SG Hannover

Skiunfall ist kein Arbeitsunfall


SG Hannover: Skiunfall ist kein Arbeitsunfall

Bei einer Skitour handelt es sich auch dann nicht um eine Dienstreise, wenn ein Austausch mit Geschäftspartnern zwar stattfinden soll, das gemeinsame Skifahren als Freizeitbetätigung aber im Mittelpunkt steht. Das Gericht folgte damit der Ansicht der beklagten Unfallversicherung. 

Der Geschäftsführer eines Unternehmens, der beim SG Hannover beantragt hatte, festzustellen, dass es sich bei einem Skiunfall auf einer Skitour um einen Arbeitsunfall nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII handelte, ist mit seiner Klage gescheitert. Das Gericht zog bereits in Zweifel, ob es sich bei der Reise um eine Dienstreise handelte, da die maßgebliche objektive Handlungstendenz von privaten Interessen bestimmt gewesen sei. Jedenfalls fehle es bei der Tätigkeit des Skifahrens an einem hinreichenden inneren Zusammenhang zu der nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Tätigkeit als Beschäftigter.   

Geschäftsführer verletzt sich bei Skitour – Unfallversicherung verweigert Zahlung 

Der Geschäftsführer eines Handwerksbetriebs wird im Februar 2023 für drei Tage von einem Großhändler zu einer Skitour in Österreich eingeladen, um dort „ein paar erholsame Tage“ zu verbringen. Das Programm sieht für die Vormittage jeweils die Teilnahme an einem Fachvortrag vor. Die Nachmittage sollen ausweislich des Programms „Zeit zur freien Verfügung“ bieten. Da sämtliche geplante Vortragsveranstaltungen entfielen, organisierten sich die Teilnehmer in verschiedenen Gruppen, um Freizeitaktivitäten nachzugehen. Bei einer gemeinsamen Skiabfahrt stürzte der Kläger und musste operativ versorgt werden. 

Die Arbeitgeberin des Klägers zeigte der Beklagten daraufhin den Unfall an. Im Juni 2023 erließ die Versicherung einen Bescheid, in dem sie die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ablehnte. Auch einen dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte zurück. Ein betrieblicher Zusammenhang mit der Tätigkeit des Verunfallten als Geschäftsführer sei nicht zu erkennen. Das Skifahren habe der Ausübung privater Interessen gedient. Versicherungsschutz bestehe daher nicht. Die 22. Kammer des SG Hannover hat die Auffassung der Beklagten in seinem Gerichtsbescheid vom 14.11.2025 nun bestätigt. 

Skifahren keine versicherte Tätigkeit nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII  

Das Sozialgericht hatte bereits erhebliche Zweifel, ob der Kläger die Reise überhaupt als Dienstreise angetreten hatte, da der sportliche Charakter der Reise von Beginn an im Vordergrund gestanden habe. Das Gericht sah jedoch insbesondere die Frage, ob die Verrichtung des Klägers zur Zeit des Unfallereignisses, also des Skifahrens, in einem inneren sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als Geschäftsführer stand, als entscheidungserheblich an. Die Frage wurde von der Kammer verneint. Der Kläger sei während des Skifahrens nicht seiner Beschäftigung als Geschäftsführer nachgegangen und sei deshalb auch nicht Versicherter gewesen. Eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit liege nur vor, wenn die Ergebnisse der Verrichtung dem Unternehmen und nicht dem Verletzten selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen. Die Verrichtung müsse zumindest darauf gerichtet sein, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen. Hieran fehle es aber. Es habe sich deshalb nicht wie vom Kläger behauptet um einen Arbeitsunfall gehandelt.   

Stärkung der persönlichen Bindung zu Geschäftspartnern kein ausreichendes Argument 

Der Kläger hatte argumentiert, die Reise habe auch dazu gedient, Verbindungen zu anderen Betrieben aufzubauen und überbetriebliche Netzwerke aufzubauen. Dazu sei gerade das gemeinsame Abfahren erforderlich gewesen, um eine bessere Bindung herstellen zu können. Diese Argumentation überzeugte das Gericht allerdings nicht. Das Ziel sei auch ohne das Skifahren erreichbar gewesen. Jedenfalls führe dies zu keinem anderen Ergebnis, da die Erwägung nicht die Annahme eines objektiv überwiegenden Interesses des Betriebs trage. Laut der Kammer kann ebenfalls dahinstehen, ob die Pausen zwischen den Abfahrten auch zu geschäftlichen Gesprächen genutzt wurden, da sich der Kläger beim Skifahren und nicht bei diesen Gesprächen verletzte. Ob diese Gespräche unter den Versicherungsschutz der Unfallversicherung fallen würden, ließ das Gericht mit Verweis auf die fehlende Entscheidungserheblichkeit offen. 

Dass geplante Fachvorträge ausfielen, ist für Entscheidung nicht von Bedeutung 

Auch der Tatsache, dass die geplanten Fachvorträge letztlich nicht stattfanden, misst das Gericht keine Bedeutung bei. Zwar verstärke dies den Eindruck des freizeitlichen Charakters der Reise noch, allein ausschlaggebend sei jedoch, dass das Skifahren zum Unfallzeitpunkt in keinem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehe. 

Nach Auffassung der Kammer kam es somit nicht auf die Frage an, ob Verrichtungen des Klägers, die der Betätigung zum Unfallzeitpunkt zeitlich vor- bzw. nachgelagert waren, in einem sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit des Klägers standen.   

Skitour auch keine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung 

Nach Auffassung des Gerichts könne das Skifahren auch nicht ausnahmsweise als Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung der versicherten Tätigkeit zugerechnet werden. Zwar sei die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung als Bestandteil der aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses geschuldeten versicherten Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII zu betrachten, dies gelte aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. So müsse die Teilnahme grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens oder der betroffenen Abteilung offenstehen. Das war hier jedoch nicht der Fall. Die Teilnahme stand lediglich dem klagenden Geschäftsführer offen. Die Teilnahme an der Skitour wurde sonst niemandem aus der Belegschaft des Unternehmens angeboten. 


(SG Hannover, Gerichtsbescheid v. 14.11.2025, S 22 U 203/23) 


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