Krankmeldung aus dem Ausland: Was ist zu beachten?

Erkrankt ein Arbeitnehmer im Ausland arbeitsunfähig, so hat er bei der Kommunikation seiner Arbeitsunfähigkeit sowohl gegenüber seinem Arbeitgeber als auch – jedenfalls als Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse – gegenüber seiner Krankenkasse besondere Vorgaben zu beachten.

Arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer sind nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) grundsätzlich verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und ihre voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen.

  • Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer grundsätzlich spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen.
  • Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger, als in der Bescheinigung angegeben, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine neue ärztliche Bescheinigung vorzulegen (§ 5 Abs. 1 Satz 4 EFZG).

Für Arbeitnehmer, die Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse sind, gelten mit Wirkung ab dem 1.1.2022 im Zusammenhang mit der Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung allerdings nach § 5 Abs. 1a EFZG gewisse Vereinfachungen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der betreffende Arbeitnehmer nicht geringfügig beschäftigt ist und sein behandelnder Arzt an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt.

Besonderheiten bei im Ausland arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmern

Hält sich der Arbeitnehmer bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit im Ausland auf, sind nach § 5 Abs. 2 EFZG darüber hinaus spezielle Sonderregelungen zur Anzeige und Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit zu beachten.

Mitteilung in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung

So ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber die

  • Arbeitsunfähigkeit,
  • deren voraussichtliche Dauer und
  • die Adresse am Aufenthaltsort

in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung mitzuteilen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 EFZG). Die durch die Mitteilung entstehenden Kosten hat der Arbeitgeber zu tragen (§ 5 Abs. 2 Satz 2 EFZG). Die schnellste Übermittlungsart dürfte im Regelfall die telefonische Mitteilung oder die Mitteilung per Email, SMS oder Telefax sein.

Mitteilungspflicht auch gegenüber gesetzlicher Krankenkasse

Ist der Arbeitnehmer Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse, so ist er – anders als bei einer Erkrankung im Inland, bei welcher die Mitteilung über den behandelnden Arzt erfolgt – zudem verpflichtet, auch der Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen (§ 5 Abs. 2 Satz 3 EFZG).

Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als angezeigt, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, auch der gesetzlichen Krankenkasse die voraussichtliche Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen (§ 5 Abs. 2 Satz 4 EFZG).

Für Privatversicherte gelten die mit ihrer jeweiligen Krankenversicherung vertraglich vereinbarten Regelungen.

Keine Besonderheiten bei Nachweispflicht

Hinsichtlich der Nachweispflichten im Fall einer Erkrankung im Ausland sieht das Gesetz keine Besonderheiten vor. Es gelten daher grundsätzlich die für die Erkrankung im Inland anwendbaren Vorschriften, mithin insbesondere die Frist des § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG. Der Arbeitnehmer hat demnach, trotz seines Auslandsaufenthaltes, bei einer länger als drei Kalendertage andauernden Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer grundsätzlich spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen.

Vereinfachtes Verfahren zur Nachweispflicht im Ausland

Nach § 5 Abs. 2 Satz 5 EFZG können die gesetzlichen Krankenkassen allerdings festlegen, dass der Arbeitnehmer seine Anzeige- und Mitteilungspflichten gegenüber der Krankenkasse auch gegenüber einem ausländischen Sozialversicherungsträger erfüllen kann. In der Praxis kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer in einem Land erkrankt, mit dem es eine Vereinbarung bzw. Abkommen über ein vereinfachtes Verfahren gibt.

Frau krank im bett

Erkrankung innerhalb der EU

Bei Erkrankungen innerhalb der EU steht dem Arbeitnehmer ein solches vereinfachtes Verfahren zur Erfüllung seiner Nachweispflichten zur Verfügung. Der gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer kann sich an den für seinen Aufenthaltsort zuständigen ausländischen Sozialversicherungsträger wenden und dort die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes vorlegen, statt sie dem Arbeitgeber zu übersenden. Der Arbeitgeber wird dann von der deutschen Krankenkasse informiert, die diese Information wiederum von der ausländischen Krankenversicherung erhalten hat.

Das vereinfachte Verfahren steht naturgemäß nur den Mitgliedern einer gesetzlichen Krankenkasse zur Verfügung.

Erkrankung außerhalb EU

Über die EU hinaus wird das vereinfachte Verfahren auch mit Ländern durchgeführt, mit denen ein entsprechendes Sozialversicherungsabkommen geschlossen wurde. Erkrankt der Arbeitnehmer in einem anderen Land, mit dem kein entsprechendes Sozialversicherungsabkommen besteht, verbleibt es bei den allgemeinen Vorgaben zur Anzeige- und Nachweispflicht.

Anzeigepflichten nach Rückkehr aus dem Ausland

Kehrt ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer in das Inland zurück, so ist er verpflichtet, dem Arbeitgeber und der Krankenkasse seine Rückkehr unverzüglich anzuzeigen (§ 5 Abs. 2 Satz 7 EFZG). Die Mitteilungspflicht besteht grundsätzlich unabhängig davon, ob die Arbeitsunfähigkeit noch weiter andauert oder nicht.

Leistungsverweigerungsrecht bei Pflichtverstößen

Solange der Arbeitnehmer den ihm obliegenden Verpflichtungen nach § 5 Abs. 2 EFZG nicht nachkommt, ist der Arbeitgeber berechtigt, die Fortzahlung des Entgelts zu verweigern (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer die Verletzung der ihm obliegenden Verpflichtungen zu vertreten hat (§ 7 Abs. 2 EFZG). 

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Hintergrund: Erkrankung im Ausland und Nachweis

Einer von einem ausländischen Arzt im Ausland ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (§ 5 Abs. 2 EFZG) kommt im Allgemeinen der gleiche Beweiswert zu wie einer von einem deutschen Arzt ausgestellten Bescheinigung. Die Bescheinigung muss jedoch erkennen lassen, dass der ausländische Arzt zwischen einer bloßen Erkrankung und einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit unterscheidet und damit eine den Begriffen des Arbeits- und Sozialversicherungsrechtes entsprechende Beurteilung vorgenommen hat (BAG Urteil v. 19.2.1997).

Der EuGH entschied mit Urteil v. 3.6.1992, aufgrund bestimmter Vorschriften der Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und 574/72 sei der deutsche Arbeitgeber an Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gebunden, die während des ­Auslandsaufenthaltes seiner Arbeitnehmer in einem anderen EU-Staat ausgestellt werden (Az: C-45/90).

Kommt der Arbeitnehmer bei einer Erkrankung im Ausland den Anzeige- und Nachweisverpflichtungen nach § 5 Abs. 2 EFZG nicht nach, folgt allein hieraus kein endgültiges Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers, sondern nur das Zurückbehaltungsrecht aus § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG. Dieses endet, wenn es dem Arbeitnehmer gelingt, anderweitig zu beweisen, dass er arbeitsunfähig krank gewesen ist. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, für den Zeitraum ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit das Entgelt fortzuzahlen (vgl. LAG Hamm v. 15.2.2006, 18 Sa 1398/05; BAG, Urteil  v. 1.10.1997, 5 AZR 726/96).

Aus: Deutsches Anwalt Office Premium