Art. 4 Ziff. 1 des span. Gesetzes zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken schreibt eine Neuregelung für die in Art. 9 span. ErbStG vorgesehene Berechnung der Bemessungsgrundlage vor.

Die steuerliche Bemessungsgrundlage für die Erbschaft- und Schenkungsteuer ist der Nettowert der unentgeltlich erhaltenen oder dem Nachlassvermögen hinzuzurechnenden Wirtschaftsgüter abzgl. der steuerlich abzugsfähigen Lasten, Schulden und Aufwendungen (Art. 9 span. ErbStG). Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken, war, sofern keine Sonderregelungen greifen, auf den "realen Wert" der Nachlassgegenstände bzw. den durch unentgeltliches Rechtsgeschäft übertragenen Gegenstand abzustellen. Gemeinhin wurde darunter der Verkehrs- bzw. Marktwert verstanden.

Durch das Gesetz zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken v. 11.7.2021 wurde der zentrale Begriff des "realen Wertes" durch den Begriff "Marktwert" ersetzt. Maßgeblich ist mithin der Marktwert der von Todes wegen oder durch unentgeltliches Rechtsgeschäft erworbenen Gegenstände und Rechte (Art. 9 Abs. 2 Satz 1 span. ErbStG). Der Begriff des "realen Wertes" war von je her Gegenstand zahlreicher rechtlicher Auseinandersetzungen. Durch Einführung des Begriffs "Marktwert" soll die Gefahr und das Risiko solcher Auseinandersetzungen vermieden werden. Aus diesem Grund folgt in Art. 9 Abs. 2 Satz 3 span. ErbStG eine Definition des Marktwertes: Als Marktwert gilt derjenige Preis, zu dem ein unbelasteter Gegenstand am wahrscheinlichsten an einen Dritten verkauft werden könnte.

Allerdings ist der Marktwert in zwei Fällen nicht maßgeblich:

  • Der Marktwert ist zur Berechnung der Bemessungsgrundlage nicht heranzuziehen, wenn der Steuerpflichtige, d.h. der Erbe oder der Schenkungsnehmer, einen höheren Wert angegeben hat (Art. 9 Abs. 2 Satz 2 span. ErbStG).
  • Werden Immobilien von Todes wegen oder durch unentgeltliches Rechtsgeschäft unter Lebenden übertragen, ist nicht der Marktwert, sondern der am Tage der Entstehung der Steuerpflicht geltende Katasterreferenzwert heranzuziehen (Art. 9 Abs. 3 Satz 1 span. ErbStG), sofern der Steuerpflichtige keinen höheren Wert angegeben hat (Art. 9 Abs. 3 Satz 2 span. ErbStG). Dies gilt für städtische Liegenschaften und bebaute ländliche Liegenschaften, nicht aber für unbebaute ländliche Liegenschaften.

Sofern kein Referenzwert vorliegt oder dieser von der Generaldirektion des Katasters nicht bescheinigt werden kann, gilt unbeschadet einer Überprüfung seitens des FA der höhere der folgenden Werte, d.h. der von den Beteiligten angegebene Wert oder der nach Art. 9 Abs. 2 Satz 3 span. ErbStG ermittelte Marktwert.

Zusammenfassend lässt sich festhalten:

  • Grundsätzlich gilt der Marktwert als Mindestwert.
  • Im Falle von städtischen und ländlichen bebauten Immobilien ist, wenn er vorliegt, der Katasterreferenzwert der Mindestwert und der Marktwert der Höchstwert.

Die Berechnungsweise des Referenzwertes wird i.E. in der dritten Schlussbestimmung des Gesetzes zum Immobilienkataster beschrieben (Königliches Gesetzesdekret 1/2004 v. 5.3.2004, wodurch der überarbeitete Text des Gesetzes zum Immobilienkataster verabschiedet worden ist, veröffentlicht im BOE Nr. 58 v. 8.3.2004 i.V.m. Art. 14 Abs. 8 des Gesetzes. zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken.

Danach wird der Referenzwert jährlich neu ermittelt, und zwar in allen Gemeinden gleichzeitig. Festgestellt wird ein Durchschnittswert, der, basierend auf den Kaufpreisen, die in allen Kaufverträgen, die notariell beurkundet und/oder in das Grundbuch eingetragen worden sind, aufgenommen worden sind. Diese Preise werden in den Jahresberichten der Generaldirektion des Katasters zum Immobilienmarkt festgehalten.

Der konkrete Referenzwert einer städtischen oder einer ländlichen bebauten Immobilie wird unter Berücksichtigung des vorgenannten Durchschnittswertes und unter Einbeziehung des Alters sowie des Erhaltungszustandes der Liegenschaft berechnet. Im Falle von ländlichen unbebauten Grundstücken wird, ausgehend von dem Durchschnittswert die Lage sowie die Nutzungsart der Liegenschaft berücksichtigt.

Der Katasterreferenzwert darf den Marktwert nicht überschreiten (Dritte Schlussbestimmung, Satz 3 des Gesetzes zum Immobilienkataster). Zur Korrektur des beschriebenen Durchschnittswertes und eine möglichst realistische Anpassung an die Preise des Immobilienmarktes, ist vorgesehen, dass das Finanzministerium durch Erlass einen Reduktionskoeffizienten festlegt. Der Referenzwert wird mithin als Mindestwert zur Bestimmung der Bemessungsgrundlage u.a. der Erbschaft- und Schenkungsteuer verstanden.

Beraterhinweis Die vorstehend beschriebene Berechnungsweise des Referenzwertes wird bereits jetzt kritisiert. Festgelegt werden, so die Kritiker, Durchschnittswerte, die für bestimmte Wohngebiete gelten sollen. Nicht berücksichtigt werden indes konkrete Faktoren, wie Größe, Lage des konkreten Objektes. So könnten selbst Wohnungen, die Teil eines Gebäudes sind, so die Kritiker, je nach Lage und Zustand unters...

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