Leitsatz (amtlich)

1. Eine vor dem 1.7.2008 durch Telefax getroffene Vergütungsvereinbarung ist unwirksam.

2. Die Vorschusszahlung des Mandanten stellt regelmäßig keine freiwillige vorbehaltlose Leistung auf das vereinbarte Honorar dar.

3. Hilfsweise begehrte gesetzliche Gebühren kann der Rechtsanwalt nur auf Grund einer formal wirksamen Kostenrechnung, die auch im Rechtsstreit nachgeholt werden kann, durchsetzen.

 

Normenkette

RVG §§ 4, 9-10; RVG-VV Nrn. 4100, 4302; BGB §§ 611, 675, 667, 126b, 387

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 25.01.2008; Aktenzeichen 15 O 441/06)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird, soweit nicht die Klage in Höhe eines Teilbetrags von 116,52 EUR in der Hauptsache erledigt ist, das am 25.1.2008 verkündete Teilanerkenntnis- und Endurteil der 15. Zivilkammer des LG Düsseldorf teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass

a) dem Beklagten entsprechend seinem Anerkenntnis Vergütungsforderungen auf der Grundlage der von ihm erteilten Rechnungen Nr. 0601009 über 1.559,96 und Nr. 060001 über 3.697,29 EUR, insgesamt 4.097,23 EUR gegen den Kläger nicht zustehen.

b) die Zahlungsklage in Höhe eines Teilbetrags von 313,20 EUR nebst Zinsen in der Hauptsache erledigt ist.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 730,28 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.2.2007 zu zahlen.

II. Die Kosten des ersten Rechtszuges werden dem Kläger zu 25 %, dem Beklagten zu 75 % auferlegt. Die Kosten des zweiten Rechtszuges trägt der Beklagte.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Berufung des Klägers hat im Wesentlichen Erfolg. Er schuldet dem beklagten Rechtsanwalt für die von diesem in einem gegen den Kläger gerichteten Strafverfahren entfaltete Tätigkeit nicht, wie das LG (in seinem in AGS 2008, 108 veröffentlichten Urteil) mit dem Beklagten rechtsirrtümlich meint, vertragliches Honorar jedenfalls in Höhe des angeblich nicht rückzahlbaren Vorschusses (1.160 EUR), sondern nur gesetzliches Honorar in Höhe der von ihm zugestandenen 313,20 EUR zzgl. Fotokopiekosten und Reisekosten (jeweils zzgl. 16 % MWSt), insgesamt 429,72 EUR. Daraus folgt, dass der Beklagte von dem empfangenen Vorschuss den überwiegenden Teilbetrag von 730,28 EUR (1.160 EUR - 429,72 EUR) an den Kläger zurückzuzahlen hat. Es handelt sich dabei allerdings nicht, wie das LG im rechtlichen Ansatz irrtümlich meint, um einen bereicherungsrechtlichen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern um einen Herausgabeanspruch aus § 667 BGB, § 10 Abs. 2 RVG. Denn der von dem Beklagten auf der Grundlage des entgeltlichen Rechtsbesorgungsvertrags (§§ 611, 675 BGB, § 3 BRAO) gem. § 9 RVG beanspruchte und an ihn auch gezahlte Vorschuss ist nur i.H.v. 429,72 EUR vertragsgemäß für die gesetzlichen Gebühren verbraucht worden, so dass der Überschuss bedingungsgemäß zurückzuzahlen ist (vgl. BGH NJW-RR 1988, 1264; Palandt/Sprau, BGB, 67. Aufl., § 669 Rz. 3). Im Einzelnen gilt das Folgende:

1. Richtig ist die Rechtsauffassung des LG, der Beklagte habe keinen Anspruch auf das von ihm ursprünglich auf der Grundlage der Vergütungsvereinbarung vom 26.9.2006 in Rechnung gestellte Zeithonorar, welches - unter Berücksichtigung des gezahlten Vorschusses - i.H.v. restlichen 4.097,23 EUR (5.257,23 EUR - 1.160 EUR) Gegenstand seiner Honorarnoten vom 31.12.2006 gewesen ist.

a) Das vom Kläger (nur) per Telefax gegebene Honorarversprechen ist unwirksam, soweit es die gesetzliche Vergütung übersteigt. Eine solche Überschreitung ist im Laufe der Bearbeitung des Mandats durch den Beklagten unstreitig eingetreten. Die Unwirksamkeit eines solchen Honorarversprechens beruht auf § 4 Abs. 1 Satz 1 RVG (in der hier noch maßgeblichen, seit dem 1.7.2004 geltenden Fassung, künftig: RVG a.F.), der vorschreibt, dass es nur verbindlich ist, wenn der Mandant es dem Rechtsanwalt in Schriftform (§ 125 BGB) erteilt. Die Übermittlung per Telefax erfüllt nicht die Schriftform (vgl. OLG Hamm OLGReport Hamm 2006, 336 = MDR 2006, 1139), sondern allenfalls die Textform (§ 126b BGB). Erst durch die seit dem 1.7.2008 in Kraft getretene und deshalb hier nicht anwendbare Gesetzesfassung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 RVG n.F.) ist das Schriftformerfordernis abgeschwächt und durch die Textform ersetzt worden.

b) Ohne Erfolg kommt der Beklagte zurück auf seinen schon im ersten Rechtszug vorgebrachten Einwand, auf die Einhaltung des Schriftformgebots sei aus Gründen von Treu und Glauben im Rechtsverkehr (§ 242 BGB) zu verzichten, weil der Kläger die von ihm unterzeichnete Honorarvereinbarung "vorsätzlich" nur per Telefax übermittelt habe. Damit ist arglistiges Verhalten des Kläger nicht schlüssig dargelegt. Ein solches könnte nur dann festgestellt werden, wenn dem Kläger die Formunwirksamkeit des nur per Telefax gegebenen Honorarversprechens im Zeitpunkt der Übermittlung bekannt gewesen wäre und er den Beklagten mit diesem Wissen arglistig daran gehindert hätte, auf der schriftlichen Übermittlung des Honorarversprechens zu ...

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