Gesetzestext

 

Nach dem Berichtstermin hat der Insolvenzverwalter unverzüglich das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwerten, soweit die Beschlüsse der Gläubigerversammlung nicht entgegenstehen.

Bisherige gesetzliche Regelungen: § 117 Abs. 1 KO, § 17 Abs. 1 GesO§ 178 RegE, § 168 RefE

1. Art der Verwertung

 

Rn 1

Nach der Vorschrift des § 159 hat der Verwalter die von der Gläubigerversammlung gemäß § 157 getroffenen Entscheidungen durch Verwertung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens umzusetzen. Verwertung in diesem Sinne ist weiter zu fassen als nach der bisherigen Vorschrift des § 117 KO oder § 17 Abs. 1 GesO. Nach herrschender Auffassung waren die KO und die GesO ausschließlich von dem Gedanken der Liquidation als Verwertung getragen (wenn auch eine zeitweilige Fortführung des Unternehmens durch den Verwalter als zulässig angesehen wurde, sofern sich hierdurch eine günstigere Verwertung ergab[1]), eine Sanierung des Schuldners oder eine übertragende Sanierung waren nicht ausdrücklich vorgesehen. Dieses ist nach dem Grundgedanken der InsO anders. Wie bereits unter § 156 Rn. 11 dargestellt, stehen die Liquidation, die Sanierung des Schuldners und die übertragende Sanierung jetzt nicht nur in der Praxis, sondern auch nach dem Gesetz gleichberechtigt als mögliche Arten der Verwertung nebeneinander. Für § 159 heißt dieses, dass der Verwalter in Umsetzung der im Berichtstermin von der Gläubigerversammlung gefassten Beschlüsse "ggf. das Unternehmen stillzulegen oder einen Sanierungs-, Schuldenregulierungs- oder Liquidationsplan auszuarbeiten"[2] hat. Hierzu ist er verpflichtet, auch wenn die Gläubigerversammlung ihn insoweit nicht ausdrücklich aufgefordert hat.

 

Rn 2

Die praktische Bedeutung der Vorschrift ergibt sich aus ihrem Zusammenspiel mit den anderen – neuen – Vorschriften der InsO. § 159 ist insoweit lediglich eine Art Generalklausel. Bei der Verwertung hat der Verwalter neben den Vorgaben der Gläubiger gemäß Berichtstermin unbedingt die Zustimmungserfordernisse nach § 160 zu beachten; im Übrigen aber nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, was bedeutet, dass er eine möglichst günstige Verwertung vorzunehmen hat.[3] Dabei ist er nicht zur Selbstvornahme verpflichtet; er kann sich Dritter und deren Sachkunde zur Verwertung bedienen.[4]

[2] Begr zu § 178 RegE, BT-Drs. 12/2443, S. 174.
[3] OLG Düsseldorf KTS 1973, 270 (271 f.).
[4] MünchKomm-Görg, § 159 Rn. 9.

1.1 Sofortige Zerschlagung

 

Rn 3

Verwertung heißt im Falle der Liquidation Stilllegung des Unternehmens und Umsetzung in Geld durch Verkauf der einzelnen Vermögensgegenstände (zum zeitlichen Ablauf bei dieser Vorgehensweise siehe Rn. 35 ff.). Dabei sind folgende Besonderheiten zu beachten:

1.1.1 Gegenständliches Anlagevermögen

 

Rn 4

Eine Möglichkeit, im Wege der Liquidation Gegenstände zu Geld zu machen, ist der freihändige Verkauf. Dabei wird der Verwalter ggf. einen Marktwert zu beachten haben, von dem er nicht allzu weit abweichen sollte. Es gelten zwar keine Sondervorschriften, aber die allgemeinen Vorschriften sind zu beachten (z.B. § 8 Abs. 2 UWG bei Räumungsverkäufen,[5] Zubehöreigenschaft bei Grundstücksverkäufen, fremde Patente oder Warenzeichen, Erlöschen der Vorkaufsrechte Dritter nach § 512 BGB a.F., steuerliche Regelungen bezüglich erzielter Veräußerungsgewinne usw.). Abweichend von § 1 UWG darf der Verwalter Insolvenzware auch unter Herstellungs- bzw. Anschaffungspreis veräußern und ist keinen Preisbindungen unterworfen.[6] Bei der Werbung für den Verkauf sind wettbewerbsrechtliche Vorgaben zu beachten, wobei infolge der Insolvenzsituation auch auf die gewährten Preisvorteile hingewiesen werden darf.[7]

 

Rn 5

In der Praxis wird – zur Eindämmung des Gewährleistungsrisikos – dabei regelmäßig ein Gewährleistungsausschluss[8] zugunsten der Insolvenzmasse vereinbart. Seit dem In-Kraft-Treten der Schuldrechtsreform ist diese Vorgehensweise allerdings bei beweglichen Sachen[9] gegenüber Verbrauchern nicht mehr möglich, § 474 Abs. 1 BGB.[10]

 

Rn 6

Daneben steht dem Verwalter auch die Versteigerung zur Verfügung.[11] Wenn er auch auf diese Weise regelmäßig nur einen geringeren Erlös erwirtschaften wird, so vermeidet er andererseits Gewährleistungsansprüche gegen die Masse (vgl. § 56 Satz 3 ZVG, § 474 Abs. 1 Satz 2 BGB).[12] Allerdings gilt diese Möglichkeit bei der Pfandversteigerung nicht uneingeschränkt, § 445 BGB.[13] Darum muss der Verwalter bei seiner Verwertung diese beiden Möglichkeiten gegeneinander abwägen. Die Entscheidung steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen.[14]

 

Rn 7

Zuletzt steht dem Verwalter noch die Möglichkeit einer Freigabe (dazu § 35 Rn. 104 ff.) zur Verfügung. Diese kommt immer dann in Betracht, wenn der Erlös der Verwertung voraussichtlich hinter den Kosten zurückbleibt. Besonders lukrative Verwertungsmöglichkeiten eines Gläubigers können möglicherweise durch eine modifizierte Freigabe (§ 170 Rn. 10) für die Masse nutzbar gemacht werden (zu den steuerlichen Folgen § 38 Rn. 68 ff.).

 

Rn 8

Die in § 117 Abs. 2 KO enthaltene Einschränkung der Verwertung der Geschäftsbüch...

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