Tz. 160

Stand: EL 106 – ET: 06/2022

Doppelstiftungen sollen dem Zweck ihrer Konstruktion nach sowohl gemeinnützige Zwecke als auch den Erhalt eines Unternehmens verfolgen. Die Bündelung in einer einzigen Stiftung (sog Kombinationsstiftung) würde in den meisten Fällen einen Verstoß gegen die Selbstlosigkeit (§ 55 AO) und Ausschließlichkeit (§ 56 AO) darstellen.

In der Praxis wird bisweilen auf die Errichtung zweier Stiftungen (sog Doppelstiftung) zurückgegriffen. Während der gemeinnützigen Stiftung stimmrechtslose Anteile am Familienunternehmen (meist Kap-Ges) übertragen werden, stehen die zur Beherrschung notwendigen Stimmrechte einer nicht st-begünstigten (Familien-)Stiftung (bzw Familien-KG oder Familien-GmbH) zu (s Götz/Pach-Hanssenheimb, Hdb der Stiftungen, 3. Aufl Rn 1380ff; s von Löwe, Familienstiftung und Nachfolgegestaltung, 2. Aufl, § 3 Rn 48ff; s Godron in Feick, Stiftungen als Nachfolgeinstrument, § 30 Rn 2ff; mit erheblicher Kritik an der Doppelkonstruktion s Weitemeyer, Mü-Kom, § 80 BGB Rn 207ff; Anwendung des § 42 AO abl s Theuffel-Werhahn, ZStV 2015, 201).

Mittlerweile wird aber der Nutzen der Doppelstiftungsstruktur im Verhältnis zum Aufwand und der Rechtsunsicherheit im Vergleich zur gemischten Stiftung krit gesehen. So hält Reich die gemischte Stiftung als sinnvolle Alternative (Reich, DStR 2020, 265ff). Zur gemischten Stiftung s Tz 168.

 

Tz. 161

Stand: EL 106 – ET: 06/2022

Der st-begünstigten Stiftung stehen zwar grds der ihren Anteil am Grundkap entspr GA der Kap-Ges zu. Über das Ausschüttungsverhalten entscheidet jedoch die nicht st-begünstigte (Familien-)Stiftung. Hintergrund ist, dass die Beteiligung an einer Kap-Ges, die sich gew betätigt, dann keine (stfreie) Vermögensverwaltung darstellt (sondern stpfl wG), wenn tats entsch Einfluss auf die lfd Geschäftsführung genommen wird (s § 5 Abs 1 Nr 9 KStG Tz 170 Stichwort "Beteiligung an Kap-Ges"). Die Zuordnung zur stfreien Vermögensverwaltung kann erhebliche Auswirkungen auf die ErbSt-Belastung bei Stiftungserrichtung haben. Jedoch besteht häufig auch ein erhebliches außerstliches Interesse: der Erhalt und die Fortentwicklung des Unternehmens. Würde das Unternehmen unter das Diktat der Gemeinnützigkeit gestellt, würde der Erhalt und die Fortentwicklung des Unternehmens stets vom Gebot der Ausschließlichkeit (s Tz 49) und der Selbstlosigkeit (s Tz 44) flankiert. Dies kann dem Erhalt und der Fortentwicklung des Unternehmens im Einzelfall entgegenstehen (s Godron in Feick, Stiftungen als Nachfolgeinstrument, § 30 Rn 14).

 

Tz. 162

Stand: EL 106 – ET: 06/2022

Die Konstruktionen gehen bisweilen über die Abspaltung der Stimmrechte hinaus, indem durch eine Gewinnverteilungsabrede der st-begünstigten Stiftung ein im Vergleich zu ihrer Beteiligung am St-Kap geringeres Gewinnbezugsrecht zusteht. Dafür steht der "regulären" Stiftung ein höheres Gewinnbezugsrecht zu. Ein erhöhtes (bereits bei Anerkennung der Stiftung bestehendes) Gewinnbezugsrecht schlägt sich gem § 97Abs 1b S 4 BewG iRd Bewertung nach BewG nieder und führt ggf zu einer höheren ErbSt.

 

Tz. 163

Stand: EL 106 – ET: 06/2022

Bei der Anlegung der Doppelstiftung zeigt sich die Stiftung & KGaA als Mittel der Wahl. Hierbei übernimmt die Familienstiftung die Stellung als Kpl. Sie ist allein zur Führung der Geschäfte berechtigt und verpflichtet (s § 9 KStG Tz 9). Die st-begünstigte Stiftung erhält hingegen Kommanditaktien (s § 9 KStG Tz 14).

 

Tz. 164

Stand: EL 106 – ET: 06/2022

Die Gestaltung der Doppelstiftung, der dem Grunde nach ein nachvollziehbares außerstliches Interesse zu Grunde liegt, ruft im Einzelfall erhebliche (gemeinnützigkeitsrechtliche) Bedenken vor:

Sind die Leitungsgremien der st-befreiten Stiftung, der stpfl (Familien-)Stiftung und/oder dem zu erhaltenen Familienunternehmen pers-identisch, stellt sich die Frage, ob dieser Umstand auf Ebene der st-befreiten Stiftung einen wG begründet. Nach hM führt die Personalunion zur Annahme eines stpfl wG (s Binz/Sorg, ZEV 2005,520, 521; Ihle, RNotZ 2009, 621, 635; Werner, ZEV 2012,244, 247; Richter in Seifart/von Campenhausen, Stiftungsrechts-Hdb, 4. Aufl, § 12 Rn 216; Godron in Feick, Stiftungen als Nachfolgeinstrument, § 30 Rn 23). Entsch Frage ist, ob die st-befreite Stiftung durch ihre alleinige Gesellschafterstellung imstande sein muss, um unmittelbar durch die Beherrschung der Kap-Ges selbst am allg wirtsch Verkehr teilzunehmen, oder ob die tats Teilnahme durch entsch Einfluss gleich welcher Art und Weise ausreicht.

 

Tz. 165

Stand: EL 106 – ET: 06/2022

Theuffel-Werhahn beschäftigt sich in einem Beitrag (StiftungsBrief, Sonderausgabe: "Gew Beteiligung gemeinnütziger Stiftungen", 2019) ausführlich mit der Problematik der Personalunion (und Betriebsaufspaltung) bei Doppelstiftungen. Theuffel-Werhahn unterscheidet zwischen der "echten" Personalunion und der eingeschr Personalunion. Bei der echten Personalunion ist der Stiftungsvorstand gleichzeitig GF des Familienunternehmens. Bei der eingeschr Personalunion besteht die GF des Familienunternehmens aus z...

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