Entscheidungsstichwort (Thema)

Revisibilität von Zolltarifurteilen

 

Leitsatz (NV)

1. Zur zulassungsfreien Revision gegen Urteile in Zolltarifsachen.

2. Ein zulassungsfrei revisibles Zolltarifurteil (1.) liegt nicht vor, wenn das FG auch nicht stillschweigend über die Tarifierung erkannt, sondern lediglich im Tatbestand seiner Entscheidung die zolltarifliche Ansprache erwähnt hat.

 

Normenkette

FGO § 116 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ließ in der Zeit vom 14. April bis 31. Juli 1987 Bleche aus Stahl (Zolltarifnr. 73.13), die 1986 in den Niederlanden im Rahmen einer aktiven Veredelung aus drittländischem Warmbreitbandstahl (Zolltarifnr. 73.08) hergestellt worden waren, bei dem beklagten und revisionsbeklagten Hauptzollamt (HZA) zum freien Verkehr abfertigen. Das HZA erhob den Zoll für Bleche, forderte jedoch, nachdem es festgestellt hatte, daß Veredelungserzeugnisse eingeführt worden waren, den sich aus dem Unterschied zwischen den erhobenen Abgaben und denjenigen für die unveredelten Waren ergebenden Betrag an Zoll und Antidumpingzoll nach (Steueränderungsbescheid vom 19. Januar 1989, Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 1994).

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, der Nachforderungsanspruch bestehe auf Grund der einschlägigen veredelungsrechtlichen Gemeinschaftsvorschriften zu Recht; Art. 5 der EG-Nacherhebungsverordnung stehe der Nachforderung nicht entgegen. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Klägerin hat Nichtzulassungsbeschwerde (VII B ... ) und Revision eingelegt. Sie hält in erster Linie die zulassungsfreie Revision nach § 116 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) für gegeben und stützt sich insoweit auf Rechtsprechung des beschließenden Senats (Urteil vom 1. Dezember 1992 VII R 53/92, BFH/NV 1993, 515 f.; Beschluß vom 24. Januar 1995 VII B 146/94, BFH/NV 1995, 708). Allein die Möglichkeit einer revisionsgerichtlichen Überprüfung der zolltariflichen Einordnung führe dazu, daß eine die zulassungsfreie Revision eröffnende Zolltarifsache anzunehmen sei. Über die Zulässigkeit der Revision solle zunächst gesondert und vorab durch Zwischenurteil (Gerichtsbescheid) entschieden werden. Es bleibe vorbehalten, die Sachrüge wegen unrichtiger Anwendung von Art. 5 der EG-Nacherhebungsverordnung näher auszuführen.

Einen ausdrücklichen Revisionsantrag hat die Klägerin nicht gestellt. Sie hat aber in der Sache VII B ... gebeten, zunächst über die vorliegende Revision (deren Zulässigkeit) zu entscheiden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

Für eine gesonderte Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsmittels ist kein Raum, da der Streit zur Endentscheidung reif ist (Hinweis auf den Senatsbeschluß vom 20. Juni 1995 VII R 24/95, BFH/NV 1995, 1081). Diese Entscheidung hat durch Beschluß zu ergehen (§ 124, § 126 Abs. 1 FGO).

Die Revision ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht gemäß § 116 Abs. 2 FGO statthaft. Da sie, weil unstatthaft, verworfen werden muß, kommt es auf eine (weitere) Begründung der Revision sowie darauf, ob der nach § 120 Abs. 2 FGO erforderliche Revisionsantrag vorliegt, nicht an.

Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden (Beschlüsse vom 10. August 1992 VII R 24/92, BFH/NV 1993, 337, und vom 8. Juni 1993 VII B 58/93, BFH/NV 1994, 433 a. E.; vgl. auch Beschluß vom 26. Februar 1991 VII R 41/89, BFHE 164, 5, BStBl II 1991, 526), daß ein Urteil, das -- bei unstreitiger zolltariflicher Rechtslage -- allein die Frage der Nacherhebung von Zoll betrifft, keine Erkenntnis in einer Zolltarifsache und somit nicht als solches revisibel ist. Dasselbe gilt für Entscheidungen in anderen nichttariflichen Zollrechtsfragen (z. B. Senat, Beschluß vom 1. Dezember 1992 VII R 59/92, BFH/NV 1993, 338 -- außertarifliche Zollfreiheit). Aus dieser rechtlichen Beurteilung, an der festzuhalten ist, ergibt sich, daß die Vorentscheidung, die lediglich das Recht der Veredelung und der Nacherhebung betrifft, nicht als Urteil in einer Zolltarifsache betrachtet werden kann. Daran ändert auch nichts, daß das FG von der Feststellung ausgegangen ist, daß die Veredelungserzeugnisse -- Bleche -- aus Stahl hergestellt worden waren. Eine auch nur stillschweigende Entscheidung über die Tarifierung ist darin nicht zu sehen. Sie ist jedoch, auch nach der von der Klägerin angeführten Rechtsprechung (jeweils von der Vorinstanz bestätigte Tarifierung), für "Urteile in Zolltarifsachen" erforderlich.

Im Hinblick hierauf kann im Streitfall die Zulassung der Revision nur mittels der Nichtzulassungsbeschwerde erreicht werden. Über sie wird gesondert zu entscheiden sein. Bei Erfolg der Beschwerde wird die unzulässige Revision nicht nachträglich statthaft (Bundesfinanzhof, Beschlüsse vom 12. April 1991 III R 181/90, BFHE 164, 179, 181 f., BStBl II 1991, 638, und vom 31. August 1992 V R 9/92, BFH/NV 1993, 313).

 

Fundstellen

BFH/NV 1996, 338

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