Das Wichtigste in Kürze:

1. Für den Revisionsverteidiger, der also im Strafverfahren den vollen Verteidigungsauftrag erhalten, gehört die Anhörungsrüge nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 RVG zum Rechtszug.
2. Ist der Rechtsanwalt mit der Anhörungsrüge nur als Einzeltätigkeit i.S.v. Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG bzw. von Teil 5 Abschnitt 2 VV RVG befasst, werden seine Tätigkeiten als Einzeltätigkeiten mit einer Verfahrensgebühr nach Nr. 4302 Ziff. 2 VV RVG bzw. Nr. 5200 VV RVG abgerechnet.
3. Wird die Anhörungsrüge zurückgewiesen, muss im Zurückweisungsbeschluss über die Kosten entschieden werden.
 

Rdn 50

 

Literaturhinweise:

Burhoff, Die Abrechnung (förmlicher/formloser) Rechtsbehelfe im Straf- und Bußgeldverfahren, StRR 2012, 172

ders., Die Abrechnung förmlicher und formloser Rechtsbehelfe im Straf- und Bußgeldverfahren, RVGreport 2013, 213

s.a. die Hinw. bei → Allgemeine Gebührenfragen, Allgemeines, Teil D Rdn 2, und bei den u.a. Stichwörtern.

 

Rdn 51

1. Anhörungsrügen sind vorgesehen im strafverfahrensrechtlichen Revisionsverfahren nach § 356a, im JGG-Verfahren nach § 55 Abs. 4 JGG bzw. im bußgeldrechtlichen Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. 356a (vgl. dazu → JGG-Besonderheiten, Anhörungsrüge, Teil A Rdn 657; → Revision, Anhörungsrüge, Teil A Rdn 2022; → Anhörungsrüge, Allgemeines, Teil B Rdn 1, m.w.N. Für die Abrechnung gilt:

 

Rdn 52

a) Für den Revisionsverteidiger, der also im Strafverfahren den vollen Verteidigungsauftrag erhalten, gehört die Anhörungsrüge nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 RVG zum Rechtszug (vgl. Burhoff/Burhoff, RVG, Teil A: Rechtszug [§ 19], Rn 1763 ff.). Der Verteidiger erhält für die anfallenden Tätigkeiten also keine gesonderte Vergütung (AnwKomm-RVG/N. Schneider/Wolf u.a., § 19 Rn 65). Die im Rahmen einer Anhörungsrüge erbrachten Tätigkeiten werden durch die Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV RVG mitabgegolten (→ Verfahrensgebühr, Abgeltungsbereich, Teil D Rdn 431).

 

Rdn 53

Der Wahlanwalt muss also die für den Mandanten erbrachten Tätigkeiten im Rahmen des § 14 Abs. 1 RVG gebührenerhöhend geltend machen (vgl. Burhoff/Burhoff, RVG, Teil A: Rechtszug [§ 19], Rn 1763). Beim Pflichtverteidiger sind sie ggf. im Rahmen einer Pauschgebühr nach § 51 RVG anzumelden.

 

Rdn 54

b) Für die Tätigkeit des (Voll) Verteidigers im Rahmen einer Anhörungsrüge im JGG-Verfahren (§ 55 Abs. 4 JGG i.V.m. § 356a) oder im Bußgeldverfahren (§ 79 Abs. 23 OWiG i.V.m. § 356a) gelten die vorstehenden Ausführungen bei Rdn 52 f. entsprechend.

 

Rdn 55

2.a) Ist der Rechtsanwalt mit der Anhörungsrüge nur als Einzeltätigkeit i.S.v. Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG bzw. von Teil 5 Abschnitt 2 VV RVG befasst, was in der Praxis selten vorkommen dürfte, werden seine Tätigkeiten als Einzeltätigkeiten mit einer Verfahrensgebühr nach Nr. 4302 Ziff. 2 VV RVG bzw. Nr. 5200 VV RVG abgerechnet (Burhoff/Volpert, RVG, Nr. 4302 VV Rn 10 für die vergleichbaren Fälle der Anhörungsrüge und Nachholung des rechtlichen Gehörs).

 

☆ Eine Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG entsteht nicht zusätzlich (u.a. OLG Düsseldorf AGS 2009, 14; OLG Köln RVGreport 2007, 306; OLG Schleswig StV 2006, 206).Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG entsteht nicht zusätzlich (u.a. OLG Düsseldorf AGS 2009, 14; OLG Köln RVGreport 2007, 306; OLG Schleswig StV 2006, 206).

Erhält der Rechtsanwalt nach einer (erfolgreichen) Anhörungsrüge den vollen Verteidigungsauftrag, wird er also nun für den Mandanten im eigentlichen Verfahren tätig, wird die für die Einzeltätigkeit entstandene Verfahrensgebühr auf die weiteren Gebühren angerechnet (vgl. Vorbem. 4.3 Abs. 4 VV; Nr. 5200 Anm. 4 VV).

Bei mehreren Einzeltätigkeiten ist auf die Beschränkung der Vorbem. 4.3 Abs. 3 S. 2 VV RVG i.V.m. § 15 Abs. 6 RVG, zu achten.

 

Rdn 56

b) Die jeweilige Verfahrensgebühr deckt alle Tätigkeiten in Zusammenhang mit der Anhörungsrüge ab. Dies können sein die Entgegennahme der Information des Mandanten, die Fertigung und Einreichung der Anhörungsrüge beim zuständigen Gericht, die Beratung des Mandanten usw.

 

Rdn 57

3. Wird die Anhörungsrüge zurückgewiesen, muss im Zurückweisungsbeschluss über die Kosten entschieden werden (OLG Jena zfs 2008, 233; OLG Köln NStZ 2006, 181; OLG Nürnberg NJW 2007, 1013 [entsprechende Anwendung von § 473 Abs. 7]; wohl auch BGH wistra 2007, 158). Für die Zurückweisung der Anhörungsrüge entsteht nämlich nach Nr. 3920 KV GKG eine Gebühr von 60,00 EUR (vgl. auch BGH, Beschl. v. 5.3.2012 – 1 StR 571/11).

Siehe auch: → Rechtsbeschwerde, Allgemeines, Teil A Rdn 1053; → Revision, Allgemeines, Teil A Rdn 2006, m.w.N.; → JGG-Besonderheiten. Anhörungsrüge, Teil A Rdn 657; → Nachholung des rechtlichen Gehörs (§§ 33a, 311a), Abrechnung, Teil D Rdn 334; → Rechtsbeschwerde, Gebühren, Teil D Rdn 339; → Revision, Gebühren, Teil D Rdn 355; → Revision, Verfahrensgebühr, Teil D Rdn 379; → Verfahrensgebühr, Abgeltungsbereich, Teil D Rdn 431.

[Autor] Burhoff

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