rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung des einen negativen Gesamtbetrag der Einkünfte und eine Steuer von 0 EUR festsetzenden Einkommensteuerbescheids des Verlustentstehungsjahres zur Klärung der Höhe des in das Vorjahr zurückzutragenden Verlusts erforderlich. Entstehung eines Auflösungsverlusts nach § 17 Abs. 4 EStG bereits im Jahr der Insolvenzeröffnung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Aufgrund der Neuregelung des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG durch das JStG 2010 muss für die Berechnung eines ins Vorjahr zurückzutragenden Verlusts nicht der Einkommensteuerbescheid für das Rücktragsjahr, sondern der die Einkommensteuer für das Verlustentstehungsjahr aufgrund eines negativen Gesamtbetrags der Einkünfte auf 0 EUR festsetzende Einkommensteuerbescheid angefochten werden; es ist immer im Verlustentstehungsjahr über die Höhe des entstandenen Verlustes zu entscheiden, unabhängig davon, ob nach Verrechnung im Entstehungsjahr und Rücktrag noch ein vorzutragender und festzustellender Verlustteil verbleibt.

2. Auflösungsverluste im Sinne von § 17 Abs. 4 EStG entstehen grundsätzlich, wobei die gesellschaftsrechtliche Auflösung vorausgesetzt ist, wenn Auskehrungen abgewickelt sind und nachträgliche Anschaffungskosten feststehen. Dies ist regelmäßig der Abschluss der Liquidation. Ein Auflösungsverlust ist dann zu berücksichtigen, wenn der Gesellschafter nicht mehr mit Zuteilungen und Rückzahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen rechnen kann und feststeht, ob und in welchem Umfang noch nachträgliche Anschaffungskosten oder sonstige im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigende Aufgabe- oder Veräußerungskosten anfallen werden.

3. Davon abweichend entsteht ein Auflösungsverlust in dem Zeitpunkt vor Abschluss der Liquidation, in dem feststeht, dass kein Vermögen an die Gesellschafter verteilt wird und mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlusts nicht mehr zu rechnen ist. Es muss also feststehen, dass keine (weiteren wesentlichen) Anschaffungskosten oder Auflösungskosten mehr anfallen. Indizien dafür sind: keine aktive Geschäftstätigkeit der Gesellschaft, entsprechende Angaben in der Bilanz, kein Anlagevermögen, keine Vorräte.

4. Auch bei Auflösung der Kapitalgsellschaft durch Insolvenzverfahren ist der Verlust grundsätzlich erst mit Abschluss des Insolvenzverfahrens entstanden. Ausnahmsweise entsteht der Verlust zu einem früheren Zeitpunkt, nämlich dann, wenn bereits vor dem Abschluss des Verfahrens der Verlust sicher feststeht (im Streitfall stand schon im Jahr der Insolvenzeröffnung fest, dass keine Nachschusspflichten des Gesellschafters bestanden, nachträgliche Anschaffungskosten nicht mehr anfallen würden und er auch keine Auskehrungen aus der Masse mehr erhalten würde).

 

Normenkette

EStG 2012 § 17 Abs. 1, 4, § 10d Abs. 4 S. 4, Abs. 1 S. 1, § 10d Ab S. 5; FGO § 40 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.03.2020; Aktenzeichen IX R 24/19)

BFH (Urteil vom 10.03.2020; Aktenzeichen IX R 24/19)

 

Tenor

Abweichend von dem Einkommensteuerbescheid 2013 vom 22.06.2016 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 10.03.2017 wird die Einkommensteuer 2013 unter Berücksichtigung von Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von – 43.029,06 EUR auf null Euro festgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten zu 68 % und dem Kläger zu 32 % auferlegt.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit der Klage und in der Sache über die Einordnung und den zu berücksichtigenden Betrag für ausgefallene Darlehen nebst Zinsen im Gesamtbetrag von 19.191,00 EUR, die der Kläger an eine GmbH gewährt hatte, als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 17 Abs. 4 Einkommensteuergesetz –EStG– in Höhe von – 11.514,60 EUR, die der Beklagte bereits berücksichtigt hat, oder – wie der Kläger meint – als Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von – 19.191,00 EUR und über den Ansatz von Verlusten aus Gewerbebetrieb gemäß § 17 EStG in Höhe von – 16.486,50 EUR in Bezug auf die Insolvenzeröffnung der B… GmbH in 2013. Der Beklagte will diesen Verlust erst in 2017 anerkennen.

Der Kläger hielt 100 % der Anteile der am 16.01.2009 gegründeten C… GmbH (eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts D… HRB …), die ein Stammkapital in Höhe von 25.000,00 EUR hatte. Er war auch deren Geschäftsführer. Am 14.03.2011 gewährte er der C… GmbH ein Darlehen über 15.000,00 EUR und am 20.04.2011 ein weiteres über 3.000,00 EUR. Beide Darlehen waren mit 3 % pro Jahr verzinslich vereinbart und sollten zusammen mit den Zinsen bis zum 01.03.2013 und 01.04.2013 zurückgezahlt werden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Darlehensverträge...

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