LfSt Bayern v. 19.1.2012, S 0130.2.1 - 76/1 St 42

 

1. Auskunft über die für die Festsetzung der Realsteuern erheblichen Vorgänge

Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 des Finanzverwaltungsgesetzes (FVG) haben die Gemeinden das Recht, sich über die für die Festsetzung der Realsteuern erheblichen Vorgänge bei den zuständigen Finanzbehörden zu unterrichten. Zu diesem Zweck steht ihnen das Recht auf Akteneinsicht und auf mündliche und schriftliche Auskunft zu.

Auch im Verfahren über die Zerlegung und die Zuteilung von Steuerermessbeträgen können die Gemeinden als Steuerberechtigte, denen ein Anteil an dem Steuermessbetrag zugeteilt worden ist oder die einen Anteil beanspruchen (§ 186 Satz 1 Nr. 2 AO), vom zuständigen FA Auskunft über die Zerlegungs- bzw. Zuteilungsgrundlagen verlangen und Einsicht in die Zerlegungs- bzw. Zuteilungsunterlagen nehmen (§§ 187, 190 Satz 2 AO).

Darüber hinaus sind die Gemeinden auch berechtigt, durch Gemeindebedienstete an Außenprüfungen bei Steuerpflichtigen teilzunehmen, wenn diese in der Gemeinde eine Betriebsstätte unterhalten oder Grundbesitz haben und die Außenprüfungen im Gemeindebezirk stattfinden (§ 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FVG).

Das Steuergeheimnis steht den den Gemeinden zustehenden Informations- und Teilnahmerechten nicht entgegen.

 

2. Auskunft in Haftungs-, Stundungs- und Erlasssachen sowie zum Zwecke der Vollstreckung

In Haftungs-, Stundungs- und Erlassfällen sowie im Vollstreckungsverfahren wegen Realsteuern wenden sich Gemeindebehörden häufig mit Ersuchen um Auskunft über entscheidungserhebliche Tatsachen oder über Vollstreckungsmöglichkeiten an die Finanzämter.

Soweit die Verwaltung der Realsteuern den Gemeinden übertragen worden ist, gelten u.a. die Vorschriften über das Steuergeheimnis, die Haftung und das Erhebungsverfahren entsprechend (§ 1 Abs. 2 Nrn. 1, 2, 5 i.V.m. § 3 Abs. 2 AO).

Für die Vollstreckung der Realsteuern gelten nicht die Vorschriften des Sechsten Teils der AO, sondern das Bayerische Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) vom 11.11.1970.

§ 30 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. § 30 Abs. 2 Nr. 1a AO lässt die Offenbarung in einem „Verwaltungsverfahren in Steuersachen” allgemein zu. Die Zulässigkeit ist nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift nicht auf die Mitteilung von Tatsachen zwischen Finanzbehörden beschränkt. Zu den Behörden, zwischen denen Mitteilungen über Verhältnisse eines anderen zu steuerlichen Zwecken zugelassen sind, gehören auch die Gemeindebehörden, soweit sie in Realsteuerverfahren tätig werden. Verwaltungsverfahren in Steuersachen im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 1a AO sind nicht nur die in der AO aufgeführten Verwaltungsverfahren, vielmehr umfasst der Begriff „Verwaltungsverfahren in Steuersachen” alle Verfahren, die die Verwaltung von Steuern im Sinne des § 3 Abs. 1, 2 und 3 AO betreffen. Zu diesen Verfahren gehört somit auch das Vollstreckungsverfahren nach dem VwZVG.

Auskunftsersuchen der Gemeinden in den vorbezeichneten Fällen kann entsprochen werden, wenn den Ersuchen eindeutig zu entnehmen ist, dass die Auskünfte zu steuerlichen Zwecken benötigt werden. Allerdings sind die Auskünfte auf den Umfang zu beschränken, der für eine sachgerechte Bearbeitung der Realsteuerangelegenheit erforderlich ist.

Auskünfte sind auch insoweit zulässig, als die entscheidungserheblichen Tatsachen aus anderen als den Realsteuerakten hervorgehen.

Die Befugnis zur Erteilung von Auskünften gem. § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO schließt – im Gegensatz zu den unter Tz. 1 genannten Fällen – die Befugnis zur Gewährung von Akteneinsicht nicht ein.

 

3. Beteiligung der Gemeinden in Rechtsbehelfsverfahren wegen der Festsetzung von Steuermessbeträgen

Gemeinden sind nicht befugt, Steuermessbescheide anzufechten (vgl. § 40 Abs. 3 FGO); eine Rechtsbehelfsbefugnis der Gemeinden besteht nur im Zerlegungsverfahren (§ 186 Nr. 2 AO). Zu einem Rechtsbehelfsverfahren gegen einen Steuermessbescheid dürfen die Gemeinden nicht hinzugezogen bzw. beigeladen werden (§ 360 Abs. 2 AO, § 60 Abs. 2 FGO). Die Finanzämter sollen aber die steuerberechtigten Gemeinden über anhängige Einspruchsverfahren gegen Realsteuermessbescheide von größerer Bedeutung unterrichten (vgl. AEAO zu § 184 AO).

 

Normenkette

AO 1977 § 30 Abs. 4 Nr. 1

AO 1977 § 187;

FVG § 21

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge