Entscheidungsstichwort (Thema)

Bedingt eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde

 

Leitsatz (NV)

Eine neben der Revision hilfsweise eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist i.d.R. als bedingtes Rechtsmittel unzulässig.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 3

 

Tatbestand

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat die Steuerberaterprüfung 1985 nicht bestanden. Ihre Klage gegen die Prüfungsentscheidung blieb erfolglos. Mit Schreiben vom 4. August 1987 legte die Klägerin - vertreten durch einen Rechtsanwalt - Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) ein. In demselben Schreiben heißt es weiter: ,,Für den Fall, daß die Revision nicht - wegen der gerügten Verfahrensmängel im Sinne des § 116 FGO - (nicht) per se zulässig sein sollte, lege ich hiermit namens der Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde ein . . . ".

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig, weil sie bedingt eingelegt worden ist.

Wegen der im Prozeßrecht erforderlichen Klarheit über das Schweben oder das Nichtschweben eines Rechtsstreits wird die bedingte Einlegung eines Rechtsmittels allgemein als unzulässig angesehen (Beschluß des Senats vom 22. Juni 1982 VII B 115/81, BFHE 136, 70, BStBl II 1982, 603 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen; Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., Vor § 115 Rdziff. 10 und § 115 Rdziff. 54). Ob ein Rechtsmittel bedingt eingelegt worden ist, ist eine Frage der Auslegung, der auch Prozeßhandlungen zugänglich sind (BFHE 136, 70, BStBl II 1982, 603). Die vorliegende Nichtzulassungsbeschwerde ist als bedingt eingelegt anzusehen.

Die Klägerin hat ihre Nichtzulassungsbeschwerde, wie sie ausdrücklich zum Ausdruck gebracht hat, nur für den Fall erhoben, daß ihr in erster Linie eingelegtes Rechtsmittel - die Revision - ohne Zulassung vom Revisionsgericht nicht für statthaft angesehen werden sollte (vgl. ebenso für einen gleichliegenden Sachverhalt: Beschluß des Senats vom 19. November 1985 VII B 70/85, BFH/NV 1986, 344). Das ergibt sich auch daraus, daß in der Begründung des Rechtsmittelschreibens zunächst - unter A - zur Darlegung der Zulässigkeit der Revision wesentliche Verfahrensmängel i.S. des § 116 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gerügt werden und sodann - unter B - die Nichtzulassungsbeschwerde mit grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, Divergenz und Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO) begründet wird. Nach der Vorstellung der Klägerin sollte damit das Revisionsgericht die Nichtzulassungsbeschwerde und die dafür vorgebrachte Begründung nur dann prüfen, wenn es der Revisionsbegründung, daß die Voraussetzungen für eine zulassungsfreie Revision gemäß § 116 FGO gegeben seien, nicht folgen sollte. Daß im Streitfall eindeutig ein Bedingungsverhältnis gewollt ist, ergibt sich schließlich noch daraus, daß auf Seite 4 der Rechtsmittelschrift von der ,,hilfsweisen" und der ,,vorsorglich" erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde die Rede ist (vgl. die Beschlüsse des Senats in BFHE 136, 70, BStBl II 1982, 603 und BFH/NV 1986, 344). Ein vorsorglich eingelegtes Rechtsmittel ist zwar wirksam und begründet grundsätzlich die Kostenpflicht (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Juni 1958 III 207/57 U, BFHE 67, 219, BStBl III 1958, 356). Wie der Senat in BFHE 136, 70, BStBl II 1982, 603, 604 ausgeführt hat, ist aber die Wirksamkeit eines Rechtsmittels von dessen Zulässigkeit zu unterscheiden.

Gegen die im Streitfall gefundene Auslegung spricht nicht, daß Revision und Nichtzulassungsbeschwerde bezüglich ihrer Zulässigkeit notwendig in einem gegenseitigen innerprozessualen Bedingungsverhältnis stehen und Hinweise in der Rechtsmittelschrift auf dieses Bedingungsverhältnis es allein noch nicht rechtfertigen, das Rechtsmittel als unter einer Bedingung eingelegt anzusehen (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Oktober 1975 2 BvR 630/73, BVerfGE 40, 272, BStBl II 1976, 271). Die Klägerin hat mit den dargelegten Formulierungen in ihrer Rechtsmittelschrift nicht lediglich auf das innerprozessuale Bedingungsverhältnis hinweisen und zur Vermeidung prozessualer Nachteile vorsorglich und unbedingt beide Rechtsmittel einlegen wollen. Der Rechtsmittelschrift ist vielmehr deutlich zu entnehmen, daß sie vom Senat zunächst eine Prüfung der Zulässigkeit der Revision und im Falle einer positiven Entscheidung kein weiteres Eingehen auf die Nichtzulassungsbeschwerde erwartete. Die Beschwerde ist demnach - weil nur bedingt eingelegt - unzulässig (ebenso BFHE 136, 70, BStBl II 1982, 603, 604).

 

Fundstellen

BFH/NV 1988, 586

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