Rz. 212

Die Räumungsvollstreckung setzt einen Titel voraus, der auf Herausgabe, Überlassung oder Räumung des Grundstücks oder der Wohnung lautet. Die Wohnung muss nach der Lage (Anschrift, Gebäudeteil, Stockwerk) sowie herauszugebenden Räumlichkeiten (Anzahl der Zimmer, Nebenräume) im Titel genau bezeichnet sein. Es genügt, wenn im Urteilstenor die zu räumende Wohnung nach Nr. und Lage im Objekt bezeichnet ist; die Begriffe "rechts" oder "links" innerhalb eines genannten Stockwerks bestimmen sich aus der Sicht von der Straße aus, dem Haus zugewandt stehend (LG München I, Beschluss v. 24.5.2017, 14 T 6466/17, ZMR 2017, 941). Eine Falschbezeichnung kann bei unstreitiger Lage gem. § 319 ZPO berichtigt werden (AG Heilbronn, Beschluss v. 26.1.1998, 6 C 3514/96, ZMR 1998, 297).

In dem Titel muss die Verpflichtung zur Besitzaufgabe eindeutig zum Ausdruck kommen, so dass ein Vergleich, wonach die Parteien sich lediglich über die Beendigung des Mietverhältnisses einig sind, ebenso wenig ausreicht (AG Berlin-Schöneberg, Beschluss v. 22.2.1991, 30 M 7006/91, NJW-RR 1991, 1488; LG Berlin, Beschluss v. 1.3.1991, 81 T 167/91, DGVZ 1991, 92) wie die vergleichsweise erklärte Absicht, bis zu einem bestimmten Termin ausziehen zu wollen (AG Mainz, DGVZ 2001, 63; Schuschke, NZM 2004, 206 Rn. 1). Auch die bloße Zuweisung einer Ehewohnung zum alleinigen Nutzen eines der Ehegatten reicht zur Räumungsvollstreckung nicht aus (LG Itzehoe v. 11.11.1986, 7 T 43/86, FamRZ 1987, 176).

 

Rz. 213

Die Räumung kann nur gegen diejenige Person durchgesetzt werden, die im Titel (Urteil, Vergleich oder einstweilige Rämungsverfügung) namentlich bezeichnet ist (OLG Hamburg, Beschluss v. 19.8.1992, 6 W 49/92, NJW 1992, 3308 = WuM 1992, 548 = MDR 1993, 274). Der Vermieter kann dagegen aus einem Räumungstitel, den er gegenüber dem Mieter erwirkt hat, nicht gegen Personen vollstrecken, die als (Mit)Besitzer der Wohnung oder von Teilen davon anzusehen sind (BGH, Beschluss v. 25.6.2004, IXa ZB 29/04, GE 2004, 1094; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 27.5.1998, 3 W 192/98, ZMR 1998, 621 = NZM 1998, 880; OLG Jena, WuM 2002, 221; LG Saarbrücken, NZM 2002, 939; LG Stuttgart, Rpfleger 2003, 255; weitere Nachweise bei Zöller/Stöber, § 885 ZPO Rn. 6, 8; a. A. Schuschke, NJW 2004, 206 [207] m. w. N., vgl. näher Rn. 82), ohne dass gegen die (Mit)Besitzer eine Räumungsverfügung gem. 940a Abs. 2 ZPO ergangen ist. Daher ist zur Räumungsvollstreckung gegen den Ehegatten ein gegen diesen gerichteter Räumungstitel erforderlich (KG, Beschluss v. 26.10.1993, 1 W 6068/93, OLGZ 1994, 749 = MDR 1994, 162 = NJW-RR 1994, 713 [714] = GE 1993, 371 = DGVZ 1994, 25 = JurBüro 1994, 305; OLG Oldenburg, Beschluss v. 3.2.1994, 2 W 100/93, NJW-RR 1994, 715 = Rpfleger 1994, 366 = JuS 1994, 891; OLG Köln, Beschluss v. 7.2.1994, 2 W 117/93, WuM 1994, 285; LG Kiel, Beschluss v. 22.7.1991, 10 T 169/91, WuM 1991, 507; LG Hamburg, Beschluss v. 27.6.1991, 316 T 60/91, WuM 1992, 549; LG Mannheim, Beschluss v. 25.3.1992, 4 T 54/92, ZMR 1992, 253; LG Regensburg, Beschluss v. 15.1.1998, 2 T 754/97, WuM 1998, 235; Prütting/Gehrlein, § 885 ZPO Rn. 17). Da es nicht auf die vertragliche Stellung des Mitbenutzers, sondern allein auf dessen Mitgewahrsam ankommt, kann aufgrund eines gegen den Mieter einer Wohnung ergangenen Räumungsurteils auch nicht gegen dessen Lebensgefährtin und deren Kinder die Zwangsräumung durchgeführt werden (BGH, Beschluss v. 19.3.2008, I ZB 56/07, GE 2008, 727 = NZM 2008, 400 = MietRB 2008, 228; Prütting/Gehrlein, § 885 ZPO Rn. 17). Dies gilt auch für einen Dritten, der im Besitz der Mietsache ist, selbst dann, wenn der Verdacht besteht, dem Dritten sei der Besitz nur eingeräumt worden, um die Zwangsräumung zu vereiteln (BGH, Beschluss v. 14.8.2008, I ZB 39/08, GE 2008, 1317 = NZM 2008, 805). Etwas anderes gilt für Besucher des Mieters (Prütting/Gehrlein, § 885 ZPO Rn. 19). Auch für die Zwangsräumung von Angehörigen des Mieters (z. B. Eltern, Bruder oder Schwester), die in der Wohnung leben, ist ein gegen diese gerichteter Räumungstitel notwendig (Prütting/Gehrlein, § 885 ZPO Rn. 17; a. A. Schuschke, NZM 1998, 58 [62]).

 

Rz. 214

Minderjährige Kinder, die mit den Eltern zusammenleben, haben grundsätzlich keinen Mitbesitz an der gemeinsam genutzten Wohnung (AG Wiesbaden, Beschluss v. 27.7.2015, 65 M 5414/15, WuM 2015 ,633). Die Besitzverhältnisse ändern sich nicht, wenn die Kinder nach Erreichen der Volljährigkeit mit ihren Eltern weiter zusammen wohnen (BGH, Beschluss v. 19.3.2008, I ZB 56/07, GE 2008, 727 = NZM 2008, 400; AG München, Urteil v. 25.7.2017, 414 C 24067/16, ZMR 2017, 984; AG Kassel, Urteil v. 18.6.2015 , 40 C 243/15 (20), ZMR 2016, 77; AG Ludwigshafen, Beschluss v. 5.8.2009, 3b M 1211/09, WuM 2010, 45), auch dann nicht, wenn sie erst nach Eintritt der Volljährigkeit wieder in die Mietwohnung der Eltern eingezogen sind (LG Berlin, Beschluss v. 17.10.2011, 51 T 589/11, GE 2011, 1555; AG Ludwigshafen, Beschluss v. 5.8.2009, 3b M 1211/09, a.a.O.). Haben Kinder keinen Mitbesitz a...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge