Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweis der Prozeßvollmacht bei Streitgenossen; keine Umdeutung der Revision in Nichtzulassungsbeschwerde

 

Leitsatz (NV)

1. Wird von zwei Streitgenossen Revision eingelegt, so reicht die vom ersten Streitgenossen allein im eigenen Namen erteilte Prozeßbevollmächtigung für den zweiten Streitgenossen auch dann nicht aus, wenn dieser seine steuerlichen ,,Rechte und Pflichten" an den ersten Streitgenossen ,,abgetreten" hat.

2. Eine (nicht zugelassene) Revision kann grundsätzlich nicht in eine Nichtzulassungsbeschwerde umgedeutet werden.

 

Normenkette

BFHEntlG Art. 1 Nr. 5; FGO § 62 Abs. 3, §§ 115, 116 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) waren verheiratet und sind seit November 1979 geschieden. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hat mit dem Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1978 einen Spekulationsgewinn erfaßt, dessen Höhe Streitgegenstand des finanzgerichtlichen Klageverfahrens war. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) als unzulässig, die des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) als unbegründet abgewiesen. Das am 4. September 1985 ergangene FG-Urteil ist den Klägern am 24. September 1985 zugestellt worden. In der diesem Urteil beigefügten Rechtsmittelbelehrung ist darauf hingewiesen, daß den Beteiligten entsprechend dem Gesetz zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) i. d. F. des Gesetzes zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher und finanzgerichtlicher Verfahren vom 4. Juli 1985 (BGBl I 1985, 1274, BStBl I 1985, 496) die Revision an den Bundesfinanzhof (BFH) zustehe, wenn die Revision vom FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung vom BFH zugelassen sei. Das FG hat die Revision nicht zugelassen.

Die Kläger haben am 24. Oktober 1985 mit Schreiben vom 23. Oktober 1985 gegen das FG-Urteil Revision eingelegt und mit Schriftsatz vom 22. November 1985, beim BFH eingegangen am 25. November 1985, beantragt, unter Aufhebung des FG-Urteils sowie des Einkommensteuerbescheids für 1978 in Gestalt der Einspruchsentscheidung den Einkommensteuerbescheid für 1978 dahingehend zu ändern, daß von einem Spekulationsgewinn in Höhe von 4 285 DM auszugehen sei. Zur Begründung wurde geltend gemacht, daß durch die Abweisung der Klage der Klägerin § 44 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verletzt worden sei. In materiell-rechtlicher Hinsicht habe das FG unter Abweichung von der Rechtsprechung des BFH den Spekulationsgewinn unzutreffend ermittelt. Auf den Hinweis durch das FA, daß hier die Revision mangels Zulassung unzulässig sei, beantragen die Kläger mit Schriftsatz vom 17. April 1986, ihr Rechtsmittel in eine Nichtzulassungsbeschwerde umzudeuten, die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützt werde, wie sich aus ihrem Schriftsatz vom 22. November 1985 ergebe.

Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.

Nach Aufforderung der Geschäftsstelle des Senats zur Vollmachtsvorlage haben die Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 25. November 1985 eine allein dessen Namen ausweisende und von ihm unterzeichnete Vollmacht für das Revisionsverfahren vorgelegt (die von den Klägern getrennt im finanzgerichtlichen Verfahren erteilten Prozeßvollmachten bezogen sich nur auf dieses Verfahren). Nach Erinnerung der Geschäftsstelle an die Vorlage der Prozeßvollmacht für die Klägerin haben die Prozeßbevollmächtigten eine mit dem 6. November 1985 datierte schriftliche ,,Abtrittserklärung" der Klägerin eingereicht, wonach sie alle Rechte und Pflichten in der streitigen Rechtssache wegen Einkommensteuer 1978 gegen das beklagte FA an den Kläger abtritt. Diese Abtretungserklärung sei als Vertretungsermächtigung für das Revisionsverfahren anzusehen, so daß der Kläger mit Vollmacht der Klägerin eine Anwaltsvollmacht erteilt habe. Mit Schreiben vom 31. Juli 1986 hat die Geschäftsstelle die Prozeßbevollmächtigten davon unterrichtet, daß Bedenken beständen, ob die Abtretungserklärung den Anforderungen des § 62 Abs. 3 FGO genüge und zur Vorlage der Vollmacht eine weitere Frist bis spätestens 29. August 1986 gesetzt.

 

Entscheidungsgründe

Die von den Klägern als Streitgenossen eingelegten Revisionen sind unzulässig.

1. Hinsichtlich der Revision der Klägerin fehlt es schon an der Verfahrensvoraussetzung, daß die Prozeßbevollmächtigten nicht den nach § 62 Abs. 3 FGO erforderlichen schriftlichen Nachweis ihrer Bevollmächtigung erbracht haben. Eine Prozeßvollmacht ist nur dann ordnungsgemäß erteilt, wenn sie klar erkennen läßt, wer wen wozu bevollmächtigt hat (BFH-Urteil vom 17. Juli 1984 VIII R 20/82, BFHE 141, 463, BStBl II 1984, 802). Aus der vom Kläger ausdrücklich allein im eigenen Namen erteilten Vollmacht ergibt sich nicht, daß sie auch im Namen der Klägerin erteilt sein soll. Auf die Frage, ob die Abtretungserklärung der Klägerin als Bevollmächtigung des Klägers gewertet werden könnte, für die Klägerin das Revisionsverfahren durchzuführen, kommt es deshalb nicht an.

2. Auch die Revision des Klägers ist unzulässig.

Der Kläger hat mit dem Schreiben vom 23. Oktober 1985 ausdrücklich Revision eingelegt und dementsprechend mit dem Schriftsatz vom 22. November 1985 den nur im Revisionsverfahren möglichen Antrag gestellt, das FG-Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid zu ändern. Die Revision ist jedoch vom FG nicht zugelassen worden. Eine Zulassung durch den BFH kommt nicht in Betracht. Denn der Kläger hat keine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Aus seinem Schriftsatz zur Revisionsbegründung ergibt sich nicht, daß er zugleich die Nichtzulassung der Revision angreift. Eine Umdeutung der Revision in eine Nichtzulassungsbeschwerde ist auch nach Abschaffung der Streitwertrevision zugunsten der zulassungsgebundenen Revision gemäß Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG in der Neufassung durch das Gesetz vom 4. Juli 1985 (BGBl I 1985, 1274, BStBl I 1985, 496) grundsätzlich ausgeschlossen (BFH-Beschluß vom 19. Dezember 1985 V R 131/85, BFH/NV 1986, 297).

Gründe für eine zulassungsfreie Revision i. S. des § 116 Abs. 1 FGO hat der Kläger nicht geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Hinsichtlich des Revisionsverfahrens der Klägerin haben die Prozeßbevollmächtigten als vollmachtlose Vertreter die Kosten zu tragen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10. November 1966 V R 46/66, BFHE 87, 1, BStBl III 1967, 5 und vom 2. Mai 1969 III R 123/68, BFHE 95, 430, BStBl II 1969, 438).

 

Fundstellen

Haufe-Index 414815

BFH/NV 1987, 183

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge