Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtvorlage der Prozeßvollmacht

 

Leitsatz (NV)

Wenn im Beschwerdeverfahren vor dem BFH trotz Aufforderung durch die Geschäftsstelle des betreffenden Senats die Prozeßvollmacht nicht vorgelegt wird, ist das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen. §88 Abs. 2 ZPO gilt im finanzgerichtlichen Verfahren nicht.

 

Normenkette

FGO § 128 Abs. 1; ZPO § 88 Abs. 2; FGO § 62 Abs. 3 Sätze 1, 3

 

Tatbestand

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) hatte beim Finanzgericht (FG) die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens (§82 der Finanzgerichtsordnung -- FGO -- i. V. m. §§485 ff. der Zivilprozeßordnung -- ZPO --) beantragt, diesen Antrag später aufgrund eines Hinweises des Gerichts aber wieder zurückgenommen. Daraufhin stellte das FG das Verfahren entsprechend §72 Abs. 2 Satz 2 FGO durch Beschluß ein.

Hiergegen erhob der Rechtsanwalt B "namens und in Vollmacht der Antragstellerin ... sofortige Beschwerde". Trotz zweimaliger Aufforderung durch die Geschäftsstelle des Senats (Schreiben vom 8. Oktober und vom 12. November 1998) hat Rechtsanwalt B für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) eine Prozeßvollmacht nicht vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

Das als Beschwerde nach §128 Abs. 1 FGO anzusehende Rechtsmittel ist unzulässig, da die Bevollmächtigung des namens der Antragstellerin aufgetretenen Rechtsanwalts B nicht durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nachgewiesen worden ist (§62 Abs. 3 Satz 1 FGO).

Die (rechtzeitige) Vorlage einer ordnungsgemäßen Prozeßvollmacht betrifft die Wirksamkeit der Rechtsmitteleinlegung und ist vom Gericht als positive Sachentscheidungs- und Prozeßhandlungsvoraussetzung in jeder Verfahrenslage von Amts wegen zu prüfen (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, §62 Rz. 2, m. w. N.). §88 Abs. 2 ZPO gilt im finanzgerichtlichen Verfahren nicht (BFH- Urteil vom 18. Februar 1987 II R 213/84, BFHE 149, 19, BStBl II 1987, 392). Wird eine Vollmacht nicht vorgelegt, ist das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen. Der vorherigen Setzung einer Ausschlußfrist gemäß §62 Abs. 3 Satz 3 FGO bedarf es nicht. Es genügt, daß das Gericht im Hinblick auf die Möglichkeit der Nachreichung der Vollmacht den Betroffenen auf den Mangel hinweist, d. h. ihn zur Vorlage der Vollmacht auffordert (vgl. BFH-Beschluß vom 13. August 1996 II B 73/96, BFH/NV 1997, 57). Dies ist im Streitfall wiederholt durch die Geschäftsstelle des Senats geschehen. Rechtsanwalt B hat darauf jedoch nicht reagiert.

Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht gegenüber der Antragstellerin persönlich. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind jedoch Rechtsanwalt B aufzuerlegen, weil dieser als vollmachtloser Vertreter das erfolglose Beschwerdeverfahren veranlaßt hat (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z. B. den Senatsbeschluß vom 12. Juli 1988 VII B 21/88, BFH/NV 1990, 48).

 

Fundstellen

BFH/NV 1999, 823

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