Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundbuchlich gesichertes Dauernutzungsrecht an vier PKW-Abstellplätzen in Tiefgarage als wirtschaftliche Einheit (Grundstück) im Sinne des Bewertungsgesetzes: Bestreiten des Vorliegens einer wirtschaftlichen Einheit nicht im Rahmen der Zurechnungsfortschreibung, sondern durch Antrag auf Aufhebung nach § 24 BewG. Voraussetzungen für wirtschaftliches Eigentum durch Bestellung eines Dauernutzungsrechts

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Macht die Klägerin geltend, dass ein ihr eingeräumtes, grundbuchlich gesichertes Dauernutzungsrecht an vier Tiefgaragenstellplätzen kein Grundstück im Sinne des Bewertungsgesetzes sei, sodass ein nach dem BewG dafür nicht vorgesehener Gegenstand der Besteuerung unterworfen werde, kann dieser Einwand verfahrensrechtlich nicht mit Erfolg durch die Anfechtung des Bescheides über die Zurechnungsfortschreibung verfolgt werden, sondern nur durch einen Antrag auf Aufhebung des Einheitswerts gemäß § 24 BewG. § 24 Abs. 1 Nr. 1 BewG und § 24 Abs. 1 Nr. 2 BewG ist entsprechend anzuwenden, wenn die bewertete Einheit bewertungsrechtlich (von Anfang an) nicht existiert.

2. Das Dauerwohnrecht und das Dauernutzungsrecht sind zwar wie das Wohnungseigentum gemäß § 31 Abs. 1 WEG veräußerlich und vererblich, stellen aber doch nur ein Nutzungs- und Benutzungsrecht an einem fremden Grundstück dar und gelten grundsätzlich nicht als Grundstück im Sinne des Bewertungsgesetzes.

3. Der Dauerwohnberechtigte/Dauernutzungsberechtigte kann jedoch durch vertragliche Vereinbarungen eine Stellung erlangen, die ihn wirtschaftlich einem Wohnungseigentümer bzw. Teileigentümer im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO gleichstellt, wenn der Wohn- bzw. Nutzungsberechtigte den Eigentümer des Grundstücks für die vereinbarte Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Grundstück wirtschaftlich ausschließen kann. In diesem Fall steht der Berechtigte wirtschaftlich einem Wohnungseigentümer bzw. Teileigentümer gleich. Es ist dann auch das Dauerwohnrecht/Dauernutzungsrecht wie ein Wohnungsei-gentum/Teileigentum zu behandeln. Dabei kann wirtschaftliches Eigentum auch an einzelnen Stellplätzen in einer mehrstöckigen Garage oder Tiefgarage bestehen, für die Teileigentum nach dem WEG begründet worden ist.

4. Eine dem Eigentum ähnliche Gestaltung des Dauerwohnrechts/Dauernutzungsrechts kommt insbesondere in Betracht, wenn es zeitlich unbeschränkt bestellt ist, die privaten (und öffentlichen) Lasten vom Nutzungsberechtigten getragen werden, im Falle des Heimfalls des Nutzungsrechts auf den Eigentümer ein Entschädigungsanspruch des Nutzungsberechtigten besteht und die Veräußerung des Nutzungsrechts nicht der Zustimmung des Eigentümers bedarf.

5. Der BFH, Urteil v. 12.1.2022, II R 11/20 hat das FG-Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das FG zurückverwiesen.

 

Normenkette

BewG § 2 Abs. 1 S. 2, § 22 Abs. 2, 4 S. 3 Nr. 1, § 24 Abs. 1 Nrn. 1-2; WEG § 12 Abs. 1, § 31 Abs. 1-3; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.01.2022; Aktenzeichen II R 11/20)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der Beklagte zu Recht eine Zurechnungsfortschreibung nach § 22 Abs. 2 Bewertungsgesetz des Einheitswerts für vier PKW-Abstellplätze (Tiefgaragenplätze) in bisheriger Höhe und eine Neuveranlagung des Grundsteuermessbetrags nach § 17 Grundsteuergesetz –GrStG– jeweils auf den 01. Januar 2016 vorgenommen hat. Dem lag zugrunde, dass die Klägerin ein grundbuchlich gesichertes Dauernutzungsrecht an vier PKW-Abstellplätzen erworben hat, an denen im Rahmen einer Wohnungseigentumsanlage Teileigentum besteht (Grundbuchblätter … des Grundbuchamts B…). An den 38 PKW Tiefgaragenstellplätzen ist ein Dauernutzungsrecht im Sinne des § 31 Abs. 2 Wohnungseigentumsgesetz –WEG– als Belastung in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen worden.

Gemäß UK-Nr. …/1996 des Notars C… vom 07. Mai 1996 schlossen die D… AG und die E… AG als Eigentümer, die F… zusätzlich als Bauträger, mit der G… in Liechtenstein als Käufer einen Grundstückskauf- und Bauerrichtungsvertrag über den Grundstückserwerb zum Zwecke der Errichtung mehrerer Mehrfamilienhäuser auf dem als westliche Zeile am Park H… bezeichneten Areal (I…-straße in B…). In der Rechtsform des Wohnungseigentums waren die Miteigentumsanteile mit dem Sondereigentum an insgesamt acht Wohnungen mit einem Sondernutzungsrecht an Kellerräumen verbunden. Für die zu errichtenden Stellplätze wurde ein Dauernutzungsrecht vereinbart.

§ 4 des vorg. Notarvertrags (von den Beteiligten dieses Verfahrens als „Grundvertrag” bezeichnet) betraf die Einräumung von Dauernutzungsrechten nach § 31 Abs. 2 WEG an den noch zu errichtenden Tiefgaragenstellplätzen Nrn. 13, 14, 15 und 16 des Aufteilungsplans, die im Bauplan näher bezeichnet wurden (§ 4 Abs. 1). Der Eigentümer veräußerte nach der Konzeption des Vorhabens die mit der Tiefgarage zusammenhängenden Grundstücksflächen an verschiedene Erwerber (§ 4 Abs. 2 Satz 1 des Vertrags). Ferner wurde...

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