Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe

 

Leitsatz (NV)

Zu den Voraussetzungen der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe bei einer infolge Mittellosigkeit persönlich eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde.

 

Normenkette

FGO §§ 56, 142; ZPO § 114 S. 1, § 117 Abs. 1-2, 4; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand

Der Kläger, Beschwerdeführer und Antragsteller (Antragsteller) hat gegen einen Beschluß des Finanzgerichts (FG) persönlich Beschwerde eingelegt. Ein nachgereichter Schriftsatz enthält den wörtlichen Zusatz: "Im Rahmen der beantr. PKH u. d. Ankündigung der Wiedereinsetzung nach d. Entschdg. der PKH".

 

Entscheidungsgründe

Der Senat hält für möglich, diese Zusatzäußerung des Antragstellers als Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren zu werten (vgl. auch den Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 18. Oktober 1989 II B 130/89, BFH/NV 1990, 665).

Dieser Antrag ist jedoch abzulehnen.

Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 114 Satz 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die vom Antragsteller im Streitfall beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet indessen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die von ihm eingelegte Beschwerde ist unzulässig, weil der Antragsteller bei ihrer Einlegung nicht durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten war (Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs). Zwar kommt -- worauf der Antragsteller möglicherweise abzielt -- in den Fällen, in denen ein Beteiligter infolge Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, das Rechtsmittel fristgerecht durch einen befugten Vertreter vor dem BFH einzulegen, insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 Abs. 1 FGO) in Betracht. Im Falle der späteren Entscheidung über ein PKH-Gesuch steht der Wiedereinsetzung grundsätzlich auch nicht die Ausschlußfrist nach § 56 Abs. 3 FGO entgegen (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 56 Anm. 42, 63 m. w. N.).

Eine Wiedereinsetzung setzt jedoch voraus, daß der Rechtsmittelführer ohne Verschulden verhindert war, die gesetzliche Frist einzuhalten. Davon kann nur ausgegangen werden, wenn er innerhalb der Rechtsmittelfrist alles in seinen Kräften Stehende und Zumutbare getan hat, um das in seiner Mittellosigkeit bestehende Hindernis zu beheben. Das bedeutet, daß er bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist alle Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH zur Einlegung des Rechtsmittels schaffen muß. Dazu gehört, daß er innerhalb dieser Frist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darstellt (§ 117 Abs. 1 ZPO) und zudem unaufgefordert die nach § 117 Abs. 2 ZPO dem Antrag auf Gewährung von PKH beizufügende Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) auf dem eingeführten Vordruck (§ 117 Abs. 4 ZPO), sowie entsprechende Belege beifügt (BFH-Beschlüsse vom 5. November 1986 IV S 7/86, IV B 49/86, BFHE 148, 13, BStBl II 1987, 62 m. w. N.; vom 10. November 1993 XI S 11/93, BFH/NV 1994, 657, und vom 14. September 1994 I S 13/94, I B 82/94, I R 59/94, BFH/NV 1995, 724). Unterläßt er dies, kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht.

Im Streitfall hat der Antragsteller innerhalb der Rechtsmittelfrist kein erkennbar hinreichend begründetes Gesuch um Gewährung von PKH eingereicht. Auch seinen zusätzlichen späteren Schriftsätzen ist nicht das erforderliche substantiierte Vorbringen zu dessen Begründung zu entnehmen (BFH- Beschluß vom 7. Januar 1992 VII S 50/91, BFH/NV 1992, 543; Gräber/Koch, a. a. O., § 56 Anm. 15).

Im übrigen hat der Antragsteller für den Streitfall auch nicht die erforderliche Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb der Rechtsmittelfrist abgegeben sowie entsprechende Belege beigefügt. Da ihm die Möglichkeit, PKH zu erlangen, offensichtlich bekannt war, hätte er sich Kenntnis über die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Antragstellung verschaffen müssen. Andernfalls trug er das Risiko des Rechtsverlustes. Eine Verpflichtung des FG, ihn über das erforderliche Verfahren aufzuklären, bestand nicht (BFH-Beschlüsse vom 29. Oktober 1990 III B 463/90, III S 9/90, BFH/NV 1991, 621, und vom 13. Oktober 1993 II S 20/93, BFH/NV 1994, 654; Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juni 1983 1 BvR 277/83, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Finanzgerichtsordnung, § 142, Rechtsspruch 33). Dies gilt auch, wenn die Vermögenslosigkeit eines Antragstellers bekannt ist.

Aus den dargestellten Gründen ist nicht damit zu rechnen, daß dem Antragsteller wegen der Versäumung der Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden wird.

Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen (BFH-Beschluß vom 17. Juli 1969 V B 29/69, BFHE 96, 257, BStBl II 1969, 593).

 

Fundstellen

Haufe-Index 421259

BFH/NV 1996, 500

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