen mü...

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