Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung der Rechtsbehelfsschrift; Unzulässigkeit einer NZB

 

Leitsatz (NV)

1. Zur Auslegung einer "Beschwerde" nach Erlaß eines Gerichtsbescheides durch das FG (Antrag auf mündliche Verhandlung oder NZB).

2. Ein Verfahrensmangel ist nicht i. S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO bezeichnet, wenn mit der Beschwerdeschrift zwar geltend gemacht wird, in Beziehung auf die Versäumung einer vom FG gesetzten Ausschlußfrist hätten die Voraussetzungen des § 56 FGO vorgelegen, aber nicht deutlich wird, ob es das FG pflichtwidrig unterlassen hat, die Anwendbarkeit des § 56 FGO zu prüfen, oder ob dem FG bei einer solchen Prüfung Rechtsfehler unterlaufen sind (Verkennung des Tatbestandsmerkmals Verschulden).

 

Normenkette

FGO §§ 56, 62 Abs. 3 S. 3, § 65 Abs. 2 S. 2, §§ 90a, 115 Abs. 3 S. 3

 

Tatbestand

Mit Schriftsatz vom 24. Juli 1995 hatte die Prozeßbevollmächtigte der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) gegen den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für Dezember 1993 Klage beim Finanzgericht (FG) erhoben und um Fristverlängerung für die Vorlage der Prozeßvollmacht und der Klagebegründung bis zum 31. August 1995 gebeten.

Bis zu diesem Zeitpunkt setzte ihr der Senatsvorsitzende unter Hinweis auf § 62 Abs. 3 Satz 3 und § 65 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Frist mit ausschließender Wirkung zur Nachreichung der Vollmacht und zur Bezeichnung des Gegenstands der Klage.

Vollmacht und Klagebegründung gingen beim FG erst am 14. September 1995 ein.

Das FG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14. September 1995 als unzulässig ab, da die Prozeßbevollmächtigte die gesetzten Ausschlußfristen versäumt habe und Wiedereinsetzungsgründe (§ 56 FGO) weder dargelegt noch sonst ersichtlich seien.

Hierauf hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 18. Oktober 1995 "gegen die Nichtzulassung" der "Klagebegründung und der eingereichten Vollmacht" "Beschwerde" eingelegt und ausgeführt, die Ausschlußfristen seien nicht infolge grober Fahrlässigkeit unbeachtet geblieben, vielmehr lägen "einfache Verzögerungen, bedingt durch Urlaub bzw. Sommerferien" vor.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat sieht mit dem FG (Nichtabhilfebeschluß vom 19. Oktober 1995) in dem Schriftsatz der Klägerin vom 18. Oktober 1995 eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision und nicht einen Antrag auf mündliche Verhandlung. Die Klägerin hat einer entsprechenden Behandlung ihres Rechtsbehelfs im Laufe des Verfahrens nicht widersprochen.

Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, das Urteil des FG von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) abweicht oder die angefochtene Entscheidung auf einem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann. In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des BFH, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Aus der Beschwerdeschrift ergibt sich nicht, auf welchen der genannten Zulassungsgründe die Klägerin ihre Beschwerde stützt. Dem Schriftsatz kann lediglich die Rechtsansicht entnommen werden, die Voraussetzungen des § 56 FGO für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hätten vorgelegen. Die Beschwerdeschrift läßt aber nicht erkennen, ob das FG nach Ansicht der Klägerin Veranlassung hatte, in eine nähere Prüfung der Voraussetzungen des § 56 FGO einzutreten und dies unterlassen habe, oder ob ihm bei stattgefundener Prüfung Rechtsfehler (Verkennung des Tatbestandsmerkmals "Verschulden" in § 56 FGO) unterlaufen sein sollen. Deshalb scheidet auch die Möglichkeit aus, daß ein Verfahrensmangel i. S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO bezeichnet worden sei.

Von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421426

BFH/NV 1996, 899

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge