Entscheidungsstichwort (Thema)

Alternative Einlegung von Rechtsmitteln unzulässig

 

Leitsatz (NV)

Die namens des Klägers durch einen sachkundigen Prozeßbevollmächtigten eingelegte Beschwerde über die Nichtzulassung der Revision bzw. Revision ist unzulässig, wenn aus der Rechtsmittelschrift nicht eindeutig hervorgeht, ob Nichtzulassungsbeschwerde oder Revision oder beide Rechtsmittel nebeneinander eingelegt sein sollen (Anschluß u.a. an BFH-Beschluß vom 31. Januar 1989 VII R 94/88, BFH/NV 1989, 648).

 

Normenkette

FGO § 73 Abs. 1, §§ 115-116, 120-121; GG Art. 103 Abs. 1; BFHEntlG Art. 1 Nr. 5

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat die Klagen des Klägers und Rechtsmittelführers (Kläger) wegen Einkommensteuer 1979 bis 1980 sowie wegen Einkommensteuer 1981 durch Urteile vom 16. März 1993 zum Teil abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Die Urteile wurden dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 27. April 1993 zugestellt.

Hiergegen legte der Kläger durch seinen Prozeßbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 24. Mai 1993, beim FG eingegangen am 27. Mai 1993, Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bzw. Revision ein. Das FG hat den Beschwerden nicht abgeholfen.

Der Kläger macht geltend, es bedürfe keiner Zulassung der Revision, da wesentliche Mängel des Verfahrens gerügt würden. Denn dem Kläger sei vom FG in wesentlichen Punkten das rechtliche Gehör versagt worden. Das FG habe in seinen Urteilen Tatsachen verwendet, die nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen seien. Ferner habe das FG bei der rechtlichen Würdigung im Tatbestand der Urteile aufgeführte Tatsachen außer acht gelassen.

 

Entscheidungsgründe

Die vom Senat gemäß §§ 73 Abs. 1, 121 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Rechtsmittel sind unzulässig. Denn die Rechtsmittelschrift läßt nicht eindeutig erkennen, ob der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde oder Revision oder beide Rechtsmittel nebeneinander eingelegt hat.

Wie der Bundesfinanzhof (BFH) bereits im Beschluß vom 31. Januar 1989 VII R 94/88 (BFH/NV 1989, 648) zu einem ähnlich gelagerten Fall ausgesprochen und näher ausgeführt hat, ist es unzulässig, diese Rechtsmittel alternativ einzulegen und es damit dem Revisionsgericht zu überlassen, sich das passende (statthafte) Rechtsmittel herauszusuchen. Denn damit wird keines der Rechtsmittel vorbehaltlos eingelegt, sondern im Grunde offen gelassen, welches bedingungsfrei eingelegt sein soll. Die Einlegung eines Rechtsmittels unter einer Bedingung oder unter Vorbehalt ist aber unzulässig (vgl. Senatsbeschluß vom 28. Dezember 1989 VIII B 97/87, BFH/NV 1990, 714, ständige Rechtsprechung).

Im vorliegenden Fall läßt die namens des Klägers durch einen sachkundigen Prozeßbevollmächtigten eingelegte Beschwerde über die Nichtzulassung der Revision bzw. Revision schon wegen des Fehlens bestimmter Anträge die erforderliche Klarheit vermissen, was mit den Rechtsmitteln begehrt wird. Die möglicherweise gewollte gemäß § 116 Abs. 1 FGO zulassungsfreie Revision ist mit dem Schriftsatz vom 24. Mai 1993 weder eindeutig eingelegt noch hinreichend begründet worden. Denn der Kläger hat innerhalb der Revisionsbegründungsfrist keinen Verfahrensmangel schlüssig gerügt, der die zulassungsfreie Revision (§ 116 Abs. 1 FGO) eröffnen könnte.

Die geltend gemachte Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -) gehört nach ständiger Rechtsprechung nicht zu den in § 116 FGO aufgeführten Verfahrensmängeln (vgl. BFH-Beschlüsse vom 8. September 1988 III R 68/88, BFH/NV 1989, 377, und vom 17. Januar 1990 IX R 6/89, BFH/NV 1990, 664).

Sollte außerdem gerügt sein, daß die FG-Entscheidungen teilweise nicht mit Gründen versehen seien (§ 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO), so fehlte es an der Darlegung von Tatsachen, die - ihre Richtigkeit unterstellt - den behaupteten Verfahrensmangel ergeben würden (vgl. BFH-Beschluß vom 13. Dezember 1988 IX R 90/88, BFH/NV 1989, 527). Die angekündigte weitere Begründung des Rechtsmittels ist nicht eingegangen.

Im übrigen findet nach Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) i.d.F. des Gesetzes zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher und finanzgerichtlicher Verfahren vom 4. Juli 1985 (BGBl I, 1274, BStBl I, 496) abweichend von § 115 Abs. 1 FGO die Revision nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision der BFH sie zugelassen hat. Enthält das FG-Urteil, wie hier, keinen Ausspruch über die Zulassung der Revision, so ist sie nicht zugelassen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. Juli 1974 IV R 127/76, BFHE 123, 117, 119, BStBl II 1977, 819, 820, Ziff.3 der Gründe, und vom 23. August 1988 IV R 52/88, BFH/NV 1989, 188).

Auch Nichtzulassungsbeschwerden sind aber nicht klar und eindeutig eingelegt worden. Aus dem Schriftsatz des Klägers vom 24. Mai 1993 läßt sich schon nicht entnehmen, ob die Nichtzulasung der Revision angefochten werden sollte; vielmehr spricht nach dessen Wortlaut mehr dafür, daß vom Fall einer zulassungsfreien Revision ausgegangen wurde. Nur hilfsweise eingelegte Nichtzulassungsbeschwerden wären jedenfalls nach ständiger Rechtsprechung unzulässig (BFH-Beschlüsse vom 22. Juni 1982 VII B 115/81, BFHE 136, 70, BStBl II 1982, 603, und vom 6. Juni 1989 VII B 16/89, BFH/NV 1990, 117). Außerdem sind Zulassungsgründe nicht, wie gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlich, dargelegt; für die Bezeichnung eines Verfahrensmangels i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt nicht die bloße Behauptung der Verletzung rechtlichen Gehörs (BFH-Urteil vom 3. Februar 1982 VII R 101/79, BFHE 135, 167, BStBl II 1982, 355, und Beschluß vom 21. Juni 1989 II B 15/89, BFH/NV 1990, 174).

 

Fundstellen

Haufe-Index 419439

BFH/NV 1994, 53

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