Leitsatz

Die nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) zulässige Anweisung des Arbeitgebers, Zeiten der Arbeitsunfähigkeit unabhängig von deren Dauer generell durch eine Bescheinigung nachzuweisen, betrifft eine Frage der betrieblichen Ordnung i. S. von § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG und ist daher mitbestimmungspflichtig.

Die Arbeitgeberin machte in einem betrieblichen Aushang bekannt, dass Mitarbeiter verpflichtet sind, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen und vor Ablauf des dritten Kalendertages nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer nachzureichen, auch wenn die Arbeitsunfähigkeit selbst nur einen Tag besteht. Der Betriebsrat machte für diese Regelung ein Mitbestimmungsrecht geltend, das ihm das BAG auch zusprach.

Dauert eine Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Kalendertage, hat der Arbeitnehmer gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG ist der Arbeitgeber berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen. Die Regelung eröffnet dem Arbeitgeber nicht nur das Recht der zeitlich früheren Anforderung, sondern – insoweit im Wortlaut nicht deutlich zum Audruck kommend – daneben das Recht, den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung auch für Krankheitszeiten zu verlangen, die nicht länger als 3 Tage andauern, z. B. auch für eine nur eintägige Arbeitsunfähigkeit. Zwar eröffnet § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG damit dem Arbeitgeber einen Regelungsspielraum. Dieser ist aber gerade Voraussetzung für das Bestehen von Mitbestimmungsrechten, seine Ausfüllung verlangt eine Beteiligung des Betriebsrats. Die Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG wird hingegen ausgeschlossen, wenn eine inhaltliche und abschließende tarifliche Regelung über den Mitbestimmungsgegenstand (Nachweis der Arbeitsunfähigkeit) besteht.

 

Link zur Entscheidung

BAG, Beschluss vom 25.01.2000, 1 ABR 3/99

Anmerkung

Praxishinweis: Will der Arbeitgeber die Arbeitnehmer generell verpflichten, eine Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des dritten Kalendertages nach deren Beginn anzuzeigen oder nachzuweisen, hat er zuvor den Betriebsrat einzuschalten. Will er aus bestimmtem Anlass einzelne Arbeitnehmer hierzu verpflichten, ist diese Maßnahme als Einzelmaßnahme nicht mitbestimmungspflichtig.

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