rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Berichtigung der unter Ausweis von Umsatzsteuer gegenüber Agenturen für Arbeit und Jobcentern abgerechneten Leistungen einer privaten Arbeitsvermittlerin bei vor Eintritt der materiellen und formellen Bestandskraft der Umsatzsteuerfestsetzungen unterbliebener Berufung auf die unionsrechtliche Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat eine private Arbeitsvermittlerin, die in den Jahren 2008 bis 2011 Vermittlungsleistungen an Arbeitsuchende mit einem Vermittlungsgutschein nach § 421g SGB III erbracht und unmittelbar gegenüber Agenturen für Arbeit sowie Jobcentern unter Ausweis von Umsatzsteuer abgerechnet hat, sich nicht vor Eintritt der formellen und materiellen Bestandskraft der Umsatzsteuerfestsetzungen auf die Steuerfreiheit der Vermittlungsleistungen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSyStRL (vgl. hierzu BFH, Urteil v. 29.7.2015, XI R 35/13, BStBl II 2016, 797) berufen, so ist es nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Vermittlerin die ursprünglich in den Jahren 2008 bis 2011 erteilten Rechnungen nach Eintritt der formellen und materiellen Bestandskraft der Umsatzsteuerfestsetzungen nicht mehr nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG i. V. m. § 17 UStG berichtigen kann.

 

Normenkette

UStG 2002 § 14c Abs. 1 S. 2, § 17 Abs. 1-2; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. g

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darum, ob der Antragstellerin ein Berichtigungsanspruch nach § 14c Abs. 1 Satz 2 Umsatzsteuergesetz –UStG– zusteht.

Die Antragstellerin erzielte in den Jahren 2008 bis 2011 u.a. Umsätze als private Arbeitsvermittlerin, für die sie verschiedenen Agenturen für Arbeit und JobCentern Rechnungen unter Ausweis von Vorsteuer erteilte (typischerweise über 840,34 EUR netto zuzüglich 159,66 EUR Mehrwertsteuer). Da die vermittelten Arbeitssuchenden der Antragstellerin Vermittlungsgutscheine i.S. des § 421g Sozialgesetzbuch –SGB– III in der in den Jahren 2008 bis 2011 geltenden Fassung vorgelegt hatten und die Antragstellerin diese den o.g. Rechnungsempfängerinnen vorlegte, zahlten diese die entsprechenden Beträge in Höhe von 66.000,- EUR in 2008, 61.000,- EUR in 2009, 22.500,- EUR in 2010 und 39.000,- EUR in 2011 (jeweils brutto) aus.

Die Antragstellerin unterwarf diese Umsätze in ihren am 30.07.2009 für 2008, am 14.09.2010 für 2009, am 06.05.2011 für 2010 und am 11.05.2012 für 2011 eingegangenen Umsatzsteuererklärungen der Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuererklärungen wirkten als Festsetzungen und wurden bestandskräftig.

Zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt (nach Angabe der Antragstellerin in 2017, nach Angabe der Umsatzsteuersonderprüferin in Tz 17 des Berichts über die Umsatzsteuersonderprüfung vom 23.01.2018 am 22.11.2017) berichtigte die Antragstellerin die den Agenturen für Arbeit und den JobCentern erteilten Rechnungen in der Weise, dass sie in den Rechnungen den Nettobetrag auf in der Regel jeweils 1.000,- EUR erhöhte und den darauf entfallenden Mehrwertsteuerbetrag auf 0,- EUR verminderte, verbunden mit dem Zusatz „Mehrwertsteuerbefreiung gem. UStG § 4 Nr. 15b a) Einrichtungen, die nach § 178 des SGB III zugelassen sind” (Rechtsbehelfsakte Ablehnung Änderung USt 08 – 11 – RbA08 –).

Kopien dieser Rechnungen reichte die Antragstellerin am 30.06.2017 beim Antragsgegner ein und beantragte unter Hinweis auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 19.09.2016 III C 3 – S 7171-b/15/10003, Bundessteuerblatt –BStBl– I 2016, 1042) ihr Umsatzsteuer aus den Jahren 2008 bis 2011 in Höhe von insgesamt 30.734,58 EUR zu erstatten. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf den Schriftsatz vom 30.06.2017 mit Anlagen in der RbA08 Bezug. Der Antragsgegner fasste diesen Schriftsatz als Antrag auf Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen 2008 bis 2011 auf und lehnte diesen mit Verfügung vom 02.08.2017 unter Hinweis auf die bereits eingetretene Festsetzungsverjährung ab.

Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin am 31.08.2017 Einspruch ein und machte ferner geltend, dass sie keine Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen 2008 bis 2011 begehre, sondern lediglich die Berücksichtigung von Rechnungskorrekturen gemäß § 14c UStG i.V. mit § 17 UStG begehrt habe. Das Einspruchsverfahren ist noch beim Antragsgegner anhängig.

Überdies reichte die Antragstellerin am 30.11.2017 ihre Umsatzsteuererklärung 2017 ein (Rechtsbehelfsakte USt 2017 –RbA17–, Bl. 7 ff. Gerichtsakte –GA–), mit der sie u.a. negative Umsätze in Höhe von 111.322,- EUR, steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 15b UStG in Höhe von 198.505,- EUR und eine Jahresumsatzsteuer in Höhe von -23.832,36 EUR erklärte. Daraufhin ordnete der Antragsgegner eine Umsatzsteuersonderprüfung für das Streitjahr an. Die Prüferin gelangte zu der Auffassung, dass der Antragstellerin kein Berichtigungsbetrag nach § 14c UStG i.V. mit § 17 ...

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