OFD Magdeburg, 26.06.2001, S 0130 - 18 - St 311

 

1. Auskunft über die für die Festsetzung der Realsteuern erheblichen Vorgänge

Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Finanzverwaltungsgesetz (FVG) vom 30. 8. 1971 (BGBl. I S. 1426, BStBl I S. 390) haben die Gemeinden das Recht, sich über die für die Festsetzung der Realsteuern (Grundsteuer und Gewerbesteuer, § 3 Abs. 2 AO) erheblichen Vorgänge bei den zuständigen Finanzbehörden zu unterrichten. Zu diesem Zweck steht ihnen das Recht auf Akteneinsicht und auf mündliche und schriftliche Auskunft zu.

Auch im Verfahren über die Zerlegung und die Zuteilung von Steuermessbeträgen können die Gemeinden als Steuerberechtigte, denen ein Anteil an dem Steuermessbetrag zugeteilt worden ist oder die einen Anteil beanspruchen (§ 186 Satz 1 Nr. 2 AO), von der zuständigen Finanzbehörde Auskunft über die Zerlegungs- bzw. Zuteilungsgrundlagen verlangen und durch ihre Amtsträger (§ 7 AO) Einsicht in die Zerlegungs- bzw. Zuteilungsunterlagen nehmen (§§ 187, 190 Satz 2 AO).

Darüber hinaus sind die Gemeinden auch berechtigt, durch Gemeindebedienstete an Außenprüfungen bei Steuerpflichtigen teilzunehmen, wenn diese in der Gemeinde eine Betriebsstätte unterhalten oder Grundbesitz haben und die Außenprüfungen im Gemeindebezirk stattfinden (§ 21 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 FVG; s. auch Betriebsprüfungskartei OFD Magdeburg Teil I Nr. 2.7 Karte 8).

Das Steuergeheimnis steht den den Gemeinden zustehenden Informations- und Teilnahmerechten nicht entgegen.

 

2. Auskunft in Haftungs-, Stundungs- und Erlasssachen sowie zum Zwecke der Vollstreckung

In Haftungs-, Stundungs- und Erlassfällen sowie im Vollstreckungsverfahren wegen Realsteuern wenden sich Gemeindebehörden häufig mit Ersuchen um Auskunft über entscheidungserhebliche Tatsachen oder über Vollstreckungsmöglichkeiten an die Finanzämter.

Soweit die Verwaltung der Realsteuern den Gemeinden übertragen worden ist, gelten u. a. die Vorschriften über das Steuergeheimnis, die Haftung und das Erhebungsverfahren entsprechend (§ 1 Abs. 2 Nrn. 1, 2, 5 i. V. m. § 3 Abs. 2 AO).

Für die Vollstreckung der Realsteuern gelten nicht die Vorschriften (des Sechsten Teils) der AO (§§ 249346), sondern das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (VwVG LSA) vom 23. 6. 1994 (GVBl. LSA 1994, 710).

§ 30 Abs. 4 Nr. 1 i. V. m. § 30 Abs. 2 Nr. 1a AO lässt die Offenbarung in einem "Verwaltungsverfahren in Steuersachen" allgemein zu. Die Zulässigkeit ist nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift nicht auf die Mitteilung von Tatsachen zwischen Finanzbehörden (§ 6 AO) beschränkt. Zu den Behörden, zwischen denen Mitteilungen über Verhältnisse eines anderen zu steuerlichen Zwecken zugelassen sind, gehören auch die Gemeindebehörden, soweit sie in Realsteuerverfahren tätig werden. Verwaltungsverfahren in Steuersachen i. S. des § 30 Abs. 2 Nr. 1a AO sind nicht nur die in der AO aufgeführten Verwaltungsverfahren, vielmehr umfasst der Begriff "Verwaltungsverfahren in Steuersachen" alle Verfahren, die die Verwaltung von Steuern i. S. des § 3 Abs. 1, 2 und 3 AO betreffen. Zu diesen Verfahren gehört somit auch das Vollstreckungsverfahren nach dem VwVG LSA.

Auskunftsersuchen der Gemeinden in den vorbezeichneten Fällen kann entsprochen werden, wenn den Ersuchen eindeutig zu entnehmen ist, dass die Auskünfte zu steuerlichen Zwecken benötigt werden. In Haftungs-, Stundungs- und Erlassfällen lässt sich so auch vermeiden, dass in parallel gelagerten Fällen abweichende Entscheidungen bei Finanzämtern und Gemeindebehörden getroffen werden.

Im Übrigen dürfen die Gemeinden die von den Finanzbehörden für Zwecke der Vollstreckung der Realsteuern mitgeteilten Daten, ohne das Steuergeheimnis zu verletzen, entsprechend § 249 Abs. 2 Satz 2 AO für die Vollstreckung anderer Geldleistungen als Steuern und steuerlicher Nebenleistungen, also z. B. für die Vollstreckung rückständiger Ge‐bühren, verwenden. Die fehlende Bezugnahme auf § 249 Abs. 2 Satz 2 AO in § 1 Abs. 2 AO stellt eine unbeabsichtigte Regelungslücke dar.

Auskünfte sind auch insoweit zulässig, als die entscheidungserheblichen Tatsachen aus anderen als den Realsteuerakten hervorgehen.

Die Befugnis zur Erteilung von Auskünften gem. § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO schließt – im Gegensatz zu den unter Tz. 1 genannten Fällen – die Befugnis zur Gewährung von Akteneinsicht nicht ein.

 

3. Beteiligung der Gemeinden in Rechtsbehelfsverfahren wegen der Festsetzung von Steuermessbeträgen

Gemeinden sind nicht befugt, Steuermessbescheide anzufechten (vgl. § 40 Abs. 3 FGO); eine Rechtsbehelfsbefugnis der Gemeinden besteht nur im Zerlegungsverfahren (§ 186 Nr. 2 AO). Zu einem Rechtsbehelfsverfahren gegen einen Steuermessbescheid dürfen die Gemeinden nicht hinzugezogen bzw. beigeladen werden (§ 360 Abs. 2 AO, § 60 Abs. 2 FGO). Die Finanzämter sollen aber die steuerberechtigten Gemeinden über anhängige Einspruchsverfahren gegen Realsteuermessbescheide von größerer Bedeutung unterrichten.

 

Normenkette

AO § 7

AO § 186 Satz 1 Nr. 2

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